Südkaukasus-Länder im World Press Freedom Index 2020

Am 21. April veröffentlichten Reporter ohne Grenzen ihre Rangliste der Pressefreiheit für das Jahr 2020, in der die Situation für Journalisten jedes Jahr in 180 Ländern und Territorien bewertet wird. Armenien belegte in der diesjährigen Ausgabe den 61. Platz, Aserbaidschan den 168. und Georgien den 60. Platz. 

In dem Bericht heißt es, dass das kommende Jahrzehnt für die Zukunft des Journalismus entscheidend sein wird, wobei die Covid-19-Pandemie die vielen Krisen hervorhebt und verstärkt, die das Recht auf frei berichtete, unabhängige, vielfältige und verlässliche Informationen bedrohen. In dem Bericht wurden die regionalen Trends in Bezug auf die Medienfreiheit hervorgehoben und dargelegt, dass Europa weiterhin der vorzugshafteste Kontinent für die Medienfreiheit ist, gefolgt von Amerika und Afrika. In der Region Asien-Pazifik nahmen die Verstöße gegen die Pressefreiheit am stärksten zu. Die Region Osteuropa / Zentralasien (in der sich die Länder des Südkaukasus befinden) behielt ihren vorletzten Platz in der regionalen Rangliste, während der Nahe Osten und Nordafrika weiterhin die gefährlichste Region der Welt für Journalisten sind.

Die Position Armeniens blieb im Vergleich zum Jahr 2019 unverändert. In dem Bericht wurde hervorgehoben, dass die Medienvielfalt im Land gewachsen ist, aber die Regierung, die aus der „Samtenen Revolution“ hervorgegangen ist, hat die Polarisierung der Medien bisher nicht verringert. Die redaktionellen Richtlinien der wichtigsten Fernsehsender stimmen mit den Interessen ihrer Eigentümer überein. Journalistische Unabhängigkeit und transparente Medienverantwortung sind noch lange nicht erreicht. Es besteht Besorgnis über das Volumen der Gerichtsverfahren gegen Journalisten und über Exzesse im Kampf gegen Fake News. Die Beteiligung der Sicherheitsdienste an der Bekämpfung der Desinformation, gefolgt von Verhaftungen von Nutzern sozialer Medien und Versuchen, den Journalismus ohne vorherige Diskussion mit der Zivilgesellschaft und Journalisten gesetzlich zu regeln, sind alarmierend. Der investigative Journalismus blüht jedoch online und ist gut aufgestellt, um eine wichtige Rolle in einer nationalen Offensive gegen Korruption zu spielen.

Aserbaidschan verlor im Vergleich zum Jahr 2019 zwei Punkte. Die ROG stellte fest, dass unabhängige Journalisten und Blogger aus absurden Gründen inhaftiert werden, wenn sie nicht zuerst Belästigungen, Erpressungen oder Bestechungen im Land nachgeben. Ende 2019 wurden Hoffnungen geweckt, dass mit der Entlassung des Präsidentenberaters Ali Hasanov, der als „Zensor“ der Medien gilt, und durch die Ankündigung wichtiger Reformen Anfang 2020 Besserungen eintreten. Durch das Vorgehen gegen Journalisten, welche über Korruption und oppositionelle Kundgebungen berichten wollten, wurden diese Hoffnungen nach den Wahlen jedoch schnell zunichte gemacht. Die wichtigsten unabhängigen Nachrichten-Websites sind blockiert. Um Journalisten zum Schweigen zu bringen, die sich weiterhin im Exil widersetzen, schikanieren die Behörden ihre noch in Aserbaidschan lebenden Familienmitglieder. Sie zögern nicht, über die Grenzen Aserbaidschans hinauszugehen, aserbaidschanische Journalisten in Georgien und der Ukraine festzunehmen und Journalisten in Frankreich zu verklagen.

Die Position Georgiens blieb im Vergleich zum Jahr 2019 unverändert. Dem Bericht zufolge sind die Medien Georgiens pluralistisch, aber immer noch sehr polarisiert. Die Reformen der letzten Jahre haben zu Verbesserungen der Transparenz der Medieneigentümer und des Pluralismus des Satellitenfernsehens geführt, aber die Eigentümer entscheiden immer noch häufig über redaktionelle Inhalte. In Übereinstimmung mit einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte wurde Rustavi 2, der wichtigste nationale Oppositionsfernsehkanal, ihrem früheren Vorbesitzer zurückgegeben, was zu einer vollständigen Änderung seiner Redaktionspolitik und zum Rücktritt der meisten seiner Journalisten führte. Infolge des Konflikts entstanden zwei neue oppositionelle Fernsehsender. Polizeigewalt gegen Journalisten ist seltener, hält aber an und Drohungen sind immer noch verbreitet. In dem Bericht wurde insbesondere die Untersuchung der Entführung des aserbaidschanischen Dissidenten-Journalisten Afgan Mukhtarli in der georgischen Hauptstadt Tiflis im Jahr 2017 hervorgehoben, für die noch keine überzeugende Erklärung vorliegt.

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