Nikol Paschinjan besucht Berlin
Armenischer Premierminister trifft Bundeskanzler Scholz
Der armenische Premierminister Nikol Paschinjan und der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz trafen sich am 2. März in Berlin. Im Anschluss an das bilaterale Gespräch fand eine Pressekonferenz statt.
Bundeskanzler Olaf Scholz zeigte sich besorgt über die Instabilität an der armenisch-aserbaidschanischen Grenze und die sich verschlechternde humanitäre Lage in Bergkarabach. Er betonte, dass der Status-Quo nicht fortbestehen könne und eine langfristige Lösung von beiden Seiten Schritt für Schritt erreicht werden müsse.
Der Bundeskanzler gab eine bemerkenswerte Erklärung ab, in der er sagte, dass eine friedliche Lösung unter dem Gesichtspunkt der territorialen Integrität Armeniens und Aserbaidschans sowie des Selbstbestimmungsrechts der Bürger Bergkarabachs notwendig sei. Dieser Teil der Erklärung wurde jedoch später von der Website der deutschen Bundesregierung gelöscht.
Der armenische Premierminister Paschinjan bezeichnete die Rolle der EU-Beobachtungsmission an der armenisch-aserbaidschanischen Grenze als entscheidend für die Gewährleistung der regionalen Sicherheit und Stabilität. Er dankte allen EU-Mitgliedsstaaten, darunter auch Deutschland, dafür, dass sie der Bitte Armeniens nachgekommen sind und eine neue, langfristige Mission entsenden.
Später traf der armenische Premierminister mit dem deutschen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier zusammen. Nikol Paschinjan und Frank-Walter Steinmeier erörterten verschiedene Fragen der bilateralen Zusammenarbeit. Dabei wurde der Ausbau der Zusammenarbeit im politischen und wirtschaftlichen Bereich angesprochen. Der deutsche Bundespräsident bekundete seine Bereitschaft, zur Stärkung der bilateralen Beziehungen beizutragen und betonte die Bedeutung von Reformen zur Entwicklung der Demokratie in Armenien.
Nikol Paschinjan redete im Deutschen Bundestag auch über die regionale Situation. Er verwies auf die humanitäre Krise in Bergkarabach und forderte eine angemessene internationale Reaktion. Paschinjan zeigte sich sehr besorgt über die Situation und fügte hinzu: "Dies ist nur der Anfang einer Eskalation in Bergkarabach, vielleicht auch entlang der armenisch-aserbaidschanischen Grenze. Die Blockade des Latschin-Korridors, die so genannte ‘West-Aserbaidschan’-Initiative, ist eine Vorbereitung für eine groß angelegte Aggression gegen Armenien."
Zu den Behauptungen über den "Zangezur-Korridor" führte Paschinjan aus: "Es ist richtig, dass Armenien eine Verbindung zwischen den westlichen Regionen Aserbaidschans und der Autonomen Republik Nachitschewan herstellen sollte, aber es ist nicht richtig, dass diese Routen außerhalb der Kontrolle Armeniens liegen sollten. Diese Route sollte im Zusammenhang mit der Öffnung von Straßen und Eisenbahnen in unserer Region stehen. Armenien ist schon heute bereit, alle Verkehrsverbindungen zu öffnen. Aber jedes Mal, wenn wir dies versuchen, sagt Aserbaidschan, dass diese Strecken nicht unter der Kontrolle und Gesetzgebung Armeniens stehen sollten, was für uns völlig inakzeptabel ist."
Paschinjan schloss seine Rede mit der Betonung seines Engagements für die Friedensagenda und die Demokratie.
Im Rahmen seines Arbeitsbesuchs in Deutschland traf sich der armenische Premierminister mit Vertretern des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft und führenden deutschen Unternehmen. Dabei wurden Fragen im Zusammenhang mit der Vertiefung der armenisch-deutschen Handels- und Wirtschaftskooperation erörtert. Paschinjan stellte die Maßnahmen der armenischen Regierung zur Verbesserung der Steuer- und Zollverwaltung sowie des Geschäftsumfelds vor. Er brachte die Bereitschaft der Regierung zum Ausdruck, das Engagement deutscher und europäischer Unternehmen in Armenien auszuweiten, und fügte hinzu, dass in Armenien groß angelegte Projekte in den Bereichen Straßenbau, Verbesserung der Infrastruktur und in verschiedenen anderen Bereichen durchgeführt werden, die ein großes Potenzial und viele Möglichkeiten für eine Zusammenarbeit bieten.
Paschinjan fasst seinen Besuch in Deutschland zusammen
Zum Abschluss seines zweitägigen Arbeitsbesuchs in Berlin traf sich der armenische Premierminister Nikol Paschinjan mit Vertretern der armenischen Gemeinde vor Ort, berichtet die Pressestelle des Premierministers.
Paschinjan stellte fest, dass der Besuch insgesamt produktiv war. Obwohl er es vermied, voreilige Schlussfolgerungen zu ziehen, stellte er klar, dass sich die Wahrnehmung Armeniens in der Europäischen Union deutlich verändert habe. Der armenische Premierminister wies jedoch darauf hin, dass Armenien inmitten der aktuellen tektonischen Verschiebungen in der geopolitischen Landschaft sein sehr gefährliches und fragiles Sicherheitsumfeld weiterhin im Griff haben muss.
"Der Frieden, den andere wollen, stimmt nicht mit dem Frieden überein, den wir wollen, und der ganze Zweck und das Wesen des diplomatischen Prozesses sollte darauf ausgerichtet sein", betonte Paschinjan.
Der armenische Premierminister schloss seine Ausführungen mit dem Hinweis, dass die internationale Aufmerksamkeit, die Armenien und der Region zuteil wird, ein Zeichen dafür ist, dass es möglich ist, dauerhafte Lösungen und einen langfristigen Frieden zu erreichen.