Neue Studie zu den Ansichten der Bevölkerung zum Bergkarabachkonflikt

Der Bergkarabachkonflikt habe das Leben der Menschen in der Region so stark beeinflusst, dass er zu einem integralen Bestandteil ihrer Identität geworden sei. Zu diesem Ergebnis kommt ein Forschungsbericht der internationalen NGO „International Alert“, der sich auf eine Umfrage unter 100 Teilnehmern aus Armenien, Aserbaidschan und dem Konfliktgebiet Bergkarabach stützt. Die Befragungen wurden unter den Bewohnern ländlicher, städtischer und urbaner Gebiete sowie unter den in der Nähe der Front lebenden Personen und unter Binnenvertriebenen durchgeführt.

Die Studienergebnisse deuten darauf hin, dass die Menschen nach einiger Zeit den Konflikt als „normal“ zu empfinden begannen. Laut den Autoren des Berichts könnte dieser Umstand die Lösung des Konflikts erschweren.

Ein bemerkenswertes Ergebnis der Studie zeigt, dass Menschen, deren Leben stärker vom Konflikt betroffen ist, eher eine friedliche Lösung bevorzugen. Zu dieser Kategorie gehören Personen, die in der Nähe der Kontaktlinie oder an der Grenze von Konfliktparteien leben, direkte Konfliktbeteiligte oder Zeugen von Tod und Zerstörung (medizinisches Personal und ehemalige Kombattanten) waren. Auch junge Leute im wehrpflichtigen Alter sind friedlicher eingestellt. Im Fall von Armenien und Aserbaidschan nehmen die patriotischen Gefühle unter den Befragten mit der geographischen Entfernung von der Front zu.

„Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass das friedenserhaltende Potenzial, welches bei der unmittelbar mit dem Krieg konfrontierten Bevölkerung besteht, und die Erfahrung des Zusammenlebens mit Vertretern der anderen Seite genutzt werden müssen. Diese Menschen sind sich der Bedeutung der Lösung des Konflikts bewusst und können praktische Schritte zur Förderung von Friedensinitiativen unternehmen“, sagte Carey Cavanaugh, Vorsitzender des Board of Trustees von International Alert und ehemaliger Ko-Vorsitzender der OSZE Minsk-Gruppe.

Den Befragten zufolge sei der Konflikt zu groß, um alleine von den Bevölkerungen gelöst zu werden. Viele glauben, dass diese Aufgabe an die Behörden oder externe Akteure wie die Minsk-Gruppe der OSZE, die Vereinigten Staaten oder Russland übertragen werden sollte. Die Verfasser des Berichts betonen gleichzeitig, dass das Vertrauen der Befragten in diese Akteure gering sei.

Der Bericht “Vision of Peace: An Analysis of Views on the Nagorno-Karabakh Conflict” wurde am 17. Oktober veröffentlicht. Die Studie wurde im Rahmen der EU-Initiative „European partnership for the peaceful settlement of the Nagorno-Karabakh conflict“ durchgeführt.

Das Projekt „Vision of Peace“ ist die umfassendste vergleichbare Forschung seit dem „Aprilkrieg“ 2016 – den schwersten Kämpfen in Bergkarabach seit der Unterzeichnung des Waffenstillstandabkommens von 1994.

 

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