Wahlkampf in Armenien gestartet
Am 7. Juni startete in Armenien der Wahlkampf für die vorgezogenen Parlamentswahlen. Der Wahlkampf wird bis zum 18. Juni andauern.
„Heute wurde in Armenien offiziell die Kampagne für die vorgezogenen Parlamentswahlen gestartet. Diese Wahlen finden unter ganz schwierigen und krisenhaften Bedingungen statt, unser Volk und unser Staat durchleben schwierige Prüfungen. Ich appelliere an alle Parteien und Bündnisse, die an den Wahlen teilnehmen, sich so gut wie möglich zu verhalten, Wähler und Gegner zu respektieren, Besonnenheit und Toleranz zu zeigen und den Wahlprozess in einer Atmosphäre zivilisierter politischer Kultur abzuhalten. Ich schlage allen politischen Kräften vor, die Krise durch ihre Aktivitäten, ihr Verhalten und ihre Rede nicht zu vertiefen, die Grenzen der Moral nicht zu überschreiten, keine unehrlichen Propagandatechniken zu verwenden und unseren nationalen Werten und unserem gemeinsamen Ziel verpflichtet zu bleiben“, erklärte der Präsident des Landes Armen Sarkisian bei der Gelegenheit.
Die regierende Zivilvertragspartei unter der Leitung des Premierministers Armeniens Nikol Paschinjan hat ihre Kampagne in der Provinz Armawir gestartet. In seiner Rede sprach Paschinjan die Themen Wirtschaft, Bildung und Militärreformen an. „Wir müssen von Ihnen die Vollmacht erhalten, das Samt-Mandat (Anspielung auf die sog. Samtene Revolution - Anm. d. Red.) durch ein Stahl-Mandat zu ersetzen und das Rückgrat unseres Landes durch dieses Stahl-Mandat zu stärken“, sagte Paschinjan.
Er betonte, dass das Land in wirtschaftlicher Hinsicht während seiner Amtszeit prosperiere. „Wir haben beschlossen, das System der Einkommen- und Gewinnsteuer zu reformieren. Wir haben den dreistufigen Einkommensteuersatz angepasst, einheitlich 23% festgelegt und werden laut Beschluss bis 2023 20% Einkommensteuer haben“, sagte Paschinjan. Ihm zufolge hat das Land im Vergleich zu 2018 85.000 mehr Arbeitsplätze registriert. „Nach dieser Entscheidung haben wir in Armenien absolute historische Rekorde für die Zahl der registrierten Arbeitsplätze in den Jahren 2018, 2019 und 2020 aufgestellt. Im September, vor dem Krieg, war dies ein absoluter Allzeitrekord“, fügte er hinzu. Er sagte auch, dass Armenien ein Paradies für Unternehmen geworden sei.
In Sachen Bildung versprach Paschinjan, in den nächsten fünf Jahren in Armenien mindestens 300 Kindergärten und 300 Schulen zu bauen. In militärischen Fragen betonte Paschinjan die Notwendigkeit, eine Berufsarmee im Land aufzubauen. Er sagte auch, dass 75-80% der Waffenkäufe für die Armee während seiner Amtszeit getätigt wurden.
Die von Robert Kotscharjan geführte Allianz „Armenien“ startete ihre Kampagne in der Provinz Syunik. Vor Beginn der Kampagne eröffnete der Block von Kotscharjan etwa 800 Wahlkampfbüros im ganzen Land. In seiner Rede sprach Kotscharjan eine Vielzahl von Themen an, darunter den Transportkorridor durch Syunik, Bergkarabach, wirtschaftliche Fragen und die Abwanderung aus dem Land sowie Sicherheitsfragen.
„Wir unterstützen die Wiedereröffnung der Verkehrskommunikation in der Region. Es wäre nicht normal, wenn wir sagen, dass wir gegen den Bahnbetrieb sind. Aber ich mache mir große Sorgen um das Wort ‘Korridor’, da ich weiß, was Aserbaidschan unter ‘Korridor’ versteht und ich weiß, was die Türkei darunter versteht.... Erst sagen sie ‘Korridor’, dann wollen sie etwas mehr, dann wieder etwas mehr, dann haben wir ernsthafte Sicherheitsprobleme für die Bewohner dieser Region“, sagte Kotscharjan.
In Bezug auf Bergkarabach erklärte Kotscharjan, dass während seiner Präsidentschaft alles getan wurde, um eine „asymmetrische Konföderation“ mit den de-facto-Behörden in Bergkarabach aufzubauen und wenn er an der Macht geblieben wäre, wären die Verhandlungen mit Aserbaidschan auf dem Territorium um 30 weitere Jahre in die Länge gezogen worden. „Die richtigen Verhandlungen hätten Ihnen Hoffnung gelassen, denn sonst hätte es keinen anderen Weg gegeben als den Krieg. Was haben die derzeitigen [armenischen] Behörden getan? Sie brachten die Verhandlungen ins Stocken. Sie sprachen heute über eine Sache – dann morgen über eine Andere. Sie belogen alle. Sie schufen eine Situation, in der weder Aserbaidschan noch die Vermittler verstanden, was sie wollten. Dann verkündeten sie: ‘Bergkarabach ist Armenien – Punkt!’ Dann sagten sie, sie seien nicht an den Verhandlungen interessiert, sie hätten alles bereits entschieden und wären nur an der Sicherheit interessiert; das sagte auch der amtierende [de-facto] Präsident von Bergkarabach [Arayik Harutunyan]; populistische Aussagen. Sie fingen an, über große Projekte, Straßen und Wohnungen im Süden zu sprechen. Sie hielten die Amtseinführung des Präsidenten von Bergkarabach in Shusha ab; das ist für sie [Aserbaidschan] ein ebenso sensibles Thema wie für uns. Sie setzten ihre nationale Würde unter Druck. Sie haben alles getan, um den Krieg unvermeidlich zu machen und sie haben alles getan, um den Krieg zu verlieren“, unterstrich Kotscharjan.
In Bezug auf wirtschaftliche Fragen betonte Kotscharjan, dass ein starker Rückgang der Wirtschaft, Arbeitslosigkeit, ein starkes Wachstum der Armut und ein alarmierender Anstieg der Auswanderung zu verzeichnen sind. „Achtzigtausend Menschen haben in vier Monaten Armenien verlassen – das ist die negative Bilanz unserer Migration. In Armenien gab es in den letzten 25 Jahren keine solchen Zahlen. Das ist ein Alarmzeichen, dass wir etwas tun sollten“, betonte er. In Syunik sprach er auch die Frage der Außenwirtschaftszone mit dem Iran an. „Die Außenwirtschaftszone steht auf dem Papier aber es gibt keine Maßnahmen. Wir müssen darüber nachdenken, was wir tun können, um sicherzustellen, dass die Dinge vorankommen. Ich verstehe immer noch nicht ganz, warum es nicht geklappt hat. Wir müssen dieses Thema eingehender untersuchen“, sagte Kotscharjan.
In Sicherheitsfragen betonte Kotscharjan, Armenien solle mit Hilfe Russlands seinen „Partnerstatus“ und seine Armee wiederherstellen und als Partner wertvoll werden. „Wir wurden als das Land mit der effizientesten Armee in der Region behandelt. Wir haben diesen Status verloren und sie sehen uns nun anders, egal wie sehr wir versuchen, dies nicht anzuerkennen. Es geht nicht nur um den Verlust von Waffen und Ausrüstung im Wert von etwa drei Milliarden US-Dollar, ganz zu schweigen von dem Verlust von Menschenleben. Der verlorene Status wird als gleichwertig schwer angesehen. Wenn wir unseren Status nicht wiederherstellen, bleiben wir auf den Knien“, fügte er hinzu.
Die von Arthur Wanezjan angeführte Allianz „Mit Ehre“ startete ihre Kampagne in der Provinz Tavush. „Wir wollen keinen Krieg und provozieren auch keinen Krieg aber wir sagen, dass wir nicht vor dem Feind knien werden“, sagte Wanezjan. „Wenn der Feind gekommen ist, um uns zu töten, müssen wir ihn zuerst töten. Das Verhalten der Aserbaidschaner, Türken nach dem jüngsten Krieg hat eine einfache Sache gezeigt – der türkische Yataghan von 1915 wurde durch einen Bayraktar im Jahr 2020 ersetzt“, fügte er hinzu.
Die Kampagne des Wohlhabenden Armeniens begann in der Stadt Abovyan in der Provinz Kotayk. Der Parteichef Gagik Zarukjan betonte die Sicherheit des Landes als Hauptthema, gefolgt von Bildung. „Die Leute sind angespannt, unruhig und besorgt. Und ich war der Erste, der sagte, dass die Sicherheit unseres Landes, unseres Staates, unseres Volkes das wichtigste Thema ist. Nur Russland kann die Sicherheit unseres Landes gewährleisten. Mit Russland muss ein neues politisch-militärisches Dokument unterzeichnet werden, damit wir die Sicherheit unseres Landes gewährleisten können und erst dann werden wir zu anderen Schritten übergehen“, sagte er. Tsarukyan versprach, dass er im Falle eines Wahlsiegs die Bildung erschwinglicher machen und die Qualität des Unterrichts erhöhen würde sowie der Jugend des Landes Wohnungen ohne Anzahlung und Zinsen zur Verfügung stellen würde.
Die von Edmon Marukjan angeführte Partei Helles Armenien startete ihre Kampagne in Eriwan. Marukjan sagte, die Hauptbotschaft seiner Partei sei, innenpolitische Versöhnung, Frieden, Solidarität und Einheit im Land zu schaffen. „Wir werden nicht aufhören, wir werden alles tun, damit die nationale Zustimmung und Einheit gewinnt, denn wenn die Einheit nicht gewinnt, wird der Feind uns besiegen. Für uns ist der 20. Juni die Linie, nach der die Einheit im Land wiederhergestellt werden muss“, sagte er. Er betonte auch, dass seine Partei die Wahlen mit Hilfe der 40% unentschlossenen Wähler im Land gewinnen könnte.