Der Leiter des armenischen Komitees für Staatseinnahmen tritt zurück
Am 4. Juni trat der Leiter des armenischen Komitees für Staatseinnahmen (SRC) Davit Ananjan unerwartet von seinem Amt zurück.
Ananjan gab keine Gründe für den Rücktritt an, als er ihn auf Facebook ankündigte: „Um die in den Medien verbreiteten Gerüchte zu beenden, möchte ich mitteilen, dass ich heute meinen Rücktritt beim armenischen Premierminister eingereicht habe. Ich möchte allen für die effektive und produktive Zusammenarbeit und Premierminister Nikol Paschinjan dafür danken, dass er mir diese wichtige Position für mehr als zwei Jahre anvertraut hat“, schrieb er.
Der armenische Premierminister Nikol Paschinjan akzeptierte den Rücktritt nicht sofort und gab keine Erklärungen ab. „In naher Zukunft wird es im SRC neue Änderungen geben. Wir hoffen, dass sich die wesentlichen Änderungen, die während der Amtszeit von Herrn Ananjan begonnen haben, weiter vertiefen und umfassend umgesetzt werden“, sagte er später.
Verschiedene Spekulationen über die Gründe für Ananjas Rücktritt sind im Umlauf. Laut news.am führt der Staatliche Aufsichtsdienst Armeniens seit zwei Wochen Untersuchungen beim Komitee durch. Der Sprecher des Staatlichen Aufsichtsdienstes Seda Aghbaljan bestätigte diese Information und berichtete, dass die Überwachungsabteilung des Dienstes bestimmte Risiken beim Komitee festgestellt und am 12. Mai Inspektionen eingeleitet habe.
Die armenische Abteilung der russischen Nachrichtenagentur „Sputnik“ spekulierte dagegen, dass die regierende Partei mit Ananjan unzufrieden sei und ihn als einen zu sanften Führer betrachte, der die Anhänger der früheren Regierung nicht bestraft. In dem Artikel von Sputnik wurde betont, dass Ananjan einmal sagte, dass „nicht in allen Fällen erfahrene Spezialisten die unter den vorherigen Behörden arbeiteten, durch unerfahrenes Personal ersetzt werden sollten". Diese Äußerungen seien ein Thema ständiger Diskussionen auf den thematischen Treffen der Regierungspartei gewesen.
Die konservative armenische Zeitung „Golos Armenii", die der ehemaligen Regierungspartei von Sersch Sargsjan nahesteht, nannte zwei mögliche Gründe für Ananjans Rücktritt. Laut dem Artikel könnte der erste Grund mit den Zigarettenschmuggel-Vorwürfen gegen Nikol Paschinjan und, insbesondere, seinen Schwager Hrachya Hakobjan, zusammenhängen. Denn am 25. April ist eine Flugmaschine des armenischen Katastrophenschutzministeriums geladen mit Schmuggelzigaretten in der russischen Stadt Krasnodar gelandet. Die russische Transportpolizei beschlagnahmte die illegale Ladung. Die Zeitung erinnerte daran, dass Ananjan, als Leiter des Komitees für Staatseinnahmen, auch für das Zollamt zuständig gewesen sei. Als alternative Erklärung schlug der Artikel vor, dass Ananjan „eine wirtschaftliche und steuerliche Katastrophe im Land spürte“ und beschloss, das Land zu verlassen. Die Spekulation stützte sich stark auf die Aussagen von Ananjans Stellvertreter Arthur Manukjan, dass die Einzelhandelsumsätze in Armenien in den letzten 4 Monaten um 20% zurückgegangen sind und in dieser Zeit 12 000 Menschen ihren Arbeitsplatz verloren haben.
Später enthüllte news.am, dass Ananjans Rücktritt auf „Meinungsverschiedenheiten im Zusammenhang mit persönlichen Problemen“ zurückzuführen war und dass er sich entschied, zurückzutreten anstatt einen seiner Mitarbeiter zu entlassen .
Ananjan wurde im Mai 2018 kurz nach der „Samtenen Revolution“, die Paschinjan an die Macht brachte, zum Leiter des nationalen Steuer- und Zolldienstes ernannt. Er war stellvertretender Finanzminister in der früheren armenischen Regierung. Er versprach ein härteres Vorgehen der Regierung gegen Unternehmen und Einzelpersonen, die Steuern umgehen, als er das SRC übernahm. Paschinjan betonte regelmäßig, dass die Steuereinnahmen der Regierung seitdem erheblich gestiegen sind.