TBC-Bank-Affäre zieht weite Kreise in Georgien
Am 4. März stellte sich einer der Mitgründer und bis vor kurzem der Vorstandsvorsitzende des Aufsichtsrates der georgischen TBC-Bank, Mamuka Khazaradze, den gegen die Bank erhobenen Vorwürfen vor dem Haushalts- und Finanzausschuss des georgischen Parlaments.
In seiner Rede ging er ausführlich auf die „Angriffe“ gegen die TBC-Bank von Seiten der Politik und der Behörden seit Juni 2018 ein. Er erwähnte außerdem einen angeblichen „Drohbrief“ vom Innenminister Georgiens, Giorgi Gakharia. Diesen soll Gakharia während der jüngsten Präsidentschaftswahlen an Khazaradze gesendet haben. Laut Khazaradze sei ihm mit der „Zerstörung des Rufs der Bank“ gedroht worden, sollten die im Brief erwähnten Anforderungen nicht erfüllt werden. Der ehemalige Vorstandsvorsitzende des Aufsichtsrates der TBC Bank teilte mit, dass er die Generalstaatsanwaltschaft über diesen Brief informiert hätte, diese habe jedoch keine Maßnahmen eingeleitet. Die georgische Generalstaatsanwaltschaft bestritt diese Information und erklärte, sie habe von Khazaradze keinen Brief erhalten. Doch der Banker beharrt auf seinen Behauptungen: „Ich habe eine Kopie des Briefs an die Staatsanwaltschaft übermittelt. Das Original wurde zur Expertenanalyse nach London geschickt“, sagte Khazaradze den Journalisten als er das Stadtgericht verließ. Dort wurde er am 5. März zu seinen Vorwürfen gegen den Innenminister vernommen.
Während der parlamentarischen Anhörung am 4. März beschuldigte Khazaradze auch die National Bank of Georgia (NBG), gegen die TBC-Bank politisch motivierte Geldbußen wegen eines angeblichen Verstoßes gegen Bestimmungen über Interessenskonflikte verhängt zu haben - zunächst über 10 000 Lari (3,700 US-Dollar) und dann über 1 Million Lari (375 000 US-Dollar). Khazaradze sagte vor den Mitgliedern des parlamentarischen Haushalts- und Finanzausschusses, dass der Chef der Nationalbank, Koba Gvenetadze, eine persönliche Untersuchung bezüglich der ersten Geldbuße abgewiesen und sich auf „Politiker“ bezogen hätte. „Da wurde mir klar, dass dieser Mann nicht unabhängig war, dass diese Behörde in ihren Entscheidungen nicht unabhängig war“, so Khazaradze. Er brachte darüber hinaus zum Ausdruck, dass der Chef der Nationalbank ihn sogar gebeten habe, die erste Geldstrafe vor Gericht anzufechten, was seiner Meinung nach darauf hindeutet, dass Gvenetadze „in einer hoffnungslosen Situation“ gewesen sei.
Reaktionen zu Khazaradzes Behauptungen
Der Innenminister Georgiens, Giorgi Gakharia, wies den Vorwurf, einen Drohbrief an den Mitgründer der TBC-Bank geschickt zu haben, zurück. Die Anschuldigungen Khazaradzes bezeichnete er als „Geschwätz“.
Die Oppositionspartei „European Georgia“ forderte die Einberufung einer Untersuchungskommission zur Klärung der Geldwäsche-Vorwürfe gegen die TBC-Bank. „Die TBC -Bank ist das führende Finanzinstitut dieses Landes, während der Tiefseehafen von Anaklia für die Wirtschaft und Sicherheit Georgiens von strategischer Bedeutung ist. Fragen von strategischer Bedeutung sollten von der Untersuchungskommission geprüft werden“, sagte einer der Anführer der Partei, Davit Bakradse.
Das Mitglied des georgischen Obersten Justizrates, Anna Doldize, sieht den Fall als „Bombenexplosion“ innerhalb der Regierungspartei Georgiens. Sie sagte, dass es kein vertrauenswürdiges, staatliches Institut gebe, um die Fragen der Bürger zu beantworten. „Weder die Staatsanwaltschaft noch das Gericht können diese Fragen beantworten. Es gibt auch Fragen hinsichtlich der Politisierung der Nationalbank“, sagte Dolidze. Auch sie schlug vor, eine parlamentarische Untersuchungskommission einzuberufen, um die Situation der Bank zu klären.
Am 5. März gaben über 15 georgische NGOs eine gemeinsame Erklärung heraus, in der es hieß, dass eine „informelle Gruppe“ die Macht in Georgien in ihren Händen konzentriert habe und diese zur Erfüllung von eigenen Interessen und Zielen nutze. Der Erklärung zufolge sei diese Tendenz mit den Prinzipien einer demokratischen Regierungsführung unvereinbar und stelle eine Gefahr für die verfassungsmäßige Ordnung dar. Die NGOs drückten die Hoffnung aus, dass die Strafverfolgungsbehörden die Bemerkungen von Khazaradze „angemessen und unparteiisch“ untersuchen werden, und forderten das Parlament auf, darauf angemessen zu reagieren. „Wir fordern das Parlament auf, eine Untersuchungskommission einzusetzen, die das Thema auf öffentlichen Sitzungen umfassend untersuchen wird“, hieß es im gemeinsamen Statement.
Die UN-Koordinatorin in Georgien, Louisa Vinton, bezeichnete den Fall der TBC-Bank als einen Test für das georgische Justizsystem und für das Geschäftsumfeld des Landes. „Wir erwarten, dass der Prozess transparent und zuverlässig verläuft. Dies ist wichtig, da die Georgier sorgfältig daran gearbeitet haben, ein solches Geschäftsumfeld zu schaffen“, so Vinton.
Die Generalstaatsanwaltschaft Georgiens erklärte am 9. Januar 2019, dass sie eine Untersuchung gegen die TBC-Bank wegen möglicher Geldwäsche und „anderer unerlaubter Handlungen“ eingeleitet habe. „Wir haben die Ermittlungen zur möglichen Geldwäsche am 2. August 2018 begonnen. Der Fall betrifft die Entwicklungen im Jahr 2008, als LTD Samgori M und LTD Samgori Trade von der Bank ein Darlehen in Höhe von 17 Millionen US-Dollar in kürzester Zeit ohne Bereitstellung von Immobilien erhielten“, hieß es in der Erklärung der Staatsanwaltschaft.
Dem Statement zufolge hätten der Mitgründer der TBC-Bank, Mamuka Khazaradze, und ein anderer Vertreter der Bank, Badri Japaridze, zu dem Zeitpunkt als das Geld auf die Konten der Unternehmen eingezahlt worden war denselben Kreditbetrag als Privatpersonen von der TBC-Bank erhalten. Des Weiteren erklärte die Staatsanwaltschaft, die Bank habe Ende 2008 die Schulden der Unternehmen ohne Angabe von Gründen abgeschrieben und die Unternehmen 2012 vollständig von jeglichen finanziellen Verpflichtungen gegenüber der Bank befreit.
Am 13. Februar forderte die georgische Nationalbank den Rücktritt des Vorstandsvorsitzenden der TBC-Bank. Eine Woche später, am 21. Februar, erklärte Khazaradze seinen Rücktritt aus dem Aufsichtsrat der Bank. Diese Entscheidung sei getroffen worden, um negative Auswirkungen auf das Investitionsklima im Lande zu vermeiden, sagte Khazaradze.