Verhaftung des Ex-Präsidenten in Armenien

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Der zweite armenische Präsident, Robert Kotscharjan, wurde am 27. Juli 2018 nach einer richterlichen Genehmigung für zwei Monate verhaftet. Ihm wird vorgeworfen, im Komplott mit anderen Personen die Verfassungsordnung Armeniens gestürzt zu haben. Dabei handelt es sich um Proteste gegen die Wahlfälschungen nach der Präsidentschaftswahl 2008. Die Demonstrationen endeten am 1. März 2008 in einer gewaltsamen Konfrontation zwischen der Polizei und den Demonstranten. Damals wurden zehn Menschen getötet und Hunderte weitere verletzt.

Robert Kotscharjan, der zum Zeitpunkt der gewaltsamen Auflösung der Proteste noch Präsident war, bestreitet die gegen ihn erhobenen Vorwürfe und bezeichnet seine Verhaftung als politische Verfolgung und „Vendetta“. Denn der derzeitige Premierminister Nikol Paschinjan war 2008 Mitglied des Wahlkampfteams des damaligen Oppositionsführers, Lewon Ter-Petrosjan, und einer der aktiven Teilnehmer der Ausschreitungen am 1. März 2008. 2009 wurde Paschinjan wegen der Organisation der Unruhen zu sieben Jahren Haft verurteilt, allerdings bereits zwei Jahre später durch eine Amnestie freigelassen. Robert Kotscharjan, der 2008 sein Amt an Sersch Sargsjan übergab, lebte nach 2008 in Russland und ist Mitglied im Direktorenrat des Unternehmens „AFK Sistema“, welches dem russischen Oligarchen Wladimir Ewtuschenkow gehört.

Das US-Außenministerium reagierte bereits auf die Verhaftung von Robert Kotscharjan. Die USA riefen die politische Führung Armeniens auf, eine ernsthafte, verfahrenssichere und unabhängige Untersuchung der Ereignisse vom 1. März 2008 durchzuführen. „In Gesprächen mit unseren armenischen Partnern betonen wir stets, dass es wichtig ist, international anerkannte Kriterien der Justiz zu respektieren“, teilte ein Vertreter des US-Außenministeriums mit.

Die Republikanische Partei Armeniens und die Armenische Revolutionäre Föderation haben in ihren Statements die Verhaftung von Kotscharjan scharf kritisiert.  

Neben Robert Kotscharjan wurde auch Jurij Chatschaturow, zurzeit Generalsekretär des russisch geführten Militärblocks „Organisation des Vertrags über Kollektive Sicherheit“ (OVKS), mit der gleichen Begründung verhaftet. Allerdings wurde er anders als Kotscharjan gegen eine Kaution freigelassen. Der armenische Außenminister gab inzwischen ein Statement ab, in dem er OVKS-Partnerstaaten angeboten hat, den Prozess des Wechsels des Generalsekretärs der OVKS zu starten. Dieses Statement ist in Moskau offenbar negativ angekommen. Ein namentlich nicht genannter, hochrangiger russischer Diplomat bezeichnete gegenüber der staatlichen Nachrichtenagentur „TASS“ die Erklärung des armenischen Außenministeriums als „überraschend unprofessionell“. Armenien müsse das Verfahren des Rückrufs seines Generalsekretärs selbst initiieren.

Auch gegen den ehemaligen Verteidigungsminister, Mikael Arutjunjan, wurde ein Haftbefehl erlassen. Arutjunjan, der auch wegen der tragischen Ereignisse im März 2008 nun polizeilich gesucht wird, befindet sich außerhalb Armeniens.

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