Der Spiegel vermutet die Beteiligung einer anderen Person am Mordfall Khangoschwili; Merkel spricht über die Folgen des Falles
Am 28. Juni schrieb Der Spiegel, dass die Bundeskriminalpolizei (BKA) und die Bundesanwaltschaft einen zweiten möglichen Verdächtigen im Fall der Ermordung des georgischen Staatsbürgers tschetschenischer Herkunft, Zelimkhan Khangoschwili, aufgedeckt hätten, berichtete agenda.ge.
Der zweite mutmaßliche Verdächtige unter dem Namen Roman D. gilt als in Sankt Petersburg ansässig. Der Spiegel schrieb, Roman D. sei über Weißrussland nach Polen gekommen und erst zwei Wochen vor dem Mord an Khangoschwili nach Deutschland gereist war. Darüber hinaus wurde berichtet, dass Khangoschwilis Mörder und Roman D. einige Monate vor dem Mord in der Stadt Orekhovo-Zuyevo in der Nähe von Moskau, wo Spezialagenten des Bundessicherheitsdienstes der Russischen Föderation ausgebildet werden.
Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel äußerte sich ebenfalls, nachdem weitere Einzelheiten des Falles bekannt gegeben worden waren. „Der Mord im Tiergarten Park in Berlin ist ein schwerwiegender Vorfall, der vor Gericht diskutiert wird. Wir erkennen, dass hybride Kriegs- und Destabilisierungsmethoden ein typisches Beispiel für das Verhalten Russlands sind“, sagte sie. Merkel merkte jedoch an, dass trotz der bestehenden Bedrohungen ein konstruktiver Dialog zwischen Deutschland und Russland fortgesetzt werden müsse. „Trotzdem ist der strategische Einfluss Russlands in Ländern wie Syrien und Libyen sowie in der europäischen Nachbarschaft groß. Deshalb werde ich versuchen, die Zusammenarbeit mit Russland fortzusetzen“, fügte sie hinzu.
Am 18. Juni gab die Bundesanwaltschaft nach monatelangen Ermittlungen bekannt, dass der Mord im Kleinen Tiergarten von der russischen Regierung in Auftrag gegeben wurde. „Die Motivation hinter dem Attentat war die Opposition des Opfers gegen den russischen Zentralstaat, gegen die Regierungen seiner autonomen Republiken Tschetschenien und Inguschetien sowie gegen die pro-russische Regierung Georgiens", sagte die Staatsanwaltschaft in der zuvor eingereichten Beschwerde des Staatsschutzsenat des Berliner Berufungsgerichts. „Entweder hoffte er [der Angeklagte] auf eine finanzielle Belohnung oder er teilte das Motiv seiner Klienten, einen politischen Gegner als Vergeltung für seine Beteiligung an früheren Konflikten mit Russland zu töten", wurde in der Beschwerde erklärt.
Die Staatsanwaltschaft behauptete, der Verdächtige habe zu einem unbekannten Zeitpunkt vor dem 18. Juli 2019 Befehle erhalten. Danach sei er angeblich von Moskau nach Paris und dann weiter nach Warschau geflogen. Von dort machte er sich am 20. August auf den Weg nach Berlin. Er benutzte angeblich kürzlich ausgestellte falsche Papiere, um nach Deutschland einzureisen.
Khangoschwili wurde am 24. August 2019 am helllichten Tag in Berlin von einem Mountainbike-Fahrer ermordet. Die britische Website für investigativen Journalismus Bellingcat führte in Zusammenarbeit mit der deutschen Zeitung Der Spiegel und dem Russian Insider eine Untersuchung durch, um die Herkunft des Verdächtigen zu ermitteln. Sie stellten fest, dass der Attentäter unter einem tatsächlich ausgestellten, nicht biometrischen russischen Pass im Namen von Vadim Andreevich Sokolov über Frankreich nach Berlin reiste. Diese Person existierte aber nicht in der russischen Datenbank. Am 4. Dezember erklärte das deutsche Außenministerium zwei Mitarbeiter der russischen Botschaft in Berlin wegen unzureichender Zusammenarbeit mit den deutschen Behörden im Mordfall von Zelimkhan Khangoschwili zur Persona non grata. Die russische Regierung antwortete auf diesen diplomatischen Schritt mit der Ausweisung von zwei deutschen Diplomaten aus dem Land. Der russische Präsident Wladimir Putin lehnte die Beteiligung Russlands an diesem Fall öffentlich ab.