Deutsche Außenministerin besucht Eriwan und Baku, um den Friedensprozess zu fördern

Treffen mit dem armenischen Außenminister

Am 3. November empfing der armenische Außenminister Ararat Mirsojan die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock, die sich zu einem Arbeitsbesuch in Armenien aufhält, wie die Pressestelle des armenischen Außenministeriums mitteilte.

Das bilaterale Treffen der Außenminister Armeniens und Deutschlands wurde in einem erweiterten Format unter Beteiligung beider Delegationen fortgesetzt. Nach dem Treffen hielten Ararat Mirsojan und Annalena Baerbock eine gemeinsame Pressekonferenz ab.

In seiner Presseerklärung sagte Mirsojan: "Es sollte daran erinnert werden, dass Deutschland der erste Handelspartner Armeniens in der Europäischen Union ist, und wir erwarten, dass die aktive Zusammenarbeit der Geschäftskreise beider Länder es uns ermöglichen wird, einen neuen, viel ehrgeizigeren Maßstab für den Handelsumsatz zu setzen. Wir messen den Aktivitäten der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) in Armenien große Bedeutung bei. Wir schätzen und würdigen die Aufnahme Armeniens in den Rahmen der deutschen BMZ-Reformstrategie 2030, die darauf abzielt, die stabile Fortführung der laufenden Reformen und Programme in Armenien zu fördern."

"Mehr als 100.000 Menschen aus Bergkarabach, darunter Kinder, ältere Menschen und Frauen, wurden nach monatelanger unmenschlicher Blockade durch Aserbaidschan und aus berechtigter Angst vor möglichen Gräueltaten zwangsweise aus ihren Häusern vertrieben. Gleichzeitig ist das Problem der Besetzung des souveränen Territoriums der Republik Armenien nicht verschwunden, es gibt humanitäre Probleme, armenische Kriegsgefangene und illegal gefangene Zivilisten werden in Gefängnissen in Baku festgehalten", so der armenische Außenminister weiter.

Treffen mit dem armenischen Premierminister

Am selben Tag empfing der armenische Premierminister Nikol Paschinjan die von Annalena Baerbock geleitete Delegation, wie die Pressestelle des armenischen Premierministers mitteilte.

Die Gesprächspartner betonten die Umsetzung konsequenter Schritte zur weiteren Entwicklung und Stärkung der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Armenien und Deutschland. Insbesondere tauschten sich die Seiten über die Möglichkeiten einer Ausweitung der Zusammenarbeit im Energiesektor und in anderen Bereichen aus. Nikol Paschinjan betonte das Interesse der armenischen Regierung an einer Ausweitung des deutschen Kapitals auf dem armenischen Markt.

Die beiden Seiten tauschten sich über die Zusammenarbeit zwischen Armenien und der Europäischen Union und deren weiteren Ausbau aus. Annalena Baerbock stellte fest, dass die deutsche Regierung und die EU bereit sind, der armenischen Regierung die notwendige Unterstützung zukommen zu lassen, um die Agenda der demokratischen Reformen voranzutreiben.

Es wurden Fragen im Zusammenhang mit dem Prozess der Normalisierung der Beziehungen zwischen Armenien und Aserbaidschan erörtert. Premierminister Paschinjan betonte den Beitrag Deutschlands und den persönlichen Beitrag von Bundeskanzler Olaf Scholz zum Friedensprozess. Die Bedeutung der Prinzipien, die in der vierseitigen Erklärung des armenischen Ministerpräsidenten, des französischen Staatspräsidenten, des deutschen Bundeskanzlers und des Präsidenten des Europäischen Rates über die Normalisierung der Beziehungen zwischen Armenien und Aserbaidschan festgelegt wurden, wurde hervorgehoben.

Annalena Baerbock sagte ihrerseits: "Deutschland unterstützt die territoriale Integrität von Armenien und Aserbaidschan, und dies muss die Grundlage für alle Friedensverhandlungen sein." "Ich glaube, dass die Bemühungen des Präsidenten des Europäischen Rates, Charles Michel, als Brücke für den Frieden zwischen den beiden Ländern dienen können. Deshalb ist der Beginn einer neuen Verhandlungsrunde wichtig", sagte sie auf der Pressekonferenz. 

Baerbock wies auch darauf hin, dass Deutschland Armenien seit 2021 22 Millionen Euro an humanitärer Hilfe zur Verfügung gestellt hat. "Heute stellt die Bundesrepublik Deutschland weitere 9,3 Millionen Euro für humanitäre Hilfe zur Verfügung." Damit können die Flüchtlinge versorgt werden, die am dringendsten Hilfe bräuchten, sagte Baerbock. "Das wird den Menschen Hoffnung geben und ihnen ein Stück Normalität zurückgeben."

Treffen mit dem Außenminister von Aserbaidschan

Am 4. November empfing der Außenminister der Republik Aserbaidschan, Jeyhun Bayramov, eine von Annalena Baerbock geleitete Delegation, berichtete der Pressedienst des aserbaidschanischen Außenministeriums.

In seiner Rede über die bilateralen Beziehungen sagte Minister Bayramov, dass diese sich erfolgreich entwickeln. "Mehr als 200 deutsche Unternehmen sind in Aserbaidschan tätig. 70 Prozent des deutschen Handelsumsatzes im Südkaukasus werden mit Aserbaidschan umgesetzt. Deutsche Unternehmen haben 810 Millionen Dollar in Aserbaidschan investiert, und Aserbaidschan hat 550 Millionen Dollar in Deutschland investiert", sagte er.

Jeyhun Bayramov sagte, dass er Ministerin Annalena Baerbock während der Verhandlungen über die Friedensinitiativen, die Grenzziehung und die Demarkation der Grenzen informiert habe. Zu der von Aserbaidschan in der Region Bergkarabach durchgeführten "Anti-Terror-Operation" sagte er, dass Aserbaidschan alle möglichen Schritte unternommen habe, um eine Lösung des Problems im Dialog zu finden. "Als es nicht mehr zu verhindern war, führte Aserbaidschan eine kurzfristige Anti-Terror-Operation unter Einhaltung aller internationalen und humanitären Gesetze durch. Dies wurde auch von der UN-Mission bestätigt", so Bayramov weiter.

Bayramov glaubt, dass es keine Alternative zum Frieden und zur Normalisierung der Beziehungen zu Armenien gibt. Er sagte, dass Armenien auf die jüngsten Initiativen Aserbaidschans in dieser Hinsicht noch nicht reagiert habe und dass Baku auf eine Antwort warte.

Annalena Baerbock sagte, dass der Südkaukasus eine interessante Region für Europa sei. Einer der Gründe dafür ist der wirtschaftliche Bereich. Der Aufbau von Vertrauen und Zuversicht sei wichtig für die Konfliktlösung. Die Ministerin erinnerte an ihr Treffen mit den armenischen Bewohnern von Bergkarabach in Armenien. "Sie hoffen, dass sie zurückkehren können. Aserbaidschan muss diesen Menschen eine Chance zur Rückkehr geben. Wir brauchen Frieden in der Region. Eine Fortsetzung des Friedensprozesses liegt auch im Interesse Aserbaidschans. Die Frage der territorialen Integrität beider Länder sollte sich auf ein Friedensabkommen stützen. Ich freue mich, dass beide Seiten die gleiche Position vertreten", fügte sie hinzu. Sie sagte auch, dass Deutschland offen erklärt habe, dass Bergkarabach zu Aserbaidschan gehöre und dass Deutschland immer die territoriale Integrität Aserbaidschans unterstützt habe.

In der Zwischenzeit sagte Jeyhun Bayramov, dass die aserbaidschanische Seite die Abhaltung von Treffen mit Armenien in verschiedenen Formaten immer unterstützt. Der Minister sagte, er habe in diesen Tagen in Teheran ein Treffen mit dem armenischen Außenminister gehabt. "Die Hauptsache ist, dass es einen Willen von Aserbaidschan und Armenien gibt, auch wenn die Formate unterschiedlich sind, sollten die Treffen in Richtung einer Normalisierung der Beziehungen fortgesetzt werden", bemerkte der aserbaidschanische Außenminister.

Ministerin Baerbock sagte, dass alle Initiativen für Frieden und Ruhe in der Region evaluiert werden sollten. Sie sagte, die Parteien hätten gewisse Vorbehalte gegenüber den Vermittlern. "Wir, Deutschland, als Partner der Europäischen Union, bieten unsere koordinierende Rolle an, um einen gemeinsamen Weg zu finden. Nach meinen Gesprächen in beiden Ländern habe ich den Eindruck, dass die Parteien dafür offen sind. Die Minister hoffen, dass wir auch in Zukunft in diesem Bereich arbeiten werden", sagte sie.

Berboks Besuch in Baku verlief nicht ohne einen skandalösen Zwischenfall. Während der gemeinsamen Pressekonferenz forderte der aserbaidschanische Außenminister Ministerin Baerbock auf, international anerkannte aserbaidschanische Toponyme für Städte in Bergkarabach zu verwenden. In ihrer Rede verwendete Baerbock neben den aserbaidschanischen Städtenamen auch armenische, was den Unmut ihres aserbaidschanischen Amtskollegen hervorrief. Die deutsche Außenministerin entgegnete ihrerseits, dass sie auch die Ortsnamen verwende, die von ethnischen Minderheiten gebraucht würden. 

Treffen mit dem Präsidenten von Aserbaidschan

Am 4. November empfing der Präsident der Republik Aserbaidschan, Ilham Alijew, Annalena Baerbock, wie die Pressestelle des aserbaidschanischen Präsidenten mitteilte.

Sie tauschten sich über die bilateralen Beziehungen zwischen Aserbaidschan und Deutschland, die Normalisierung der Beziehungen zwischen Armenien und Aserbaidschan und die Gewährleistung von Frieden, Stabilität und Sicherheit in der gesamten Südkaukasusregion aus.

Die deutsche Außenministerin wies darauf hin, dass ihr Land die Normalisierung der Beziehungen zwischen Aserbaidschan und Armenien, die Unterzeichnung eines Friedensvertrags und das von der Europäischen Union unterstützte Brüsseler Format in dieser Hinsicht unterstützt. Sie wies darauf hin, dass Deutschland bereit ist, im humanitären Interesse bei der Beseitigung der Landminen in Aserbaidschan zu helfen.

Präsident Ilham Alijew sagte, Aserbaidschan unterstütze die regionale Zusammenarbeit zwischen den Ländern des Südkaukasus und wies darauf hin, dass die Zusammenarbeit zwischen diesen drei Ländern aufgrund der Aggression Armeniens gegen Aserbaidschan bisher nicht möglich gewesen sei.

"Das Staatsoberhaupt betonte, dass Armenien in den letzten drei Jahren Waffen und militärisches Personal in die aserbaidschanische Region Bergkarabach transportiert habe. Präsident Ilham Alijew bezeichnete die Glückwünsche Nikol Paschinjans am 2. September an das von Armenien in den Gebieten Aserbaidschans errichtete und unterstützte Marionettenregime und die Abhaltung so genannter Wahlen  am 9. September durch das Marionettenregime, das sich bereits selbst aufgelöst hat, als provokative Schritte, die darauf abzielen, die Situation in der Region zu verschärfen", so der Bericht weiter. Präsident Ilham Alijew wies darauf hin, dass Aserbaidschan seine Souveränität durch lokale Anti-Terror-Maßnahmen wiederhergestellt hat und dass das Land die Normalisierung der Beziehungen zu Armenien, die Unterzeichnung eines Friedensvertrags und die regionale Friedensagenda unterstützt.

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