Neue Klage in der Affäre Rustawi 2

| Nachricht, Politik, Georgien

Die Ehefrau des ehemaligen Geschäftsführers des georgischen Fernsehsenders Rustawi 2, Nino Nisharadze, hat sich auf einen Rechtsstreit gegen die aktuellen Eigentümer und die Geschäftsführerin des Fernsehsenders eingelassen. Nika Gwaramia, die derzeitige Geschäftsführerin von Rustawi 2, behauptet, dass die Klage „eine weitere Angriffsphase” der Regierung gegen den Sender sei, die das Ziel verfolge, den Fernsehsender zu übernehmen und seine Redaktionspolitik zu kontrollieren.

Nino Nisharadze, die selbst 9% der Anteile am Sender besitzt, fordert vom Fernsehsender 28 Mio. GEL (ca. 10,3 Mio. USD) an Schadensersatz. Aus ihrer Sicht sei dieser Schaden durch die anderen zwei Aktionäre und die Geschäftsführung entstanden. „Diese Angriffsphase wird nicht nur für Rustawi 2 endgültig und entscheidend sein, sondern auch für die Meinungsfreiheit in Georgien im Allgemeinen. Der einzige Zweck dieser absurden Klage ist es, die Redaktionspolitik von Rustawi 2 zu ändern, den größten Oppositionssender zu stoppen, ein Interims-Management zu ernennen, das Unternehmen in den Bankrott zu treiben und Bidsina Iwanischwili den Weg für den Kauf des Senders zu ebnen”, sagte Nika Gwaramia bei einer Pressekonferenz am 6. Mai.

Giorgi Kawlaschwili, der Anwalt von Nisharadze, erklärte am 7. Mai die Forderungen seiner Mandantin. Der Fernsehsender habe unter der Leitung von Nika Gwaramia finanzielle Verluste erlitten, unter anderem durch die Entscheidung, die Dauer der kostenlosen Sendezeit für politische Werbung vor den Präsidentschaftswahlen 2018 zu verlängern. Darüber hinaus habe das Unternehmen seit 2016 keine Steuern mehr gezahlt und müsse daher beträchtliche Strafen begleichen.

Kawlaschwili verlangt, dass seine Mandantin eine persönliche Entschädigung in Höhe von 1,6 Mio. GEL bekommt, weil die kontrollierenden Anteilseigner ihr den Verkauf von Anteilen an Dritte verweigert hätten und sich darüber hinaus weigerten  ihre Anteile selbst zu kaufen. Laut dem Anwalt plant Nisharadze die restlichen geforderten 26 Millionen GEL an Rustawi 2 zurückzugeben. Auf die Frage, ob Nisharadze die Ernennung eines Interims-Managements anstrebe, sagte Kawlashvili: „Es ist schwer vorstellbar, wie dies rechtlich verwirklicht werden könnte. Wir haben kein Verlangen danach und wir haben es im Rahmen unserer Klage nicht beantragt”.

Die georgische Justizministerin Thea Zulukiani hat die Behauptungen von Gwaramia bezüglich des angeblichen Interesses der Regierung an der Schließung bzw. der Übernahme des Fernsehsender zurückgewiesen. „Ich möchte alle daran erinnern, dass keine Maßnahmen in Bezug auf den Fernsehsender ergriffen werden bis der EMRG sein Urteil verkündet”, sagte sie.

Der Fernsehsender Rustawi 2, der in Georgien als dem ehemaligen Präsidenten Saakaschwili nahe stehender und regierungskritischer Fernsehsender gilt, hat eine komplizierte Geschichte mit seinen Eigentumsverhältnissen. Der im 1994 gegründete Sender wechselte zwischen 2004 und 2012 mehrmals seine Eigentümer. Die derzeitigen Besitzer, die Brüder Karamanischwili, sind in einen Rechtsstreit mit dem ehemaligen Eigentümer Kibar Kalwaschi (2004 - 2006) verwickelt, der seit Jahren versucht, die Kontrolle über den Fernsehsender zurückzugewinnen. Im März 2017 entschied die Große Kammer des Obersten Gerichtshofs von Georgien zugunsten von Kalwaschi, der die Gesamtanteile des Senders erhalten sollte. Wenige Tage später setzte jedoch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Vollstreckung des Urteils des Obersten Gerichtshofs von Georgien aus. Diese Entscheidung des EGMR wurde von den regionalen Medien als „beispiellos” bezeichnet. Das endgültige Urteil des EGMR steht noch aus.

Nino Nisharadze hat die 9% der Anteile von ihrem im März 2014 verstorbenen Ehemann, Gogi Gegeshidze (ehemaliger Geschäftsführer des Senders), geerbt. Die restlichen 91% der derzeitigen Anteile des Unternehmens werden von den Brüdern Giorgi und Lewan Karamanischwili kontrolliert, welche sowohl Anhänger des ehemaligen georgischen Präsidenten Michail Saakaschwili als auch Mitglieder seiner politischen Partei der Vereinigten Nationalen Bewegung sind.

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