Charles Michel besucht Aserbaidschan
Am 18. Juli besuchte der Präsident der EU-Kommission Charles Michel Aserbaidschan, wo er sich mit dem Präsidenten des Landes Ilham Alijew traf.
Beide Seiten lobten die Handels- und bilateralen Beziehungen zwischen der EU und Aserbaidschan und betonten die Zusammenarbeit bei der Energiesicherheit. „Die EU ist unser wichtigster Handelspartner. Fast 40 % unseres Handels wird mit der Europäischen Union abgewickelt. Im vergangenen Jahr betrug der Handelsumsatz fast 9,5 Milliarden Dollar. 6,8 Milliarden Dollar beträgt der aserbaidschanische Export in die EU-Mitgliedsstaaten. Mehr als 1.700 Unternehmen aus den Mitgliedsstaaten arbeiten in Aserbaidschan. Das zeigt auch den Umfang unserer wirtschaftlichen Tätigkeit“, sagte Alijew. „Mit 9 Mitgliedsstaaten der EU hat Aserbaidschan Dokumente über strategische Partnerschaft unterzeichnet oder verabschiedet. Also, ein Drittel der EU-Mitgliedsstaaten betrachtet Aserbaidschan als einen strategischen Partner. Ich denke, das ist eine sehr große Leistung unserer Regierung. Das schafft auch zusätzliche Möglichkeiten für die Zusammenarbeit. Ein wichtiger Teil auf unserer Agenda ist natürlich mit der Energiesicherheit verbunden“, fügte er hinzu.
Von besonderer Bedeutung war für Alijew der Südliche Gaskorridor. „Mit der EU führen wir seit vielen Jahren den Vorsitz im Beirat für den Südlichen Gaskorridor und unter der Leitung der EU und Aserbaidschan wurde der Beirat auch zu einem wichtigen Faktor für die erfolgreiche Umsetzung dieses Projekts. Das 3.500 km lange integrierte Pipelinesystem und die Entwicklung des riesigen Gasfeldes Shah Deniz 2 ist wirklich eine einzigartige Erfahrung der Zusammenarbeit zwischen Ländern, Unternehmen und internationalen Finanzinstitutionen. Die Gesamtinvestitionen in das Projekt Südlicher Gaskorridor betrugen mehr als 33 Milliarden Dollar. Gleichzeitig ist Aserbaidschan schon seit vielen Jahren, seit 15 Jahren ein zuverlässiger Rohöllieferant für europäische Verbraucher. Und jetzt, als Gaslieferant, wird unser Potential natürlich wachsen und das wird mehr Möglichkeiten für uns als Exporteur, für die Transitländer und für die Verbraucher schaffen, weil das Gas aus Aserbaidschan nicht nur Gas von einer neuen Route ist, sondern Gas von einer neuen Quelle. Das macht dieses Projekt wirklich zu einem Projekt der Energiesicherheit“, sagte Alijew.
Außerdem sprach Alijew über die Möglichkeiten der regionalen Konnektivität nach dem Ende des Zweiten Bergkarabach-Krieges. „Nach dem Zweiten Bergkarabach-Krieg gibt es neue Möglichkeiten für die Öffnung aller Kommunikationen in der Region, wie es durch das trilaterale Abkommen vom 9. November letzten Jahres vorgesehen wurde. Deshalb wurde diese Frage heute breit diskutiert, wie auch andere Fragen der Post-Konflikt-Entwicklung in der Region, weil dadurch eine neue Situation, neue Realitäten entstanden sind. Deshalb ist es jetzt an der Zeit, über Frieden nachzudenken und das Blatt zu wenden. Dazu sind wir bereit. Heute haben wir mit dem Herrn Präsidenten unsere Pläne, unsere Initiativen und unsere Herangehensweise an die neu entstandene Situation breit diskutiert. Ich denke, dass wir mit gutem Willen und einer sehr pragmatischen Herangehensweise in relativ kurzer Zeit die meisten der noch auf dem Tisch liegenden Fragen lösen und die Grundlage für eine breite regionale Zusammenarbeit in der Region legen können“, sagte er. „Und ich bin sicher, dass die EU unter diesem Gesichtspunkt eine sehr wichtige Rolle spielen wird und der Besuch des Herrn Präsidenten in den drei Ländern des Südkaukasus zeigt das europäische Engagement, die europäische Agenda. Sie steht in vollem Einklang mit unserer Agenda. Unsere Ansichten stimmen auch in dieser Frage überein. Natürlich wird die Entwicklung nach dem Konflikt in Bezug auf Fragen der Konnektivität, in Bezug auf Fragen des Wiederaufbaus der befreiten Gebiete immer auf unserer Agenda stehen“, fügte er hinzu.
Ein weiteres wichtiges Thema für Alijew war die Situation um die von Aserbaidschan kontrollierten Gebiete in Bergkarabach. „Wir haben dort eine Menge Arbeit zu erledigen. Wir müssen mehr als 10.000 Quadratkilometer freiräumen und wiederaufbauen. Wir stehen also vor einer großen Herausforderung und einer großen Aufgabe im Zusammenhang mit der Entminung und dem Wiederaufbau der befreiten Territorien“, sagte er. Er wies auch darauf hin, welches Potenzial die Gebiete für ausländische Investoren haben könnten. „Der erste Bereich ist erneuerbare Energie. Befreite Gebiete haben ein riesiges Potenzial, und nach unseren vorläufigen Schätzungen beträgt das Potenzial für die Energieproduktion 5.000 Megawatt Solar- und 1.000 Megawatt Windenergie. Ein weiterer potenzieller Bereich für Investitionen ist die Landwirtschaft und die Verarbeitung von landwirtschaftlichen Produkten. Denn der Boden ist dort sehr fruchtbar und das kann für Ausländer attraktiv sein. Ich denke, dass ein weiterer Bereich der Tourismus sein könnte, obwohl Armenien in den besetzten Gebieten unserer Natur großen Schaden zugefügt hat“, fügte er hinzu.
Michel wiederum bekräftigte die Bereitschaft der EU, eine positive Rolle bei der Erreichung des Friedens in der Region zu spielen. „Wir müssen darüber nachdenken, was wir tun müssen, um Frieden und Fortschritt zu erreichen, welche Elemente wir berücksichtigen müssen, um Stabilität und Sicherheit in der Region zu gewährleisten. Ich hatte die Gelegenheit, dieses Thema mit dem Präsidenten von Aserbaidschan zu besprechen. Ich habe sowohl mit dem Premierminister von Armenien als auch mit dem Präsidenten von Aserbaidschan gesprochen. Ich habe deutlich gemacht, dass die Europäische Union bereit ist, in dieser Angelegenheit eine positive Rolle zu spielen. Natürlich unterstützen wir die Arbeit der OSZE, aber das hindert die EU nicht daran, ihre Erfahrungen und ihre Unterstützung für mehr Sicherheit, Stabilität und vor allem Frieden in der Region zu teilen und bestimmte Ideen für die mögliche Entwicklung des Friedens zu liefern“, sagte er.
Der EU-Ratspräsident erklärte auch, dass die Partnerschaft zwischen der EU und Aserbaidschan einen strategischen Charakter haben sollte. „Wir wollen unseren Beziehungen einen neuen Impuls geben. Wir wollen der Partnerschaft zwischen der Europäischen Union und Aserbaidschan tatsächlich einen strategischen Charakter geben. Heute Morgen habe ich mich mit zukunftsorientierten Projekten in Aserbaidschan in den Bereichen Innovation, Satelliten sowie Infrastruktur vertraut gemacht“, sagte er. „Ich wurde mit der Arbeit an der Schaffung neuer Möglichkeiten im Hafen von Baku vertraut gemacht, sowie mit dem Ausmaß der regionalen Entwicklung. Wir verstehen, dass die Partnerschaft zwischen der Europäischen Union und Aserbaidschan nicht auf finanzieller Unterstützung basiert. Im Gegenteil, es ist eine Partnerschaft, die auf dem Wunsch basiert, gemeinsam an Innovationen, technologischem Austausch und wirtschaftlicher Zusammenarbeit zu arbeiten. In diesem Sinne müssen die beiden Prioritäten, die die Europäische Union in Bezug auf die wirtschaftliche Entwicklung betrachtet - Klimawandel und digitale Revolution - im Mittelpunkt der Projekte stehen, die wir gemeinsam auf den Weg bringen“, betonte Michel.