Georgiens NATO-Beitritt ohne besetzte Gebiete?
Der Generalsekretär der NATO, Jens Stoltenberg, wurde bei einer Pressekonferenz in Brüssel am 2. Oktober danach gefragt, ob die besetzten Gebiete ein Hindernis für einen NATO-Beitritt Georgiens darstellen. Darauf antwortete Stoltenberg, dass Georgien keine Wahl zwischen den besetzten Gebieten und dem NATO-Beitritt treffen müsse. Er fügte hinzu, dass die Erfüllung der Beitrittsvoraussetzungen Georgien früher oder später zum NATO-Mitglied machen werde. Der Generalsekretär verwies zudem auf das erste Treffen der NATO-Georgien Kommission am 3. Oktober. Laut Stoltenberg sollen bei diesem Treffen die Minister eine Bestandaufnahme der Entwicklungen in der Zusammenarbeit zwischen NATO und Georgien, einschließlich der Umsetzung des umfangreichen NATO-Georgien Pakets, vornehmen.
Der Leiter des Instituts für Managementstrategie, Petre Mamradze, sagte im Gespräch mit Vestnik Kavkaza, dass die NATO nicht beabsichtige, Georgien als ihr Mitglied aufzunehmen, aber sie müsse solche Erklärungen aus politischen Gründen abgeben. „Die Entscheidung des Bukarester Gipfels, dass die Ukraine und Georgien der NATO ohne zusätzliche Bedingungen beitreten werden, wenn sie wollen, formell aufzugeben, würde die Widersprüchlichkeit des Bündnisses als internationale Organisation vorweisen. NATO-Beamte können das nicht tun, daher ist Stoltenberg verpflichtet, diese Aussagen zu wiederholen“, erklärte er. „Am Rande wird uns gesagt, dass das Bündnis im Herbst 2008 beschlossen hat, Georgien eben keine NATO-Mitgliedschaft anzubieten. Russland erkannte diese Regionen als unabhängige Länder an und errichtete dort zwei mächtige Militärstützpunkte, sodass die NATO-Mitgliedschaft für Georgien jetzt ausgeschlossen ist. Wenn also Stoltenberg sagt, dass der Wille des Volkes und der Wille der NATO das Wichtigste sind, entsprechen seine Worte nicht der Realität. Natürlich sollte Georgien die Standards des Bündnisses übernehmen, ich möchte wirklich, dass Tiflis diesem demokratischen Bündnis beitritt, aber zum gegenwärtigem Zeitpunkt müssen wir verstehen, dass es derzeit keine Aussichten auf einen Beitritt gibt“, betonte Petre Mamradze.
Ein weiterer georgischer Politologe, Gela Vasadze, stimmte zu, dass die NATO derzeit nicht an der Aufnahme Georgiens interessiert sei. „Der Artikel 5 der NATO beinhaltet keine Ablehnung der territorialen Integrität, und das Bündnis hatte ähnliche Erfahrungen mit Deutschland und der DDR, mit der Türkei, Griechenland und Nordzypern. Aber wenn Stoltenbergs Erklärung offensichtlich war, warum darf dann Georgien nicht der NATO beitreten? Denn die Allianz braucht es noch nicht. Sobald es nötig ist, wird Georgien zweifellos aufgenommen werden. In der Erklärung des NATO-Generalsekretärs heißt es bisher, dass er die Entscheidung des Gipfels von Bukarest bestätigt habe, offenbar um erneut daran zu erinnern, dass Georgien ein Mitglied der NATO sein wird, aber nur, wenn das Bündnis es braucht“, sagte Vasadze.
Beim NATO-Gipfel 2018 wurde eine separate Erklärung der NATO-Georgien-Kommission verabschiedet. In der Erklärung erkannten die Bündnispartner die bedeutenden Fortschritte bei den Reformen an, die „Georgien gemacht hat und weiter fortsetzen muss“. Die Erklärung bekräftigt auch die auf dem Gipfel von Bukarest im Jahr 2008 getroffene Entscheidung, dass „Georgien Mitglied des Bündnisses werden wird, wobei MAP (Membership Action Plan) ein integraler Bestandteil des Prozesses sein wird“. Das war das erste Mal, dass die NATO-Georgien-Kommission – ein regelmäßiges Forum für politische Konsultationen und praktische Zusammenarbeit zwischen der Allianz und Georgien – auf der Ebene der Staats- und Regierungschefs stattfand.