Schwere Vorwürfe gegen die georgische Regierung

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Am 14. Oktober strahlte der georgische Fernsehsender „Rustavi 2“ die Aufzeichnungen von einem Gespräch zwischen den ehemaligen Beamten der georgischen Staatsanwaltschaft, Mirza Subeliani und den Abgeordneten von der regierenden Partei, Viktor Japaridse aus. Mirza Subeliani wurde am 9. Juni nach Massenprotesten in Tiflis über den Straßenmord in Khorava im Dezember 2017 verhaftet, bei dem zwei 16-Jährige - Davit Saralidse und Levan Dadunashvili - erstochen wurden. In der Aufzeinung gibt er an, er habe heimlich mit den Behörden vereinbart, wegen der umstrittenen Untersuchung ein Jahr im Gefängnis zu sitzen, um „das Land zu retten“. Er hat angeblich angedeutet, dass er jetzt mit dem Deal unzufrieden sei und drohte, „Kompromat“ - Details von Missbräuchen innerhalb von Strafverfolgungsbehörden, an denen er angeblich beteiligt war, einschließlich der Folter von Verdächtigen während mehrerer hochkarätiger Fälle, zu veröffentlichen.
Subeliani behauptete angeblich, „Terabytes von belastenden Aufzeichnungen“ zu haben, welche im Fall ihrer Veröffentlichung öffentliche Proteste und den Untergang der georgischen Regierung (Georgischer Traum) auslösen würden.

Erklärung der Staatsanwaltschaft

Der Vorsitzende der Generalstaatsanwaltschaft Georgiens teilte in seiner Erklärung am 15. Oktober mit, dass ein Angestellter der Haftanstalt gezwungen worden sei, diese Audioaufnahmen zu machen. Der Gefängnismitarbeiter sei mit der Veröffentlichung seiner privaten Videos erpresst worden. Die georgische Generalstaatsanwaltschaft erklärte auch, dass sie eine Untersuchung bezüglich der Aufnahmen eingeleitet hatte, bevor sie vom oppositionellen TV-Sender veröffentlicht worden seien. Der Staatsanwaltschaft zufolge habe Rustavi-2 zwar drei Audioaufnahmen vom Gefängnismitarbeiter erhalten, die im Juli und Oktober aufgezeichnet worden seien, aber nur die letzte wurde veröffentlicht.

Ein Tag später, am 16. Oktober veröffentlichte die Staatsanwaltschaft die im Juli aufgenommene Aufzeichnung vom Gespräch zwischen Subeliani und Japaridse.  In der Aufnahme sagt Subeliani, dass er sich von der Regierung betrogen fühle und dass die Regierung die Vorwürfe gegen ihn unter dem politischen Druck verschärft habe. Er erzählte seinem Gesprächspartner, dass er bereit sei, über heikle Themen zu „lügen“, um die Regierung unter Druck zu setzen. Dann fährt er fort, alle Fälle aufzulisten, die in dem von Rustavi-2 veröffentlichten Band erwähnt wurden, und beschrieb diese als potenzielle Themen, über die er lügen würde, nur um die regierende Partei (Georgischer Traum) zu beschädigen.
 

Führende Mitglieder der „United National Movement Party“ (UNM) behaupteten, die neuen Bänder seien von der Staatsanwaltschaft inszeniert worden, um den erhobenen Rechtswidrigkeitsansprüchen zu widersprechen, die in den Originalen erwähnt werden. Am Montag, dem Tag bevor die Staatsanwaltschaft die neuesten Bänder veröffentlichte, warnte Rustavi 2 Direktor Nika Gvaramia die Öffentlichkeit, dass er Informationen erhalten habe, dass die Behörden Japaridze in die Haftanstalt von Subeliani „gebracht“ hätten, wo sie eine neue Unterhaltung inszenieren würden.

Reaktionen der Regierung und der Opposition

Der Parlamentspräsident Georgiens Irakli Kobakhidse kritisierte Rustavi-2 dafür, dass sich der Fernsehsender den „besten Praktiken der russischen Propaganda“ bediene und „eine Gehirnwäsche“ betreibe. Er sagte, dass sowohl die Subeliani- als auch die Omega-Aufnahmen zwei misslungene Inszenierungen seien. „Wenn Mirza Subeliani uns bedroht, werden wir keine Angst haben und unseren Prinzipien entsprechend handeln. Falls jemand ein Fehlverhalten begeht, verspreche ich, dass das Parlament unter keinen Umständen seine Augen davor verschließen werde“, so der Parlamentspräsident.

Abgeordnete Eka Beselia (GD) möchte lieber auf das Ergebnis der Untersuchung über die Echtheit und Legalität der Aufnahmen warten. Ihrer Meinung nach sollte man sich mit dem Inhalt der Aufzeichnungen erst nach Bestätigung ihrer Echtheit befassen.

Der Präsidentschaftskandidat der UNM-Koalition Grigol Vaschadse sagte, dass gemäß dem Inhalt der Aufnahme der Staat durch die „bewaffneten Verbrechereinheiten“ regiert werde. Laut ihm habe Iwanischwili das Land wieder in die Gesetzlosigkeit der 1990er Jahre zurückgebracht. „Ich appelliere an alle politischen Parteien und zivilgesellschaftlichen Organisationen, sich uns anzuschließen, weil die Oppositionskoalition seit dem ersten Tag des Wahlkampfs vorgezogene Parlamentswahlen und den Sieg bei den Präsidentschaftswahlen in der ersten Runde anstrebt. Andernfalls werden wir zu einem Land ohne Rechtsstaatlichkeit, in dem Institutionen und Verfassung nicht mehr existieren“, so Vaschadse.

Die Position eines anderen Präsidentschaftskandidaten von „European Georgia“, Davit Bakhradse, geht auch in gleiche Richtung: „Die Tonaufnahme bestätigt, dass wir keine Staatsanwaltschaft mehr haben, wir haben keine Ermittlungsbehörden mehr und Georgien hat sich in ein autoritäres Land verwandelt, das sich hinter der Fassade einer zusammenbrechenden Demokratie versteckt.“

Die von der regierenden Partei unterstütze Präsidentschaftskandidatin Salome Zurabischwili sagt, dass sie der Vorfall mit den Aufzeichnungen an die Sowjetzeiten der geheimen Aufnahmen erinnere. Sie brachte ihre Hoffnung zum Ausdruck, dass die Sowjetzeit während ihrer Präsidentschaft enden würde und dass man nicht mehr über die geheimen Aufnahmen zu kommunizieren hätte.

Bisher haben weder die Staatsanwaltschaft noch andere Regierungsvertreter eine Erklärung dazu gebracht, warum Japaridze, ein Abgeordneter der Regierungspartei, mit Subeliani über diese Probleme gesprochen hat.

 

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