Bergkarabach: Russland wird alle Versuche zur Revision des Abkommens vereiteln

Am 17. November erklärte der russische Außenminister Sergej Lawrow, sein Land werde alles tun, um die Versuche zur Revision des vom armenischen Premierminister Nikol Paschinjan, dem aserbaidschanischen Präsidenten Ilham Alijew und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin unterzeichneten Abkommens zu vereiteln.

„Wir sehen keine Versuche, die erreichte Vereinbarung umzudeuten und zu überarbeiten. Wenn ich das richtig verstehe, laufen derzeit in Armenien schwierige Diskussionen. Die 17 Oppositionsparteien, die sich zusammengeschlossen haben, um die Interessen ihres Landes zu verteidigen, haben sich eindeutig gegen Versuche ausgesprochen, diese Erklärung zu revidieren“, sagte Lawrow. 

Lawrow sagte auch, sein Land sei daran interessiert, die Zusammenarbeit mit dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) in der Region Bergkarabach weiter zu verstärken. Er erinnerte daran, dass Russland und das IKRK viele Regionen haben, in denen sie eng zusammenarbeiten. „Unsere Kontakte sind regelmäßig und es gibt immer etwas, an dem wir zusammenarbeiten können, da die Zahl der humanitären Krisen und Konflikte in der Welt leider nicht abnimmt", erklärte er.

Der Präsident des IKRK, Peter Maurer, betonte, dass die Konfliktparteien bereits 200 Leichname ausgetauscht hätten. Ihm zufolge besteht die Priorität der Aktivitäten der Organisation in Bergkarabach darin, Vertriebenen zu helfen, die Leichen der Getöteten zu bergen und Gefangene zu besuchen, um sich auf mögliche Verhandlungen und den Austausch vorzubereiten.

Neben dem IKRK forderte Lawrow auch die UN-Organisationen auf, zur Unterstützung der humanitären Lage der Region beizutragen. „Wir hoffen, dass andere humanitäre Institutionen, insbesondere der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) und das Büro der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA), Teil des Lösungsprozesses in der Region Bergkarabach sein werden. In Anbetracht des Schutzes des kulturellen Erbes in Bergkarabach kann die UNESCO eine sehr wichtige Rolle spielen“, fügte Lawrow hinzu.

Der Sprecher des russischen Präsidenten Dmitri Peskow erklärte, dass die größte Errungenschaft des Abkommens darin bestehe, dass in der Region „Kanonen schweigen“. Er betonte, dass das Hauptanliegen für Russland nun darin bestehe, den kürzlich hergestellten Frieden in der umstrittenen Region zu bewahren, die Rückkehr aller Vertriebenen und Flüchtlinge sicherzustellen und die Wahrung des Friedens zu überwachen. 

In der Zwischenzeit erklärte ein Offizieller des US-Außenministeriums, dass die Vereinigten Staaten und Frankreich von Russland mehr Klarheit über die Parameter des Abkommens und die Rolle der Türkei in der Region wünschen. „Es wird also viel über Bergkarabach, den Kaukasus und dann im Großen und Ganzen auch über die Türkei und die verschiedenen Gebiete gesprochen, in denen wir einige Bedenken und Unterschiede zu den Türken haben - verschiedene Gebiete in der Region vom östlichen Mittelmeer über Libyen und Syrien sowie anderer Gebiete“, sagte er.

Der türkische Verteidigungsminister Hulusi Akar sagte, dass das zwischen der Türkei und Russland unterzeichnete Memorandum zur Einrichtung eines gemeinsamen Überwachungszentrums zur Überwachung des Waffenstillstands in Bergkarabach nur ein Rahmendokument sei und noch ausgearbeitet werden müsse.

Während eines Besuchs in den Regionen Füsuli und Dschabrayil in Bergkarabach sagte Aserbaidschans Präsident Ilham Alijew, dass von einem unabhängigen Status von Bergkarabach keine Rede sein könne. „Es gibt einen einzigen aserbaidschanischen Staat. Es gibt einen multiethnischen, multikonfessionellen und fortschrittlichen aserbaidschanischen Staat. Alle Bürger Aserbaidschans, Vertreter aller Völker und Religionen, leben hier normal, in Frieden und Harmonie. Auch das armenische Volk wird so leben. Wir haben nichts gegen das armenische Volk“, erklärte er.

Alijew sprach auch über die aktuelle politische Situation in Armenien, insbesondere über den Druck, dem der armenische Premierminister Nikol Paschinjan derzeit ausgesetzt ist. Alijew sagte, dass Paschinjan sein Land in den letzten zwei Jahren zerstört hat, und dass er nur noch damit beschäftigt sei, sein eigenes Leben vor dem Zorn des armenischen Volkes zu retten. „Wir haben die Kotscharjan-Sargsjan-Armee zerstört. Sie haben unser Land zerstört. Diesmal konnten diese Feiglinge nicht einmal ihre Nasen in das Gebiet von Bergkarabach stecken. Wo ist dein Heldentum? Die falschen Heldenorden, die du auf deiner Brust trägst - nimm diesen Metallschrott ab und werf ihn in den Mülleimer. Wir haben dich besiegt. Paschinjan ist  ein niemand. Kotscharjan und Sargsjan, die Henker des aserbaidschanischen Volkes, die Henker von Chodschali, wir haben euch besiegt, wir haben eure Armee zerstört“, erklärte er.

Der aserbaidschanische Botschafter bei der Europäischen Union, Fuad Isagndarow, erklärte, dass die EU die neuen Realitäten des Friedensprozesses von Bergkarabach nutzen sollte. Er betonte, dass eine große Bedrohung für die Energiesicherheit und die Versorgungsdiversifizierung Europas beseitigt worden sei, und fügte hinzu, dass der unabhängige Landkorridor Türkei-Armenien-Aserbaidschan für den Handel zwischen Asien und Europa jetzt offen sei.

Die de-facto-Führung von Bergkarabach erklärte, dass die auf dem Territorium lebenden armenischen Bürger im Rahmen eines Nothilfepakets für das nächste Jahr nicht für Strom, Erdgas und andere Versorgungsgüter bezahlen müssten. Der de-facto-Präsident von Bergkarabach, Arayik Harutunjan, versprach auch, einkommensschwache Anwohner und jene Bergkarabach-Armenier zu entschädigen, deren Häuser während des Krieges zerstört wurden. Harutunjan gab jedoch nicht die Gesamtkosten des Hilfspakets an und erklärte nicht, ob es von der armenischen Regierung oder von einem anderen Ort aus finanziert werden würde.

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