Hintergründe und Perspektive der jüngsten Proteste in Georgien

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Tausende von Menschen versammelten sich am 31. Mai nach der Bekanntgabe eines Gerichtsurteils über den Mord an zwei Minderjährigen im Zentrum der Hauptstadt Tiflis zu einer Protestkundgebung. Die Demonstranten forderten die Bestrafung der Mörder und den Rücktritt des Ministerpräsidenten des Landes.

Von Anfang an erklärten unterschiedliche politische Gruppen ihre Solidarität mit den Demonstranten. Am 2. Juni erklärte einer der Organisatoren, Zviad Kuprawa, Aktivist der ehemaligen Regierungspartei United National Movement (UNM), dass er seinen Kampf gegen das „Regime“ mit seinen Anhängern und anderen Oppositionsparteien fortsetzen werde. Kuprawa sagte sogar, die bislang stattgefundenen Kundgebungen in Georgien seien der Vorbote einer „samtene Revolution“. Die Kundgebung wurde noch politischer, als Zaza Saralidse, der Vater des ermordeten Jugendlichen, alle politischen Parteien dazu aufforderte, sich ihm anzuschließen und das „ganze System“ zu zerstören. „Heute wurde mir klar, dass die Regierung Druck auf uns ausübte ... und versuchte, die friedlichen Kundgebungen zu Gewaltakten zu provozieren ... Ich habe eine Entscheidung getroffen und ich rufe alle politischen Parteien dazu auf, ihre Kräfte zu vereinen, um dieses System ein für alle Mal zu zerstören“.

Laut einer Pressemeldung in Radio Liberty Georgia beschränkten sich die Proteste nicht nur auf Tiflis. Auch in anderen Städten, einschließlich Gori, sei protestiert worden. Jedoch hätten sich nicht alle Oppositionsparteien den Kundgebungen angeschlossen. Die Vorsitzende der Demokratischen Partei, Nino Burjanadse, sagte, ihre Partei beabsichtige nicht, die Protestbewegung für sich politisch zu vereinnahmen. „Wir möchten diesen Prozess nicht für eigene politische Interessen nutzen“, so Burdschanadse.

„Voice of America“ befragte georgische Politikexperten zu den aktuellen Ereignissen im Land. Laut dem Politologen Gija Chuchaschwili spiegele die komplexe Situation die ernsthaften Probleme des Verwaltungssystems in Georgien wider. „Die institutionelle Ordnung in Georgien ist gestört – keine der Herausforderungen im Bereich der Wirtschaft, im sozialen sowie im Justizbereich sind angegangen worden. Obwohl die makroökonomischen Indikatoren gut sind, füllt das nicht die leeren Kühlschränke der Menschen“, so der Experte. Chuchaschwili verwies auf die Umfragen von NDI und IRI, die auf einen Vertrauensverlust der Bürger gegenüber den staatlichen Institutionen hindeuteten. Die Proteststimmung in Georgien wachse, glaubt der Politologe. Allerdings bleibt die Regierungspartei mit aktuellen Umfragewerten von 27 Prozent nach wie vor die stärkste politische Kraft im Lande, gefolgt von der Oppositionspartei von Saakaschwili (17 Prozent). Die Popularität der Regierungspartei erklärt der Experte mit dem Fehlen eines alternativen politischen Gegengewichts.

Ein weiterer Experte, Niko Toidse, sieht den Ausweg aus der Krise in echten Reformen – vor allem im Innenministerium, in der Staatsanwaltschaft und in der Justiz. In diesen Bereichen habe keine der georgischen Regierungen bisher international akzeptable Standards erreichen können. Vielmehr hätten sich sämtliche Regierungen Veränderungen in diesen Institutionen widersetzt und versucht, diese zu eigenen Zwecken zu missbrauchen. Allerdings verfüge die Protestbewegung über keine wesentlichen Ressourcen für ein weiteres Wachstum, da Forderungen nach dem Rücktritt der Regierung von politischen Kräften formuliert würden, die nicht das Vertrauen der breiten Bevölkerungsschichten genössen, glaubt Toidse.

Die Proteste wurden nach dem Treffen zwischen deren Organisatoren und dem georgischen Premierminister vorerst eingestellt. Dennoch versprach Saralidse, radikale Schritte zu unternehmen, falls ihre Forderungen nicht bis zum 10. Juni erfüllt würden.

 

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