Bergkarabach: Putins Interview; türkisches Parlament genehmigt die Entsendung von Truppen nach Aserbaidschan
Am 17. November genehmigte das türkische Parlament das Dekret von Präsident Recep Tayyip Erdogan, Truppen für einen Zeitraum von einem Jahr nach Aserbaidschan zu entsenden.
Russlands stellvertretender Außenminister Andrei Rudenko sagte, die Entsendung von Truppen durch die Türkei sei Ankaras souveräne Entscheidung. „Es hängt wahrscheinlich mit der Anwesenheit türkischer Truppen im gemeinsamen russisch-türkischen Friedenssicherungszentrum, das für die technische Überwachung der Situation im Zusammenhang mit der Umsetzung des Abkommens verantwortlich sein wird”, sagte er. Er wies auch darauf hin, dass die Frage der Erhöhung der Zahl der [russischen] Friedenstruppen in Bergkarabach nicht auf der Tagesordnung stehe. Rudenko äußerte auch seine Hoffnungen, dass Bakus Weigerung, den Sonderstatus von Bergkarabach zu erörtern, keine neue Konflikteskalation in der Region hervorrufen würde.
Der russische Präsident sagte, er habe Aserbaidschans Präsidenten Ilham Alijew im Oktober überredet, die Feindseligkeiten in Bergkarabach zu beenden. Die Stadt Schuscha wäre in diesem Fall unter armenischer Kontrolle geblieben, die aserbaidschanischen Binnenvertriebenen hätten aber die Möglichkeit gehabt, in die Stadt zurückzukehren. Allerdings lehnte Nikol Paschinjan diese Idee ab, so Putin. „Für mich war die Position unserer armenischen Partner unerwartet, da sie diese Idee für nicht akzeptabel hielten. Und Premierminister Paschinjan sagte mir direkt, dass er dies als Bedrohung für die Interessen Armeniens und Bergkarabachs betrachte. Jetzt ist mir nicht ganz klar, was diese Bedrohung gewesen wäre, wenn man bedenkt, dass die Rückkehr der Zivilbevölkerung unter Beibehaltung der Kontrolle von armenischer Seite über diesen Teil des Territoriums von Bergkarabach, einschließlich Schuscha, und unter Berücksichtigung der Anwesenheit unserer Friedenstruppen, über die wir uns bereits damals mit Armenien und Aserbaidschan geeinigt haben, angenommen wurde“, erläuterte Putin.
Putin gab auch zu, dass er der Teilnahme des türkischen Militärs an der Friedensoperation nicht zugestimmt habe, und erklärte, dass das „historische Gedächtnis” der Armenier sie im Bezug auf die Türken an Völkermord erinnere. Er erklärte jedoch, die Türkei habe nicht gegen das Völkerrecht verstoßen, indem sie Aserbaidschan in dem Konflikt unterstützt habe. Putin sagte, dass Russland und die Türkei oft unterschiedliche Positionen haben, aber auf diplomatischem Wege Kompromisse eingehen konnten.
Russlands Staatschef lobte die USA und Frankreich für ihre Rolle in der Beilegung der Kämpfe in Bergkarabach und sagte, die Ko-Vorsitzenden der Minsk-Gruppe hätten keinen Grund, “beleidigt zu sein”, weil sie nicht an den endgültigen Vereinbarungen beteiligt waren. Putin fügte hinzu, dass die USA und Frankreich nicht in die Verhandlungen über das endgültige Abkommen einbezogen werden könnten, da der Fall von Waffenruhe in Bergkarabach eine Frage von Stunden gewesen sei und dringende Schritte verlangte. Es sei keine Zeit für zusätzliche Konsultationen im Rahmen der Minsker Gruppe verblieben, so Putin.
Das aserbaidschanische Außenministerium kommentierte Putins Interview und erklärte, es stimme den Aussagen zu. Das Ministerium betonte, dass Putins Aussagen, dass aus völkerrechtlicher Sicht sowohl Bergkarabach als auch alle angrenzenden Regionen ein wesentlicher Bestandteil des Territoriums Aserbaidschans seien, von besonderer Bedeutung gewesen wären.
Aserbaidschans Opposition kommentierte ebenfalls Putins Interview. Der Vorsitzende der Republikanischen Alternative (ReAl), Ilgar Mammadow, sagte, dass es erst nach dem 1. Dezember möglich sein werde, Putins Position zu beurteilen. Der Anführer der Musavat-Partei, Arif Hajili, sagte, Putin habe einige Realitäten erkannt, aber seine Worte über die Rolle Russlands im Konflikt „spiegelten die Realität nicht ganz wider”. „Der Krieg wurde nicht aufgrund der Einführung von Friedenstruppen gestoppt, sondern aufgrund der Unfähigkeit Armeniens, militärische Operationen fortzusetzen. Die armenische Armee wurde besiegt“, erklärte er.
In der Zwischenzeit gab Aserbaidschans Präsident Ilham Alijew bekannt, dass die neue Autobahn Füsuli-Schuscha gebaut werden werde. Es wurde auch berichtet, dass Verträge für Bohrarbeiten in Goldvorkommen in den Regionen Zangilan, Vezhnali und Kalbajar unterzeichnet wurden.
Die Europäische Union hat ihre Unterstützung für weitere Wiederaufbau- und Bauarbeiten in der Region Bergkarabach zum Ausdruck gebracht. Der Experte der EU-Kommission für humanitäre Hilfseinsätze und europäischen Katastrophenschutz, Nicholas Howarth, sagte, die Mission werde die Bedürfnisse der vom Krieg betroffenen Binnenvertriebenen und Zivilisten untersuchen und bestimmen, wie die EU diese Familien unterstützen werde. Der US-Außenminister Mike Pompeo sagte auch, dass die USA humanitäre Hilfe in Höhe von fünf Millionen US-Dollar zur Unterstützung der Operationen des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz und anderer internationaler und nichtstaatlicher Organisationspartner zur Unterstützung der vom Krieg betroffenen Menschen bereitstellen würden.