Armeniens Mission in Syrien

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Mitte August 2018 hatte Nikol Paschinjan, der armenische Regierungschef, bei einer Massendemonstration eine „beispiellose armenisch-russische Initiative“ im humanitären Bereich angekündigt. Nach seinem jüngsten Besuch bei Wladimir Putin in Moskau Anfang September wurde er konkreter: Armenien werde gemeinsam mit Russland eine humanitäre Mission in Syrien durchführen.

In einem Interview mit der Nachrichtenagentur „Mediamax“ verriet der armenische Verteidigungsminister, David Tonojan, weitere Details über den geplanten Einsatz in Syrien.  Laut Tonojan werde sein Ministerium bis zum Jahresende „circa 100 Spezialisten“ in dieses vom langjährigen Krieg betroffene arabische Land entsenden. Das würden Militärärzte, Truppenpioniere und Soldaten sein, die sich jedoch „ausschließlich mit humanitären Angelegenheiten“ beschäftigen würden.

In ihren Statements betonen die armenischen Offiziellen stets, dass es sich dabei um eine rein humanitäre Mission handele. Dem Verteidigungsminister zufolge werden die armenischen Militärangehörigen in Aleppo stationiert werden, wo sie vor allem der dortigen armenischen Gemeinde bei der Bewältigung der schweren Notlage helfen würden. Armenien werde in Syrien in enger Absprache mit der syrischen Regierung und Russland handeln. Jegliche Möglichkeiten der Beteiligung an militärischen Operationen werden von Tonojan ausgeschlossen.

Der armenische Politikwissenschaftler, Eduard Abrahamyan, zählt in seinem Beitrag („Understanding Armenia’s Syrian Gamble“) drei mögliche Gründe auf, die die armenische Regierung unter Nikol Paschinjan zum Engagement in Syrien bewegt haben könnten.

Erstens, es könnte sich um die so genannte „Zwangsdiplomatie“ Russlands gegenüber den armenischen Eliten handeln: Armenien sei möglicherweise von Moskau dazu gezwungen worden, sich in den syrischen Konflikt miteinbeziehen zu lassen. Denn Russland bemüht sich seit einiger Zeit darum, die Unterstützung für das Regime von Baschar al-Assad zu internationalisieren. Allerdings haben bisher selbst enge Verbündete Russlands wie Belarus, Kirgistan oder Kasachstan eine unmissverständliche Absage an Moskau erteilt, sich auf jegliche Art am Syrien-Konflikt zu beteiligen. Armenien ist am anfälligsten für den politischen Druck aus Moskau. So könnte Russland, zum Beispiel, mit einem eventuellen Waffenlieferungsstopp an Armenien gedroht haben.

Zweitens, die Regierung von Nikol Paschinjan könnte versuchen, durch ihr Engagement in Syrien den russischen Präsidenten, Wladimir Putin, zu besänftigen. Denn die Beziehungen zwischen Moskau und Jerewan seien seit der sog. „samtenen Revolution“ in Armenien nicht reibungslos, weil jede institutionalisierte Demokratie in der unmittelbaren russischen Nachbarschaft von Putin als Gefahr für die eigene Machtstellung wahrgenommen wird. 

Drittens, es könnte sich um eine Konzession seitens Jerewans handeln, meint Abrahamyan. Im Gegenzug würde Russland sich nicht in die innenpolitischen Angelegenheiten Armeniens einmischen, so die Hoffnung. Der Experte hält eine solche Annahme allerdings für „naiv“, da Moskau unter keinen Umständen passiv beobachten würde, wie die korrupte oligarchische Politikklasse Armeniens zunehmend demontiert wird. Denn eben dieses politische Umfeld sei ein wichtiges Instrument der russischen Kontrolle über das kleine südkaukasische Land.

Die Reaktion der USA auf die Ankündigung Jerewans war eher zurückhaltend. „Wir verstehen den Wunsch der armenischen Regierung, der armenischen Bevölkerung in Syrien zu helfen“, heißt es in einem Kommentar der US-Botschaft. Zu einer „hypothetischen armenischen Mission in Syrien“ wollte sich die Botschaft nicht äußern. Sie verwies jedoch im gleichen Statement auf die Situation in der syrischen Provinz Idlib, wo „drei Millionen unschuldige Zivilisten von einem bevorstehenden Angriff des Assad-Regimes bedroht werden, der von Russland und dem Iran unterstützt wird“.

Die einst zahlreiche armenische Gemeinde in Syrien betrug vor dem Kriegsausbruch zwischen 100 000 und 110 000 Menschen, von denen circa 60% im Großraum Aleppo gelebt hatten. Ein Großteil der syrischen Armenier verließ das Land nach dem Beginn des blutigen Konflikts im Jahr 2011. Selbst nach den optimistischen Einschätzungen sind es nicht mehr als 20 000 Armenier, die im Land geblieben sind. Der armenische Botschafter in Syrien, Arman Nawasardjan, erklärte 2016, dass er diese Zahl für übertrieben halte und aktuell höchstens von 8 000 ethnischen Armeniern in Syrien ausgehe.

 

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