Ex-Außenminister Aserbaidschans über Lösungsperspektiven des Bergkarabach-Konflikts

In den letzten Wochen haben sich der aserbaidschanische Staatschef Ilham Alijew und Außenminister Elmar Mammadjarov optimistisch bezüglich der Aussichten der Konfliktlösung mit dem Nachbarstaat Armenien für 2019 geäußert. In Baku verbindet man offenbar gewisse Hoffnungen mit der neuen Regierung von Nikol Paschinjan. Infolge der „samtenen Revolution“ im Frühling 2018 wurden die Bergkarabach-Armenier mit Sersch Sargsjan an der politischen Spitze (Armeniens) entmachtet.

Der ehemalige aserbaidschanische Außenminister, Tofig Zulfugarov äußerte sich in einem Interview mit der Nachrichtenseite „Media.az“ skeptisch über positive Erwartungen der Offiziellen in Baku. Die Glaubwürdigkeit des Verhandlungsformats um den Bergkarabach-Konflikt sei untergraben worden, und die radikalen Aussagen, die auch nach dem Machtwechsel in Jerewan gemacht worden seien, gäben keinen Anlass für Optimismus hinsichtlich der Aussichten für den Verhandlungsprozess, glaubt Zulfugarov. Die engen Beziehungen zu Russland hätten Armenien ermöglicht die besetzten aserbaidschanischen Gebiete viele Jahre lang unter Kontrolle zu halten und eine radikale Position bei der Konfliktlösung einzunehmen. Es sei klar geworden, dass angesichts der wirtschaftlichen und demographischen Probleme Armeniens, dringend Investitionen und Unterstützung des Westens gebraucht werden, was jedoch einen Wechsel der Verbündeten und Partner voraussetzte. Diese Entwicklungen führten zur „samtenen Revolution“ in Armenien und dem politischen Aufstieg von Nikol Paschinjan zum Premierminister, so der ehemalige Außenminister. Jedoch bleibe das wichtigste Dilemma zwischen der prowestlichen Ausrichtung Armeniens und der Abhängigkeit des Landes von einem russischen „Sicherheitsschirm“ nach wie vor ungelöst. Zulfugarov glaubt, dass geopolitische Veränderungen im Südkaukasus im nächsten Jahr unvermeidlich seien, insbesondere im Hinblick auf Armenien. Aserbaidschan solle die Ereignisse in Armenien genau beobachten und auf dieser Grundlage seine Politik zur Wiederherstellung der territorialen Integrität und Souveränität innerhalb international anerkannter Grenzen aufbauen, so Zulfugarov.

Auf die Frage nach der Wahrscheinlichkeit einer neuen militärischen Eskalation in Bergkarabach antwortete der ehemalige Außenminister, solch eine Entwicklung sei nicht auszuschließen, da die armenische Seite grundsätzlich nichts Neues für die Konfliktlösung anbiete. Die Gebietsansprüche Armeniens erstreckten sich nicht nur auf die ehemalige autonomische Region (Oblast) Bergkarabach, sondern auch auf weitere sieben besetzte aserbaidschanische Gebiete. Angesichts dieser Umstände sei die Fortführung der Verhandlungen bedeutungslos, meint Zulfugarov. Der Ex-Außenminister meint, dass sich solch eine radikale Position Armeniens auf die Sicherheitsgaranatien von Russland zurückführen lässt.

Zulfugarov brachte weiterhin zum Ausdruck, dass Russland sich wegen Armenien nicht auf einen weiteren Konflikt mit dem Westen einlassen werde. Vielmehr werde der Kreml sich mit seinen eigenen zunehmenden Problemen, die durch Sanktionen nur verschärft wurden, beschäftigen. Unter diesen Umständen, wenn Armenien keine vielversprechende Verhandlungsposition einnehme, sei die Gefahr der Wiederaufnahme von Kampfhandlungen in Bergkarabach sehr hoch. Die Ko-Vorsitzenden der OSZE Minsk-Gruppe hätten laut Zulfugarov keine ernsthaften Anstrengungen zur Intensivierung der Verhandlungen unternommen, so der Politikexperte.

Laut den Pressemeldungen aserbaidschanischer Nachrichtenseiten haben die Verletzungen des Waffenstillstandsregimes durch armenische Truppen in den letzten Tagen wieder zugenommen. Den Medienberichten zufolge nahmen die armenischen Truppen am 26. Dezember die aserbaidschanische Region Agdam an der Konfliktlinie unter Beschuss, wodurch eine Zivilistin verletzt worden sei. Die armenischen Streitkräfte behaupten hingegen, dass die Situation an der Waffenstillstandslinie "relativ ruhig" sei. Nach dem ersten Gespräch zwischen Alijew und Paschinjan in Duschanbe im September dieses Jahres kam es zu einem erheblichen Rückgang der Zahl der Waffenstillstandsverletzungen, was von den Ko-Vorsitzenden der Minsker Gruppe der OSZE ausdrücklich begrüßt wurde.

 

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