Armenien: Bruder des Ex-Premierministers verhaftet
Die armenischen Strafverfolgungsbehörden teilten am 9. August mit, dass sie wegen einer möglichen Beteiligung des ehemaligen Premierministers Armeniens, Hovik Abramjan, an der gewaltsamen Niederschlagung der Oppositionsproteste in Jerewan nach der Präsidentschaftswahl 2008 ermitteln. Am 8. August verhaftete der armenische Nationale Sicherheitsdienst Abramjans Bruder Henrich.
Bei der Durchsuchung einer ehemaligen Industrieanlage im Dorf Mkhchian seien illegale Waffen gesichert worden, darunter drei Maschinengewehre, sieben Kalaschnikow-Sturmgewehre und sieben andere Feuerwaffen. Der Nationale Sicherheitsdienst erklärte, dass die Industrieanlage tatsächlich dem ehemaligen Premierminister gehöre, rein rechtlich gesehen jedoch im Besitz einer anderen Person sei.
In einer separaten Erklärung gab die Sicherheitsbehörde bekannt, dass sie Henrich Abramjan und den offiziellen Besitzer des Grundstücks, Ambik Gevorgjan, wegen des Verdachts des illegalen Waffenbesitzes festgenommen habe. Nach den Angaben der Sicherheitsbehörden seien diese Waffen möglicherweise gegen die Teilnehmer der Oppositionskundgebung im März 2008 verwendet worden. Der Ex-Premierminister behauptet hingegen, dass er weder der „tatsächliche Besitzer“ der Industrieanlage sei noch irgendetwas mit dem Grundstück und den dort gesicherten Waffen zu tun habe. Ovik Abramjan wurde bereits zu einer polizeilichen Vernehmung vorgeladen.
In den letzten Wochen wurden in Armenien mehrere Vertreter der früheren Machtelite verhaftet, darunter der ehemalige Präsident Robert Kotscharjan, dem nun „Sturz der Verfassungsordnung“ vorgeworfen wird. Die Republikanische Partei Armeniens, die immer noch die stärkste Fraktion im Parlament bildet, spricht von „politischer Verfolgung“ und „selektiver Justiz“ seitens der neuen armenischen Regierung. Auch der russische Außenminister, Sergej Lawrow, bezeichnete die Ereignisse in Armenien als „politische Vendetta“. Laut dem US-Botschafter in Jerewan sei es im Kontext der jüngsten Verhaftungen wichtig, dass die neue Regierung die entsprechenden rechtsstaatlichen Standards gewährleistet.
Anmerkung: Die Wahl 2008 stand im Zeichen der Übergabe des Präsidentenamtes von Kotscharjan an Sargsjan. Nikol Paschinjan spielte damals an der Seite des Gegenkandidaten Levon Ter-Petrosjan eine zentrale Rolle bei den Protesten gegen den betrügerischen Wahlablauf. Am 1. März 2008 ließen Kotscharjan und Sargsjan die Proteste niederschlagen. Zehn Menschen wurden dabei getötet, viele weitere schwer verletzt. An die 100 Regierungsgegner wurden verhaftet, darunter auch Paschinjan (Quelle: Heinrich-Böll-Stiftung).