Konvention zum rechtlichen Status des Kaspischen Meers

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Am 12. August unterzeichneten die Staatschefs der fünf kaspischen Anrainerstaaten – Aserbaidschan, Iran, Kasachstan, Russland und Turkmenistan –  eine über 20 Jahre erarbeitete Konvention über den rechtlichen Status des Kaspischen Beckens in der kasachischen Küstenstadt Aktau.

Das Kaspische Becken werde den erzielten Vereinbarungen zufolge weder als Meer noch als See betrachtet, sondern es werde einen gesonderten rechtlichen Status genießen. Aus diesem Grund seien weder das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen noch die Prinzipien der Aufteilung der grenzüberschreitenden Seen anwendbar. Der neuen Vereinbarung zufolge wollen die fünf Anrainerstaaten die Oberfläche des Gewässers fortan einem See gleichgestellt behandeln. Das bedeutet, dass alle Anrainerstaaten freie Navigation fernab der 15-Seemeilen-Territorialgewässergrenze und der zusätzlichen Zehn-Meilen-Fischereigrenze genießen.

Allerdings blieb eine der zentralen Fragen hinsichtlich der Aufteilung des Meeresbodens offen. „In der Konvention über den rechtlichen Status des Kaspischen Meeres wird die Aufteilung des Bodens und des Untergrunds noch nicht definiert“, sagte der iranische Präsident Hassan Ruhani. Darüber müsse weiter verhandelt werden. Die Aufteilung des Meeresbodens ist wirtschaftlich entscheidend für die Ausbeutung der großen Mengen an Öl und Gas, die unter dem Kaspischen Meer lagern. Die Erdölvorkommen in der Region werden auf 50 Milliarden Barrel Rohöl geschätzt, die Erdgasreserven auf 300 Billionen Kubikmeter.

Die Realisierung der Transkaspischen Pipeline

Mit der Unterzeichnung der Konvention soll die Verwirklichung der Transkaspischen Pipeline neuen Schwung bekommen. Laut dem Abkommen dürfen nur jene Staaten Mitspracherecht beim Bau von Unterwasser-Pipelines haben, durch deren Territorium diese Pipelines führen. Im Dokument wird jedoch auf die Einhaltung der internationalen Umweltstandards als zwingende Voraussetzung hingewiesen. Der russische Diplomat Igor Bratchikov bekräftigte, dass nach dem Artikel 14 der neuen Konvention das Bauvorhaben der neuen Pipeline im Kaspischen Meer den internationalen Umweltanforderungen und Standards entsprechen müssen. Diese würden durch das Rahmenübereinkommen zum Schutz der Meeresumwelt des Kaspischen Meeres und der dazugehörigen Protokolle geregelt. Diese Protokolle sichern allen Anrainerstaaten das Recht zu, an einer umfassenden Umweltverträglichkeitsprüfung von Meeresaktivitäten teilzunehmen, die möglicherweise die Ökologie des Kaspischen Meeres beeinflussen könnten, so Bratchikov.

Bisher haben Russland und der Iran das Projekt der Transkaspischen Pipeline, das Lieferung von turkmenischem Gas nach Europa vorsieht, stets blockiert. Der Politologe aus Kasachstan, Dosim Satpaew, warf Russland in dieser Hinsicht die Anwendung von doppelten Standards vor. „Es ist interessant, dass Russland weder bei der Verlegung des „Nord Stream“ entlang des baltischen Meeresbodens, noch bei dem Bau des „Türkischen Streams“ unter dem Schwarzen Meer mit den baltischen oder Schwarzmeerländern über die möglichen Auswirkungen dieser Projekte auf die Umwelt verhandelt habe, obwohl sich viele Länder des Baltikums und des Schwarzen Meeres zu den Fragen der Umweltsicherheit [besorgt] geäußert hatten“, so der Politologe. Der Leiter des Instituts für Nachhaltige Entwicklung, das bei der aserbaidschanischen Akademie für Öffentliche Verwaltung angesiedelt ist, Professor Chingiz Ismailow, wies in einem Interview darauf hin, dass die Möglichkeit auf Verlegung von Unterwasser-Pipelines im Kaspischen Meers im Interesse von allen Anrainerstaaten sein könnte. Denn die Transkaspische Gaspipeline biete angesichts der immer schärfer werdenden US-Sanktionen gegen Russland und den Iran eine „interessante Gelegenheit“, diese beiden Länder an die Pipeline anzuschließen, so Ismailow. Dies dürfte Moskau und Teheran helfen, einige mit den Sanktionen verbundene wirtschaftliche Probleme zu lösen.

Ein weiterer wichtiger Inhaltspunkt der Aktau-Konvention besteht darin, dass mit ihrer Unterzeichnung die Möglichkeit der militärischen Präsenz von außerregionalen Akteuren im Kaspischen Meer praktisch ausgeschlossen wurde. Nur das Militär der fünf Anrainerstaaten dürfte dort präsent sein. Dies sei vor allem für Russland und den Iran ein wichtiges Anliegen gewesen. Denn Moskau betrachtet weite Teile der Region als seine traditionelle Einflusszone, während sich die iranische Außenpolitik grundsätzlich gegen die Präsenz von außerregionalen Akteuren im kaspischen Raum richtet.

 

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