Freilassung des Ex-Präsidenten sorgt für Proteste in Jerewan
Der Berufungsgerichtshof Armeniens ließ am 13. August den Ende Juli verhafteten Ex-Präsidenten, Robert Kotscharjan, aus der Haft frei, berichtet News.am. Somit wurde die Entscheidung des Gerichts erster Instanz aufgehoben mit der Begründung, dass dem Ex-Präsidenten politische Immunität zustehe.
Die für die Ermittlungen gegen Kotscharjan zuständige Behörde, der armenische Sonderermittlungsdienst, kritisierte die Entscheidung des Berufungsgerichts. Diese sei „nicht gesetzeskonform“, so die Behörde. Man hoffe, dass die Generalstaatsanwaltschaft nun einen Kassationsantrag stellen werde, um die Entscheidung des Berufungsgerichts überprüfen zu lassen. Auch der erste Präsident Armeniens, Lewon Ter-Petrosjan, verurteilte die Freilassung von Kotscharjan. Gegner des Ex-Präsidenten fordern, dass der Richter des Berufungsgerichts, Alexander Asarjan, wegen seiner Entscheidung suspendiert wird. Asarjan selbst bezeichnete das kritische Statement des Sonderermittlungsdienstes als einen möglichen Versuch, Druck auf die Justiz auszuüben.
Am 14. August sollte in Jerewan eine Pressekonferenz von Robert Kotscharjan stattfinden, die aber aufgrund heftiger Proteste im letzten Moment abgesagt wurde. Kotscharjan erklärte, dass die Protestaktion von regierungsnahen Aktivisten organisiert worden seien.
Die Ermittler im Fall Kotscharjan hatten sich von Anfang an für eine Verhaftung des Ex-Präsidenten ausgesprochen. Dabei argumentierten sie, dass Robert Kotscharjan möglicherweise Einfluss auf die gegen ihn laufenden Ermittlungen nehmen könnte.
Die strafrechtliche Verfolgung des zweiten Präsidenten begann nach der „samtenen Revolution“ in Armenien. Gegen ihn wird derzeit wegen des „Sturzes der Verfassungsordnung“ im Kontext der Präsidentschaftswahl 2008 ermittelt. Im März 2008 ließ Kotscharjan, der damals Staatschef war, Massenproteste der Opposition gegen die Wahlfälschungen niederschlagen. Dabei wurden zehn Menschen getötet und hunderte weitere verletzt. Der heutige Premierminister, Nikol Paschinjan, wurde als einer der Organisatoren der Proteste zur strafrechtlichen Verantwortung gezogen und verbrachte zwei Jahre im Gefängnis.
Robert Kotscharjan und seine Anhänger, die überwiegend der ehemaligen Regierungspartei RPA angehören, beurteilen das Vorgehen der neuen Regierung auf das Schärfste und bezeichnen es als „politische Verfolgung“. Im Regierungslager spricht man hingegen von einer gerechten und umfassenden Untersuchung, welche in der Ära von Kotscharjan und seinem Nachfolger Sersch Sargsjan nicht möglich war.