In Aserbaidschan wird nach den russischen Präsidentschaftswahlen wachsender Druck aus Russland befürchtet
Die aserbaidschanische Nachrichtenagentur Turan hat einen Kommentar des Politikwissenschaftlers Elhan Shahinoglu über die Auswirkungen des jüngsten Wahlsiegs Wladimir Putins auf seinen südlichen Nachbarn Aserbaidschan veröffentlicht. Der Experte geht davon aus, dass Putin aus seiner durch den Wahlsieg gestärkten politischen Position heraus Druck auf Aserbaidschan ausüben werde. Grund dafür könnten die vertieften Beziehungen des südkaukasischen Landes zu Europa im Energiebereich sein.
Alle von Aserbaidschan durchgeführten regionalen Energieprojekte wie TAP, TANAP, und Südlicher Gaskorridor stellten eine Alternative zu russischen Projekten dar und umgingen russisches Territorium. Dazu gehöre unter anderem die Eisenbahnstrecke Baku-Tiflis-Kars, die Asien mit Europa verbinde. All diese Projekte spiegelten die nationalen aserbaidschanischen Interessen wieder. Im Falle stärkeren Drucks aus Moskau sollte Aserbaidschan seine Integration mit dem Westen intensivieren. Das heiße jedoch nicht, dass Aserbaidschan ähnlich wie die Ukraine und Georgien das Ziel eines NATO- und EU-Beitritts verfolgen solle, was zu einer zusätzlichen Verschärfung in den Beziehungen mit Russland führen würde. Falls der Druck Russlands aber zunehmen sollte, solle sich Aserbaidschan verteidigen und die Zusammenarbeit mit seinen Verbündeten – also der Türkei und den europäischen Staaten – weiter vertiefen. Genau deshalb sei es sehr wichtig, bis Ende des Jahres ein strategisches Partnerschaftsabkommen mit der EU zu unterzeichnen. Moskau müsse klar werden, dass im Fall eines stärkeren Drucks auf Baku Russland Aserbaidschan genauso verlieren werde wie es bereits mit der Ukraine und Georgien der Fall gewesen sei.
Dabei schloss der Politologe eine erfolgreiche russische Vermittlung im Konflikt mit Armenien um die Provinz Bergkarabach aus. “Aserbaidschan kann nur unter einer Bedingung seine strategische Partnerschaft mit Russland stärken: Wenn Moskau auf die armenische Regierung Einfluss nimmt und für eine bedingungslose Rückgabe von wenigstens fünf der okkupierten Gebiete sorgt. Allerdings ist das in der nächsten Zukunft nicht zu erwarten. Putin wurde zum Präsidenten gewählt, und seine Position hinsichtlich des Bergkarabachkonflikts wird sich nicht ändern. Dank des Konfliktes übt Russland Kontrolle über Armenien aus und hat dabei auch enormen Einfluss auf Aserbaidschan. Ohne diesen Konflikt hätten sich die Beziehungen zwischen Armenien einerseits und Aserbaidschan und der Türkei andererseits schnell verbessert. Russland hätte aber seinen letzten Vorposten im Südkaukasus verloren.
Shahinoglu kommentiert in dem Beitrag auch die russischen Waffenlieferungen an Aserbaidschan: “Wir sind gezwungen, uns wegen des Konflikts um Bergkarabach aufzurüsten. Die westlichen Länder verkaufen aufgrund des andauernden Konflikts keine Waffen, weder an Aserbaidschan noch an Armenien, da es ein nichtöffentliches Embargo gibt. Deshalb muss Aserbaidschan die Waffen dort einkaufen, wo es möglich ist. In den letzten fünf Jahren hat Aserbaidschan von Russland Waffen für zirka fünf Milliarden US-Dollar gekauft, allerdings sind im Haushalt für dieses Jahr keine größeren Waffendeals mit Russland vorgesehen. Aserbaidschan reduziert den Waffenimport aus Russland, und der Westen merkt das”, betonte der Experte hinsichtlich drohender westlicher Sanktionen gegen die russische Rüstungsindustrie.