Armenien und Iran führen historische gemeinsame Militärübungen inmitten sich verändernder regionaler Dynamik durch

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Zum ersten Mal in ihrer bilateralen Geschichte haben Armenien und Iran gemeinsame Militärübungen durchgeführt, die auf die Verbesserung der Grenzsicherheit und die Koordinierung der Terrorismusbekämpfung abzielen. An den zweitägigen Manövern, die vom 9. bis 10. April stattfanden, waren Spezialeinheiten beider Länder beteiligt und fanden auf beiden Seiten der armenisch-iranischen Grenze statt.

Nach Angaben des armenischen Verteidigungsministeriums operierten die Truppen beider Länder innerhalb ihrer jeweiligen Hoheitsgebiete, wobei die armenischen Streitkräfte in Armenien und die iranischen Streitkräfte in der iranischen Provinz Ost-Aserbaidschan manövrierten. Das erklärte Ziel der Übungen ist die Simulation der Neutralisierung terroristischer Angriffe auf Grenzkontrollpunkte, was die wachsende Besorgnis über die regionale Stabilität widerspiegelt.

Iranische Militärvertreter gaben weitere Einblicke. Brigadegeneral Valiollah Ma'dani, stellvertretender Befehlshaber der Bodentruppen der Islamischen Revolutionsgarde (IRGC) des Iran, betonte, dass die Übungen darauf abzielen, einen „nachhaltigen Frieden“ zu fördern und das Engagement beider Länder für die Sicherung ihrer gemeinsamen Grenze zu demonstrieren.

„Diese gemeinsame Übung ist eine proaktive Maßnahme, um die Kampfbereitschaft unserer Streitkräfte sicherzustellen, dem Terrorismus entgegenzuwirken und zu einem nachhaltigen Frieden in der Region beizutragen“, sagte Ma'dani.

Ma'dani hob die geopolitische Sensibilität der Region hervor und unterstrich die strategische Bedeutung der armenisch-iranischen Grenze, insbesondere angesichts der anhaltenden Spannungen zwischen dem Iran und den westlichen Mächten.

Das iranische Kontingent umfasst die 31. Ashura-Operationsdivision, die zum regionalen Hauptquartier der IRGC in Ashura gehört. Diese Einheit blickt auf eine lange Geschichte zurück, die bis zum Iran-Irak-Krieg (1980–88) reicht, und war an Operationen zur Bekämpfung von Aufständischen im Nordwesten Irans beteiligt, insbesondere gegen kurdische Separatistengruppen. Die Division ist für die Verteidigung der Provinzen Ost-Aserbaidschan, West-Aserbaidschan und Ardabil verantwortlich, die an Armenien und Aserbaidschan grenzen.

Eine Grenze von wachsender Bedeutung

Die Manöver sind zwar in Umfang und Dauer begrenzt, markieren jedoch eine bedeutende Veränderung in der geopolitischen Landschaft der Region. Der Grenzübergang Norduz-Agarak, der einst von Angehörigen des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB auf armenischer Seite bewacht wurde, steht seit dem 1. Januar 2025 unter der Kontrolle armenischer Grenzsoldaten. Dieser Übergang unterstreicht die schrittweise Distanzierung Armeniens von der russischen Sicherheitsgarantie und seine umfassenderen Bemühungen, seine Souveränität über die Verwaltung seiner Grenzen zu behaupten.

Diese Entwicklung folgt auch auf das zunehmende Engagement Armeniens gegenüber dem Westen. Die Unterzeichnung eines strategischen Partnerschaftsabkommens mit den Vereinigten Staaten in den letzten Wochen der Biden-Regierung hat angesichts der sich verschärfenden Konfrontation des Iran mit den USA und Israel Besorgnis unter iranischen Beamten ausgelöst.

Strategische Überlegungen auf beiden Seiten

Für Armenien haben die gemeinsamen Manöver einen doppelten Zweck: Sie stärken die operative Koordination mit einem wichtigen Nachbarn und signalisieren gleichzeitig, dass die westliche Ausrichtung Eriwans nicht mit Feindseligkeit gegenüber Teheran gleichzusetzen ist. Die Manöver sind wahrscheinlich das Ergebnis sorgfältiger diplomatischer Bemühungen hinter den Kulissen, um dem Iran zu versichern, dass die Neuausrichtung der armenischen Außenpolitik keine Bedrohung für die iranischen Interessen darstellt.

Aus iranischer Sicht haben der Zeitpunkt und die Sichtbarkeit dieser Manöver strategisches Gewicht. Angesichts der wachsenden Befürchtungen eines möglichen Militärschlags der USA und Israels im Falle eines Scheiterns des Atomabkommens mit den USA demonstriert der Iran seine Fähigkeit, strategisch wichtige Grenzregionen auch unter dem Druck eines größeren regionalen Konflikts zu verteidigen. Darüber hinaus könnten die Übungen als subtile Warnung an Aserbaidschan und seinen Verbündeten Türkei dienen, die den iranischen Einfluss im Südkaukasus zunehmend in Frage stellen und versuchen könnten, künftige Verschiebungen im regionalen Machtgefüge auszunutzen.

Fazit

Die ersten Übungen der armenischen und iranischen Spezialeinheiten sind mehr als nur eine routinemäßige Militärübung. Sie sind ein Barometer für sich verschiebende Allianzen und neu kalibrierte Sicherheitspositionen im Südkaukasus. Da sich Armenien von der russischen Dominanz entfernt und eine stärkere Integration in westliche Strukturen anstrebt, muss es diesen Kurs mit den Realitäten seiner geografischen Lage und seinen historischen Bindungen in Einklang bringen. Dies ist besonders relevant für die Abschreckungspolitik Eriwans gegenüber Aserbaidschan. Der Iran ist unterdessen bestrebt, seine Nordgrenze zu sichern und sich inmitten globaler Unsicherheiten als regionaler Stabilisator zu behaupten.

Ob diese Übungen eine vertiefte militärische Zusammenarbeit zwischen Eriwan und Teheran einläuten, bleibt abzuwarten. Vorerst zeigen sie, wie sich die Nationen in dieser volatilen Region an neue geopolitische Strömungen anpassen, manchmal durch unerwartete Partnerschaften.

Von Mikhail Mkrtchian, Regionaler Sicherheitsanalyst

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