Reaktionen auf Anerkennung des armenischen Völkermords durch US-Präsident Biden
Die Anerkennung des armenischen Völkermordes durch den US-Präsidenten Joe Biden am 24. April wurde im Kaukasus und der Gesamtregion unterschiedlich wahrgenommen.
In Armeniens Hauptstadt Eriwan versammelten sich Menschenmengen vor dem Gebäude der US-Botschaft, um die Entscheidung des US-Präsidenten zu feiern. Der armenische Premierminister Nikol Paschinjan richtete seinen Dank an Biden in Form eines Briefes aus. Paschinjan betonte, dass er die „prinzipielle Position des US-Präsidenten“ hoch einschätze. Dieser Schritt sei „ein riesiger Schritt auf dem Weg zur Wahrheit und historischer Gerechtigkeit sowie eine große Unterstützung für die Nachfahren des armenischen Völkermords“, heißt es in dem Brief. Es ist anzumerken, dass Nikol Paschinjan am 25. April aufgrund der geplanten Neuwahlen für das armenische Parlament am 20. Juni zurückgetreten ist. Bis zu den Wahlen wird Paschinjan allerdings weiterhin als Interims-Premierminister das Land regieren. Die Anerkennung des Genozids durch einen US-Präsidenten wird in regierungsnahen Medien als außenpolitischer Erfolg des Premierministers gefeiert, und dürfte den beschädigten Ruf von Nikol Paschinjan nach der Niederlage im Krieg gegen Aserbaidschan verbessern.
In Aserbaidschan, ein Land das als enger Verbündeter der Türkei gilt, nannte man Bidens Schritt einen „historischen Fehler“. Diese Position wurde vom Staatschef Alijew geäußert. In einem Telefonat mit dem türkischen Präsidenten Erdogan sagte Alijew, dass Bidens Erklärung die gerade erst entstehenden Trends für die Zusammenarbeit in der Region unterminiert. Gemeint war damit wohl die geplante Öffnung von Grenzen und Kommunikationen zwischen Armenien, Aserbaidschan und der Türkei, die von der trilateralen Erklärung zwischen Moskau, Baku und Eriwan vom 9. November 2020 vorgesehen wird. Auch der Generalsekretär der Parlamentarischen Versammlung des Türkischen Rates, einer Organisation der turksprachigen Staaten, verurteilte Bidens Position.
Bemerkenswert war auch die Reaktion einiger russischer Medien. Die Chefin des bekannten russischen Senders „Russia Today“, Margarita Simonjan, kritisierte Joe Biden für die Anerkennung des Völkermords, indem sie sagte, dass die Aktion einen rein politischen Zweck habe. „Wo waren die USA während des Kriegs in Bergkarabach 2020?“, fragte sie. Ähnliche Positionen wurden von russlandnahen Medien in Armenien geäußert, die daran erinnerten, dass der Krieg in Bergkarabach letztes Jahr nur dank Russlands gestoppt worden sei. Einige Tage zuvor strahlte der direkt vom Kreml kontrollierte Sender „Russia Today“ einen kritischen Film über Nikol Paschinjan aus.