Ausbau der russisch-armenischen Beziehungen: Potential und Gefahr zugleich

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"Armenien räumt der Entwicklung breitgefächerter Handels- und Wirtschaftsbeziehungen mit Russland Priorität ein", sagte der armenische Präsident Serzh Sargsyan in einer Ansprache an die Teilnehmer und Gäste der Sechsten Interregionalen Armenisch-Russischen Konferenz und des zweiten Eurasischen Partnerschaftsforums. "Die Volkswirtschaften unserer beider Länder sind eng miteinander verwoben. In den Bereichen Handel und Wirtschaft, Wissenschaft und Technik, Kultur und Humanitäres sowie weiteren Bereichen der bilateralen Zusammenarbeit setzen wir gemeinsame Großprojekte um", sagte Sargsyan. "Integrationsprozesse tragen zweifellos zum Ausbau der interregionalen Zusammenarbeit bei. Zunächst einmal beziehe ich mich dabei auf die Eurasische Wirtschaftsunion, dank welcher sich unsere dezentralisierte Zusammenarbeit nun auf einem neuen, höheren Niveau bewegt. Die Eurasische Wirtschaftsunion hat das kreative Potenzial unserer Länder vervielfacht und viele Hindernisse einer für beide Seiten vorteilhaften wirtschaftlichen Zusammenarbeit aus dem Weg geräumt. Integration bedeutet primär, alle unsere Initiativen und anstehenden Projekte umsetzen zu können, wodurch sich die Lebensqualität und das Wohlergehen der Menschen in beiden  Regionen verbessern können", fügte er hinzu.

Nach Ansicht des armenischen Experten Edgar Vardanyan unternehme Russland jedoch gleichzeitig – besonders vor dem Hintergrund der Verschärfung der westlichen Sanktionen gegen das Land – jeden Versuch, zu einer Politik der politischen Einflussnahme aus Zeiten des Kalten Krieges zurückzukehren. Russland nutze gegenwärtig quasi die Mitgliedsstaaten der Eurasischen Wirtschaftsunion als Potential. Letztere würden dadurch die direkten Folgen dieser Maßnahmen erleiden. "Russland versucht, die negativen Auswirkungen der Sanktionen auch auf Kosten der Mitgliedsstaaten der Eurasischen Wirtschaftsunion abzumildern. Wie Vardanyan einem Interview auf der Nachrichtenseite Tert.am feststellt, realisiere Russland die Ernsthaftigkeit seiner Lage. Auch durch militärische Machtdemonstrationen versuche es, die eigene wirtschaftliche Situation mittels diejeniger Länder zu verbessern, die sich in seinem Einflussbereich befinden und die ebenfalls Probleme mit dem Westen haben. Sergej Glasjew, ein Berater des russischen Präsidenten Wladimir Putin, hat in einer Rede auf dem Zweiten Internationalen Forum der Eurasischen Partnerschaft in Jerewan einen Plan zur Organisation gemeinsamer Wertschöpfung im Bereich des Wirtschaftsblock vorgeschlagen. Man sei auch an der Zusammenarbeit mit Drittländern interessiert, um weitere Freihandelszonen zu schaffen. "Russland versucht nicht nur, seinen Einfluss auf diese Länder auszubauen, sondern strebt auch danach, eine geopolitische Einheit herzustellen, die andere Staaten vertritt", so der armenische Experte. Dennoch schloss er die Möglichkeit aus, die Sowjet-Ordnung vollständig wiederherzustellen. "Ich glaube nicht, dass die Russen die vorhandenen Potentiale nicht verstehen. Aber sie verlassen sich dabei auch auf die Macht ihres militärisch-industriellen Komplexes, um sich attraktiv zu machen, und auch, um sie als Erpressungsinstrument einzusetzen", erklärte der Analyst.

 

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