Besuch von Hasan Rouhani in Aserbaidschan
Eines der Hauptthemen in den aserbaidschanischen Medien der vergangenen Woche war der offizielle Besuch des iranischen Präsidenten Hasan Rouhani in Aserbaidschan vom 28. und 29. März. Rouhani und sein aserbaidschanischer Amtskollege Ilham Alijew eröffneten ein aserbaidschanisch-iranisches Kraftfahrzeugwerk namens „Khazar“ (Anm.d.Red.: Khazar ist das persische und aserbaidschanische Wort für das Kaspische Meer, das beide Länder neben der Landgrenze verbindet), das im Industriepark Azermash in Kooperation mit dem iranischen Unternehmen Iran Khodro errichtet wurde, wie die aserbaidschanische Nachrichtenagentur APA schreibt. Außerdem haben Baku und Teheran eine Reihe von gemeinsamen Abkommen unterzeichnet.
Präsident Rouhani hob besonders die Dokumente zu zwei Kooperationsfeldern hervor: den Bau der Eisenbahnstrecke Astara-Rascht (der noch fehlende Bestandteil des Nord-Süd-Bahnprojekts) sowie zur Kooperation am Kaspischen Meer. „In Folge der Umsetzung dieser Dokumente wird unsere Partnerschaft am Kaspischen Meer und im Transportbereich ein neues Niveau erreichen“, versprach Rouhani, so die aserbaidschanische Agentur Turan. In dem Beitrag wird betont, dass Iran und Aserbaidschan keine Einzelheiten über die angeblich erzielten Vereinbarungen im Bereich der gemeinsamen Förderung im Kaspischen Raum öffentlich gemacht hätten. Dabei sei es ein sehr bedeutender und sogar historischer Moment, da sich Teheran und Baku bereits seit mehr als 15 Jahren über die Rechte an einigen Öl- und Gasfeldern sowie über den Verlauf der nationalen Grenzen im Kaspischen Becken gestritten hätten. Die Vereinbarungen in diesem Bereich würden einen spürbaren Durchbruch und eine Entspannung in der regionalen Zusammenarbeit bedeuten, auch bei solchen Projekten wie dem Südlichen Gaskorridor und der Transkaspischen Pipeline.
Wie APA schreibt, betonte auch Präsident Alijew beim Treffen mit Rouhani die intensivierten Beziehungen zwischen beiden Ländern. Er habe sich mit dem iranischen Präsidenten in den letzten vier Jahren bereits elf Mal getroffen. Ilham Alijew habe in dieser Zeit viele Male den Iran besucht, während Hasan Rouhani in seiner Rolle als Staatspräsident schon drei Mal in Aserbaidschan gewesen sei. Laut Alijew haben die bilateralen Beziehungen ihren bisherigen Höchststand erreicht. Vor der Wahl von Hasan Rouhani galten die iranisch-aserbaidschanischen Beziehungen als äußerst schwierig und waren durch geringe bilaterale Zusammenarbeit geprägt, wie der aserbaidschanische Politikwissenschaftler Rovshan Ibragimov in Vestnik Kavkaza schreibt. Irans Außenpolitik gegenüber dem nördlichen Nachbarn habe sich unter Rouhani radikal verändert und sei aus aserbaidschanischer Sicht konstruktiv geworden, so Ibrahimov: „Die Entwicklung von Verkehrsprojekten, die derzeit im Rahmen des Nord-Süd-Verkehrskorridors durchgeführt werden, spielt jetzt eine Schlüsselrolle. Insbesondere der Bau der fehlenden Bahnstrecke im Iran ist im Gange, wofür Aserbaidschan einen Kredit in Höhe von 500 Millionen US-Dollar zur Verfügung gestellt hat. Aserbaidschan investiert auch 60 Millionen US-Dollar in den Bau der Bahnhofs- und Frachtterminals im iranischen Astara, die 15 Jahre lang direkt von Aserbaidschan aus kontrolliert werden und anschließend an den Iran übergeben werden. Die Umsetzung all dieser Projekte wird ein Anstoß für die Entwicklung der Handelsbeziehungen nicht nur zwischen unseren beiden Staaten sein, sondern auch mit Drittländern, vor allem mit Indien“.
Nina Mamedova, Leiterin der Iran-Abteilung des Zentrums für Nahost-Studien des Instituts für Orientalische Studien der Russischen Akademie für Wissenschaften (RAS) weist im selben Beitrag außerdem auf den weiteren geopolitischen Kontext der aserbaidschanisch-iranischen Beziehungen hin: „Der Grenzhandel und die Position Aserbaidschans in der Freihandelszone zwischen Russland und Iran sind ebenfalls von großer Bedeutung. Der Iran ist zunehmend an starken regionalen Beziehungen zu seinen Nachbarn interessiert, und deshalb ist Präsident Hasan Rouhani wirklich an persönlichen Besuchen in Aserbaidschan und an Verhandlungen über eine weitere Stabilisierung der iranisch-aserbaidschanischen Beziehungen interessiert. Die iranische Regierung ist gerade aus der Haushalts- und Sozialkrise herausgekommen und muss ihre Position in der Region festigen, vor allem im Zusammenhang mit der Aggression der Trump-Regierung“.
Ferner wies Alijew auf den drastischen Anstieg der Zahl iranischer Touristen in Baku hin: Während 2016 Aserbaidschan von 240 Tausend iranischen Touristen besucht worden sei, seien es 2017 bereits 340 Tausend gewesen. Das aserbaidschanische Staatsoberhaupt erinnerte in diesem Zusammenhang an den jüngsten Schritt Aserbaidschans zur Erleichterung des Visaregimes mit dem Iran, der erst vor zwei Wochen in Kraft getreten sei. Demnach würden Iraner ihre Visa für Aserbaidschan nicht vor der Reise, sondern könnten diese bei Anreise direkt an den Flughäfen in Aserbaidschan erhalten. Die Islamische Republik Iran hatte das Visaregime mit Aserbaidschan schon im Juli 2015 einseitig abgeschafft.
Wie die aserbaidschanische Nachrichtenseite Haqqin.az berichtet, sprach Präsident Alijew unter anderem über die Vertiefung der Kooperation im Verteidigungsbereich zwischen Aserbaidschan und Iran, ohne dabei ins Detail zu gehen. Erst Ende Februar hatten sich die Verteidigungsminister Aserbaidschans und Irans in Baku getroffen. Armeenahen aserbaidschanischen Medienberichten zufolge ging es dabei um die Ausweitung der Militärkooperation zwischen den beiden Staaten. Der iranische Minister und Brigadegeneral Chatemi drückte damals die eindeutige Unterstützung für „die gerechte Position Aserbaidschans im Konflikt um Bergkarabach“ sowie seine territoriale Integrität aus.
Das Problem mit Bergkarabach wurde auch während des Besuchs von Hasan Rouhani in einem größeren Zusammenhang angesprochen. „Wir sind davon überzeugt, dass das Problem im Jemen politisch und nicht militärisch gelöst werden muss. Wir meinen auch, dass das syrische Problem durch einen politischen Weg beigelegt werden muss. Aserbaidschan und Iran haben eine ähnliche Sicht auf die Bemühungen, die von den Ländern der Region in Bezug auf diese Frage geleistet werden. Wir glauben, dass der Konflikt um Bergkarabach auch politisch zu lösen ist. Wir möchten erleben, dass nachhaltige Stabilität durch Bemühungen Aserbaidschans und Armeniens erreicht wird. Uns ist es wichtig, dass die territoriale Integrität der Länder und Geographie der Region unverändert bleiben“, kommentierte der iranische Präsident den andauernden armenisch-aserbaidschanischen Konflikt auf APA.
2017 betrug der Handelsumsatz zwischen Iran und Aserbaidschan zirka 257 Mio. US-Dollar, was einem Wachstum von 16 Prozent gegenüber Vorjahr entspricht.