Behrendt: Georgische Politik gefangen zwischen Saakaschwili und Iwanischwili
Laut dem letzten jährlichen Länderbericht zu globalen politischen Rechten und bürgerlichen Freiheiten des Freedom House sei Georgien immer noch unter den „teilweise freien“ Ländern einzustufen.
Die Journalistin des georgischen Dienstes von „Voice of America“, Eka Maghaldadze, sprach mit Marc Behrendt, Direktor des Europa und Eurasien-Programmes bei Freedom House, über die wichtigsten Ergebnisse des Berichts und die Herausforderungen der georgischen Demokratie zu diskutieren.
Der Vertreter von Freedom House sagte, die Punktzahl Georgiens sei um einen Punkt zurückgegangen, was seiner Meinung nach mit den letzten Präsidentschaftswahlen in Georgien, vor allem mit der zweiten Runde zusammenhänge. Er wies darauf hin, dass es glaubwürdige Behauptungen über Stimmenkauf und den Einsatz von Verwaltungsressourcen zugunsten der Regierungspartei gegeben habe. „Diese negativen Tendenzen haben wir in Georgien in nicht zu weit entfernter Vergangenheit gesehen und das ist natürlich traurig“, so der Experte. Behrendt meinte jedoch, dass die Wahlen aufgrund des unberechenbaren Wettbewerbs sehr interessant gewesen seien. „Aber die Tatsache, dass diese Unsicherheit darüber, wer gewinnen wird, dazu geführt haben könnte, dass einige Leute die Regeln nicht notwendigerweise so befolgt haben, wie sie es sollten - das ist etwas, worüber das georgische Volk sich Sorgen machen müsste“, sagte er.
Auf die Frage über den Einfluss von Bidsina Iwanischwili auf die georgische Politik antwortete der Experte von Freedom House folgendermaßen: „Ich denke, das Hauptproblem ist, dass Georgien immer noch nicht über den politischen Bruch im Wettbewerb zwischen „Georgischer Traum“ und „United National Movement“, beziehungsweise zwischen Bidsina Iwanischwili und Michael Saakaschwili hinweggekommen ist. Dies sind nicht die einzigen zwei Menschen im Land, auch nicht die einzigen, die Ideen haben, wie sich die Dinge entwickeln können. Nur weil Sie die Regierungspartei kritisieren, sollte das nicht heißen, dass Sie Saakaschwili mögen, oder wenn Sie Saakaschwili mögen, sollte dies nicht bedeuten, dass alles, was die Regierungspartei tut, falsch ist. Die georgische Politik muss über diese beiden Individuen hinausgehen, es muss darüber nachgedacht werden, was Georgien tun möchte und wie es in nächster Zukunft aussehen soll“. Laut Behrendt würde die Abhängigkeit von diesen zwei Politikern eine stabile und normale Entwicklung der georgischen Politik verhindern.
Behrendt ging während des Gesprächs auch auf die Arbeit der Zivilgesellschaft in Georgien ein. Er hält die georgische Zivilgesellschaft für stark, sie sei gut informiert und halte sich von der Kritik nicht zurück.