Geleakte Zoom-Konferenzen sorgen für Eklat in Aserbaidschan

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Geleakte Videos von Online-Besprechungen des Oppositionsblocks “Nationaler Rat der Demokratischen Kräfte Aserbaidschans” scheinen homophobe Einstellungen und eine Feindseligkeit gegenüber anderen Oppositionsparteien in den Spitzenpositionen des Blocks zu zeigen, berichtete OC-Media.

Am 13. Mai wurden zwei Videos von einer Online-Videokonferenz über Zoom, die einen Tag zuvor stattgefunden hatte, online veröffentlicht. Zwei weitere Videos von einem Treffen am 5. Mai wurden am 17. Mai veröffentlicht.

Homophobe Aussagen

Ein Video zeigte führende Mitglieder der Koalition, die über die Bedeutung von Queer-Rechten für ihre westlichen Anhänger sprachen, während ein Mitglied, Rafig Manafli, bemerkte, dass er es bedauere, „dass Hitler die Schwulen nicht ausgerottet hat”.

Andere Videos zeigen Mitglieder, die sich gegen rivalisierende Oppositionsparteien richteten, was zu Empörung unter den Führungen dieser Parteien führte.

Der Nationale Rat hat erklärt, die Videos seien aus dem Zusammenhang gerissen und beschuldigte die Regierung, die Videos illegal aufgenommen und veröffentlicht zu haben, um die Opposition zu diskreditieren.

Zwei Mitglieder des Koordinierungszentrums des Nationalrates, Rafig Manafli und Eldaniz Gulijew, sind bisher wegen ihrer homophoben Kommentare zurückgetreten.

In dem ersten Video, das veröffentlicht wurde, warnte Gultakin Hajibayli, ehemalige Abgeordnete und Mitglied des Koordinierungszentrums des Nationalen Rates, andere Mitglieder, dass „die Rechte der sexuellen Minderheiten, die Rechte der Unerwünschten, die Priorität für den Westen sind". „Unerwünscht“ (uzdenirag) ist in Aserbaidschan eine abfällige Bezeichnung für queere Menschen, welche aus dem Vokabular der Sowjetzeit stammt.

Außerdem nannte Hajibayli den Journalisten und Queer-Aktivisten, Jalilov, einen “Unerwünschten”. Mehrere andere Mitglieder des Nationalen Rates machten gegen ihn homophobe und beleidigende Aussagen. 

Rafig Manafli entschuldigte sich später und gab zu, dass seine Aussage „harsch” gewesen seien, sagte jedoch auch, dass er sich nicht bei Jalilov persönlich entschuldigen werde.

Javid Nabijew, ein internationaler Anwalt der Nefes LGBT Azerbaijan Alliance, einer Queer Rights Organisation, verurteilte die Äußerungen von Gulijew und Manafli. Nabijew forderte jedoch auch die Behörden dazu auf, die Aufzeichnung und Weitergabe der Online-Konferenz zu untersuchen und die Beteiligten zu verfolgen.

Aussagen zu anderen Oppositionsparteien

Am 14. Mai wurde ein weiteres Video des gleichen Online-Gesprächs veröffentlicht, in dem Gultakin Hajibeyli die Oppositionsparteien ReAl und Musavat kritisierte.

Sie sagte unter anderem, dass der Vorsitzende der ReAl-Partei, Ilgar Mammadov, als Politiker am Ende sei und dass seine Partei das selbe Schicksal erleidet. Sie fuhr fort und behauptete, dass er sich in eine Lachnummer verwandelt habe und dass „die Gesellschaft ihn danach unter keinen Umständen mehr akzeptieren werde”.

Hajibeyli äußerte sich auch zu der Musavat-Partei und beschuldigte ihre Mitglieder, den Anführer der Volksfrontpartei, Ali Karimli, nicht genug unterstützt zu haben. Hajibeyli sagte auch, dass Musavat vom Migranten-Handel nach Europa profitiert hätte.

Am 16. Mai sagte der Parteivorsitzende von Musavat, Arif Hajili, dass „einige Mitglieder“ des Nationalen Rates, sich für „ihr Verhalten“ entschuldigen sollten.

Natig Jafarli, Exekutivsekretär der ReAl-Partei, sagte, er wolle nicht auf die  „Hitleristen”, reagieren und nannte den Nationalen Rat eine „irrelevante Institution".

Der Skandal um die Videos wurde von regierungsnahen Medien ausführlich behandelt, wobei viele Abgeordnete und Mitglieder regierungsnaher Parteien den Nationalen Rat verurteilten. Die Opposition hat der Regierung vorgeworfen, hinter dem Leak zu stehen, und es als „Cyberkriminalität” bezeichnet.

Leyla Alijewa, eine Gastwissenschaftlerin am Russian and East European Studies Centre der Universität Oxford, sagte, dass die Regierung die Leaks wahrscheinlich zu ihren politischen Zwecken genutzt habe. Andererseits zeigten alle diese Videos die Werte der politischen Kultur des oppositionellen Nationalrates, sagte sie.

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