Diplomatischer Schlagabtausch zwischen Baku und Jerewan
Die Äußerungen des armenischen Premierministers in Bezug auf den Bergkarabach-Konflikt am Rande seiner Reise nach Russland stießen auf scharfe Reaktionen von der aserbaidschanischen Seite. Am 8. September, bei einem Treffen mit armenischen Geschäftsleuten in Moskau, sagte Paschinjan, dass er Bergkarabach als „Teil Armeniens“ betrachte. Und im Interview für „Kommersant“ erklärte der armenische Regierungschef, dass auch die besetzten aserbaidschanischen Gebiete um die Enklave herum „verfassungsgemäß der Republik von Bergkarabach“ angehören. Er warf Aserbaidschan vor, kriegerische Rhetorik zu verwenden, was seiner Meinung nach jegliche Kompromisse seitens Armeniens unmöglich mache, da diese als Zeichen der Schwäche empfunden werden würden. Außerdem wiederholte der armenische Regierungschef erneut seine Forderung nach der Miteinbeziehung der nicht anerkannten Bergkarabach-Republik in den Verhandlungsprozess.
Das aserbaidschanische Außenministerium bezeichnete diese Darlegung des armenischen Premierministers als „völlige Missachtung von völkerrechtlichen Normen und Prinzipien sowie den entsprechenden Resolutionen des UN-Sicherheitsrates zum Bergkarabach-Konflikt“. Dadurch zeige Armenien auf der Ebene des Regierungschefs, dass seine wahren Absichten „nicht eine Lösung durch Verhandlung, sondern Fortsetzung der illegalen Besetzung der aserbaidschanischen Gebiete“ sei, so der Pressesprecher des Ministeriums.
Auch der Staatspräsident Aserbaidschans, Ilham Alijew, äußerte sich zu diesem Thema bei seinem Treffen mit dem OSZE Generalsekretär, Thomas Greminger, am 12. September. Paschinjans widersprüchliche Äußerungen sorgten für Überraschung, sagte Alijew. In Baku bekomme man den Eindruck, dass Paschinjan mit allen Mitteln den Friedensprozess zu torpedieren versuche. In diesem Fall werde die ganze Verantwortung auf der armenischen Seite und persönlich auf Paschinjan liegen, so das aserbaidschanische Staatsoberhaupt. Alijew schloss jegliche Verhandlungen mit der nicht anerkannten Bergkarabach-Republik aus. Er kritisierte auch Paschinjans Darstellung der besetzten aserbaidschanischen Gebiete um die Enklave herum als einen Teil der „Republik von Bergkarabach“. In diesem Zusammenhang forderte Alijew die OSZE auf, auf „solche gefährliche Aussagen“ zu reagieren.
Die Region Bergkarabach gehört völkerrechtlich zu Aserbaidschan, jedoch wird sie von Armenien, das sich als Schutzmacht für die Karabach-Armenier sieht, militärisch besetzt. Infolge des Krieges zwischen Armenien und Aserbaidschan in den 90-er Jahren des letzten Jahrhunderts wurde die aserbaidschanische Bevölkerung aus Bergkarabach und sieben weiteren Provinzen, die ebenso unter armenische Kontrole gerieten, vertrieben.
Aktuell werden die besetzten Gebiete fast ausschließlich von Armeniern bewohnt. Die Minsker Gruppe der OSZE unter dem Ko-Vorsitz Russlands, Frankreichs und der USA, vermittelt seit 1994 bei der Suche nach einer friedlichen Lösung des Konflikts, ein Erfolg steht bisher aus.
Das letzte Treffen zwischen den Außenministern Armeniens und Aserbaidschans fand am 11. Juni unter Beteiligung der Ko-Vorsitzenden der OSZE Minsk-Gruppe statt. Im Herbst 2018 ist das nächste Treffen zwischen den Außenministern am Rande der UN-Generalversammlung geplant.