Armenier zwingen Sersch Sargsjan zum Rücktritt
Am 23. April hat der armenische Machthaber Sersch Sargsjan dem Druck der Straße nachgegeben. Die Protestbewegung wird vom Politiker Nikol Paschinjan angeführt. In seinem Statement kündigte der inzwischen ehemalige Premierminister Armeniens seinen Rücktritt an: “Nikol Paschinjan hatte Recht. Ich habe mich geirrt. In der derzeitigen Situation gibt es mehrere Optionen, ich werde aber keine davon wählen. Das ist nicht meine Sache. Ich verlasse das Amt des Staatsoberhaupts, das Amt des Premierministers von Armenien. Die Bewegung auf den Straßen ist gegen meine Premierministerschaft. Ich erfülle ihre Forderungen”.
Die faktische Macht wird vorläufig - für sieben Tage - an den Vize-Premierminister Karen Karapetjan übergeben. Dieser übte vor Inkrafttreten der umstrittenen Verfassungsänderungen das Amt des Premierministers aus. Wie die Seite 1in.am schreibt, sei Karapetjan eine Kompromisslösung. Von einer echten Lösung könne man erst im Fall vorgezogener Parlamentswahlen rechnen.
Der Protestanführer Paschinjan hat inzwischen die regierende Republikanische Partei Armeniens vor dem Versuch gewarnt, eine Schattenmacht beibehalten zu wollen. “Wenn Sersch Sargsjan und die RPA darauf hoffen, dann sollten sie das lieber schnell vergessen. Das Volk hat gesiegt und dieser Sieg muss eindeutig anerkannt werden, ohne weitere Bedingungen”, so der Paschinjan. Er fügte hinzu, dass ihm hochrangige armenische Offizielle während seiner Verhaftung durch die staatlichen Sicherheitsbehörden vorgeschlagen hätten, einen Rücktritt Sargsjans erst im Oktober zu akzeptieren. “Zwei Stunden lang haben sie von einem Rücktritt in einem Monat gesprochen, dann war vom 25. April die Rede. Ich habe mir alle Vorschläge angehört und meine Forderung erläutert: Sersch Sargsjan soll innerhalb von zwei Stunden zurücktreten”, zitiert ihn news.am. Für Mittwoch sind Verhandlungen zwischen Nikol Paschinjan und Karen Karapetjan geplant.
Am Tag zuvor, den 22. April, hätten sich laut den Organisatoren der Proteste zirka 160 Tausend Menschen auf dem Platz der Republik versammelt, um gegen den Machterhalt durch Sargsjan zu protestieren und um die Freilassung des illegal inhaftierten Abgeordneten Nikol Paschinjan zu fordern. Bemerkenswert war dabei die Reaktion Russlands, das als Schutzmacht Armeniens und des prorussischen Premierministers Sargsjan gilt: Der Pressesprecher von Wladimir Putin sagte noch einen Tag vor dem Rücktritt Sargsjans, dass die Proteste “ausschließlich innere armenische Angelegenheit” seien, und dass man sich von allen Spekulationen über ein eventuelles russisches Eingreifen in die Situation in Armenien eindeutig distanziere. “Vestnik Kavkaza” berichtete aus Eriwan, dass sich am 22. April dutzende Soldaten der armenischen Armee auf die Seite der Protestierenden gestellt hätten, was den absoluten Kontrollverlust für Sargsjan bedeutete. Das armenische Verteidigungsministerium drohte den Soldaten an, hart gegen diese vorzugehen.
Die Pressesprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, erklärte bereits, dass Russland “immer an Armeniens Seite” stehe. Nikol Paschinjan kommentierte die Äußerung der russischen Diplomatin: “Das ist eine sehr wichtige Erklärung. Ich hoffe auf ähnliche Erklärungen von anderen Vertretern der internationalen Gemeinschaft”. Dabei schloss er einen geopolitischen Zusammenhang des erzwungenen Machtwechsels in Armenien aus, berichtet news.am.