Nach Falschmeldung gerät die armenische Regierung unter Druck
Am 8. April verbreitete sich in Armenien das Gerücht, dass ein Flugzeug mit armenischen Gefangenen aus Aserbaidschan in Eriwan landen wird. Später haben die Pressesprecherin des armenischen Premierministers, Mane Gevorkjan, sowie der Pressesprecher des Vize-Premierministers, Nschdeh Owsepjan, die Information bestätigt, dass innerhalb einer Stunde auf dem Flughafen Erebuni eine Maschine mit armenischen Soldaten landen sollte. Die Familien der Soldaten versammelten sich auf dem Flughafen, doch am Ende stellte sich heraus, dass das Flugzeug leer war. Nur der russische General Rustam Muradov, der die russische Friedenstruppen in Bergkarabach leitet, war in der Maschine.
Die wütenden Familienmitglieder der armenischen Soldaten stürmten daraufhin das Gebäude des Verteidigungsministeriums. Die Lage drohte zu eskalieren und ein Teil der Mitarbeiter des Ministeriums, darunter der Verteidigungsminister selbst, ließen sich mit Hubschraubern aus dem eingekesselten Gebäude evakuieren. Wohl nicht weniger wütend war der russische General Muradov, der im Gespräch mit der armenischen Zeitung Hraparak erklärte, dass die Rückkehr von armenischen Gefangenen überhaupt nicht geplant gewesen sei. Er beschuldigte die armenische Regierung, eine Provokation begangen und ihr eigenes Volk angelogen und irritiert zu haben. Die Pressesprecherin von Nikol Paschinjan, Mane Geworkjan, die zuvor die falsche Nachricht persönlich bestätigte, stimmte mit der Einschätzung von General Muradov überein. „Diesem Kommentar haben wir nichts hinzuzufügen”, sagte sie. Der Vize-Parlamentspräsident Alen Simonjan gab seinerseits an, dass es keine Einigung mit Baku gegeben habe, man jedoch „gehofft” hatte, dass Muradov die Gefangenen nach Eriwan bringen würde. Baku besteht darauf, dass Aserbaidschan bereits alle Kriegsgefangenen an Eriwan übergeben habe. Bei den Soldaten, deren Freilassung Eriwan fordert, handele es sich um eine Gruppe von Saboteuren, die im Dezember, also einen Monat nach der Unterzeichnung der Waffenruhe, von Armenien aus in aserbaidschanisches Staatsgebiet eingedrungen sei und mehrere aserbaidschanische Soldaten und Zivilisten getötet habe. Diese Position wurde ein weiteres Mal vom aserbaidschanischen Außenminister Jeyhun Bayramov am 8. April 2021 bestätigt.
Darüber, was tatsächlich hinter der Informationspanne der armenischen Regierung steht, gibt es bereits unterschiedliche Spekulationen. So besteht der Abgeordnete der Regierungsfraktion Andranik Kotscharjan, der dem armenischen Premierminister nahesteht, darauf, dass es doch eine Einigung zwischen Baku und Eriwan über die Rückkehr von Gefangenen gegeben habe. Bei dieser sei es jedoch im allerletzten Moment zu einem Hindernis gekommen, über das Andrani Kotscharjan noch nicht öffentlich sprechen möchte.
Allerdings ist schon jetzt klar, dass das Thema der armenischen Gefangenen beim geplanten Wahlkampf eines der wichtigsten Themen sein dürfte. Die außerordentliche Parlamentswahl in Armenien soll am 20. Juni stattfinden.