EU und Aserbaidschan kurz vor neuem Partnerschaftsabkommen

Am 4. April 2019 fand in Brüssel die 16. Sitzung des EU-Aserbaidschan Kooperationsrates statt. Die Sitzung befasste sich vor allem mit der erwarteten Unterzeichnung eines neuen bilateralen EU-Aserbaidschan Abkommens. Die Verhandlungen über das neue Abkommen zwischen der EU und Aserbaidschan wurden offiziell am 7. Februar 2017 aufgenommen. Das neue Abkommen soll das Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit von 1996 ersetzen. Dabei sollen die aktuellen gemeinsamen Ziele und Herausforderungen der beiden Parteien besser berücksichtigt werden.

So sieht das neue geplante Abkommen vor, die Rechtsvorschriften Aserbaidschans an die wichtigsten internationalen Handelsnormen und die EU-Standards anzupassen, was den Zugang der aserbaidschanischen Waren zu den EU-Märkten verbessern sollte.

Die Schaffung eines gemeinsamen Luftverkehrsraums ist eine Initiative der Europäischen Kommission und zielt auf die Öffnung und Integration der Luftfahrtmärkte ab. Dies würde neue Möglichkeiten für Verbraucher und Betreiber bieten und vor allem zu höheren Standards im Bereich Flugsicherheit und Flugverkehrsmanagement führen.

Auf der Pressekonferenz im Anschluss an die letzte Tagung in Brüssel äußerte sich die Hohe Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, Federica Mogherini, und der aserbaidschanische Außenminister, Elmar Mammadyarov, positiv in Bezug auf den baldigen Abschluss des bilateralen Abkommens. Dabei verwendete Mogherini den in den muslimischen Ländern weit verbreiteten arabischen Ausdruck „Inshallah“ („so Gott will“). Sie stellte fest, dass Aserbaidschan zwar auch sehr enge Beziehungen mit der EU anstrebe, dass es allerdings im Gegensatz zur Ukraine, Georgien und Moldau, die ein Assoziierungsabkommen mit der EU unterzeichneten, im Fall von Aserbaidschan keine regulatorische Angleichung geben werde. Laut dem EU-Kommissar für Europäische Nachbarschaftspolitik und Erweiterungsverhandlungen, Johannes Hahn, könnten die Verhandlungen zwischen Brüssel und Baku bis Mitte Mai abgeschlossen werden, so dass das Abkommen zum 10. Jahrestag des Programms der „Östlichen Partnerschaft“ der EU unterschriftsreif sein wird.

Mammadyarov sagte auf der Pressekonferenz, es gebe „technische Probleme“, bei denen sein Land Flexibilität gezeigt habe, was er auch seitens der EU erwarte. Diese beziehen sich Medienberichten zufolge auf Fragen im Handelsbereich. Der Minister teilte mit, dass mehr als 90 Prozent des Textes des neuen Abkommens bereits vereinbart seien.

Die beiden Diplomaten lehnten jedoch unter Berufung auf die „goldene Regel der Diplomatie ab, die Details der Verhandlungen offenzulegen.

Bei der Sitzung des Kooperationsrates wurden auch andere Themen, wie der Bergkarabach-Konflikt und die Entwicklung der bilateralen Beziehungen im Bereich der  Energieversorgungssicherheit beziehungsweise im Rahmen des Projekts „Südlicher Gaskorridor“ erörtert.

Federica Mogherini erklärte in ihrer Antwort auf die Frage über die Lösungsperspektive des Bergkarabach-Konflikts, dass die EU die Arbeit der OSZE Minsk-Gruppe unterstütze und wies dabei auf die Wichtigkeit der Arbeit mit den Zivilgesellschaften der beiden Konfliktparteien hin, um einen konstruktiven Lösungsweg zu finden. Sie begrüßte das erste offizielle Treffen der Staats- und Regierungschefs Aserbaidschans und Armeniens am 29. März in Wien.

Der aserbaidschanische Außenminister kritisierte seinerseits die Erklärung des armenischen Verteidigungsministers in den USA kurz nach dem Treffen in Wien. „Eines ist sicher: Das Militär muss in die Kaserne zurückkehren, Militär kann eine Menge Ärger verursachen und hilft nicht bei der Lösungsfindung“, so Mammadyarov.

Was die Realisierung des „Südlichen Gaskorridor“ Projekts (SGC) angeht, soll das erste Gas aller Voraussicht nach im Jahr 2020 Italien erreichen. Mammadyarov verwies gleichzeitig auf die Erweiterung des Projekts auf weitere europäische Staaten, insbesondere auf die Balkanstaaten. Dabei betonte der aserbaidschanische Außenminister die Notwendigkeit der Unterstützung der Europäischen Union. „Aserbaidschan hat dies [das SGC-Projekt]  möglich gemacht. Unsere EU-Partner sollten, wenn sie mehr Gas aus Aserbaidschan beziehen wollen, auch mehr Anstrengungen unternehmen, um den EU-Markt für Aserbaidschan attraktiver zu machen“, erklärte der Minister.

Die bilateralen Beziehungen zwischen Aserbaidschan und der Europäischen Union begannen nach der Auflösung der Sowjetunion und der Erlangung der Unabhängigkeit Aserbaidschans im Jahr 1991. Eine Grundlage der Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Aserbaidschan bildet das 1996 unterzeichnete und 1999 in Kraft getretene Partnerschafts- und Kooperationsabkommen. Heute ist die EU der größte Handelspartner von Aserbaidschan, während Aserbaidschan der größte Handelspartner der EU im Südkaukasus ist.

 

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