Georgien: Kleriker gegen die Präsidentschaftskandidatin

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Photo: Nodar Tskhvirashvili, RFE/RL
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Mehrere einflussreiche georgische Kleriker haben sich gegen Präsidentschaftskandidatin Salome Surabischwili, die von der regierenden Partei „Georgischer Traum“ unterstützt wird, positioniert. So hatte sich Metropolit Piotr Zaawa, Mitglied des Heiligen Synods, gegen die Präsidentschaftskandidatin ausgesprochen. In Anspielung auf den französischen Hintergrund von Surabischwili verglich sie Piotr Zaawa mit „katholischen Missionaren“ und der „fünften Kolonne“. 

Daraufhin äußerte sich Surabischwili gegen die Beteiligung der Kirchenführer an politischen Angelegenheiten. „Ich verstehe nicht, wie die Kirche in den Wahlkampf einbezogen werden kann, und als Präsidentin, als jemand, der für die Erfüllung des Verfassungskonkordats verantwortlich ist, werde ich mich stark dagegen einsetzen, da es gegen alle Vereinbarungen verstößt, die es zwischen der orthodoxen Kirche und dem Staat gibt“, sagte Surabischwili.

Hochrangige Kleriker reagierten mit Wut auf Surabischwilis Bemerkungen.„Dass wir Mitglieder des Klerus sind, bedeutet nicht, dass wir keine Bürger dieses Landes sind; Als Bürger und als Leiter unserer Kirchengemeinde geht uns alles an –  alles, was mit der geistigen Degradierung unserer Pfarrei zusammenhängt“, sagte der Metropolit Anton von Vani und Bagdati gegenüber der Presse am 19. September.

„Es ist bedauerlich, dass sie [Surabischwili] solche Bemerkungen gemacht hat, weil das Schicksal und der geistliche Zustand unserer Pfarrei die Kirche und die Bischöfe etwas angehen, erklärte Metropolit Melqisedek von der Diözese Ubisi und Margveti.

Pater Kakhaber Gogotishvili, der die georgische Kirchengemeinde in Moskau leitet, sagte: „Dass sich die Kirche am Wahlkampf beteiligt, ist nicht wahr ... Ich habe kein Recht, meine Pfarrei zur Unterstützung bestimmter Kandidaten aufzurufen ... aber ich persönlich werde nicht für sie stimmen, und ich habe gutes Recht, dies als Bürger meines Landes zu tun“.

Patriarch Illia II. geht auf Distanz zur Kritik an der Präsidentschaftskandidatin

Der georgische Patriarch Ilia II. rief am 19. September die orthodoxen Geistlichen auf, im Vorfeld der bevorstehenden Präsidentschaftswahlen in Georgien keine politischen Erklärungen abzugeben. Die Erklärung des Patriarchen wurde nach den kirchenbezogenen Bemerkungen von Salome Surabischwili vom 18. September veröffentlicht. Es kam auch nach kirchlichen Protesten gegen das Cannabisanbaugesetz und Surabischwilis kontroversen Äußerungen zum russisch-georgischen Krieg.

Salome Surabischwili geriet wegen ihrer umstrittenen Äußerungen zum russisch-georgischen Krieg 2008 ebenfalls unter Kritik der Kleriker. Surabischwili hatte der ehemaligen Regierung unter Mikheil Saakaschwili vorgeworfen, „den August-Krieg 2008“ begonnen zu haben. „Der Beginn des Krieges war die Laune eines verrückten Präsidenten, der die Bombardierung seiner eigenen Bevölkerung befahl. Er hat den Krieg begonnen!“ hatte Surabischwili beim Besuch auf dem Muchatgverdi-Brüder-Friedhof zum 10. Jahrestag des russisch-georgischen Krieges gesagt. „Wir haben unsere eigene Bevölkerung bombardiert, und kein Präsident hat das Recht auf so etwas. Wie können wir denn gleich am nächsten Tag erklären, dass wir die territoriale Integrität des Landes wiederherstellen wollen?“, sagte Surabischwili. Ihre Äußerungen sorgten für scharfe Kritik seitens der georgischen Öffentlichkeit und vieler Politiker. Surabischwili wurde vorgeworfen, dass sie somit die russische Darstellungsweise der Ereignisse vom August 2008 vertritt.

Bischof Saba von der nordamerikanischen Diözese war der erste Kleriker, der öffentlich Kritik an der Präsidentschaftskandidatin übte. Seiner Meinung nach sei Surabischwili „antiwestlich und prorussisch“. Ihre Kandidatur bei der Präsidentschaftswahl zu unterstützen, würde einem Verrat an der Nation gleich kommen, fügte er hinzu.

Ein weiterer hochrangiger Kleriker, Metropolit Petre, kommentierte die Aussage der Präsidentschaftskandidatin folgendermaßen: „Georgien intervenierte niemals in ein anderes Land... Zu sagen, Georgien habe einen Krieg auf seinem eigenen Territorium begonnen, ist extrem falsch; das ist entweder Dummheit oder eine absichtliche Politik“.

Im Nachhinein korrigierte Salome Surabischwili ihre Position hinsichtlich des August-Krieges. „...Russland überfiel Georgien mit Panzern und Militärflugzeugen. Georgien ist nie in Russland eingefallen, es hat nie eine Aggression begangen. Wer kann das bestreiten? Weder ich noch jeder andere Georgier kann sagen, dass Georgien den russisch-georgischen Krieg begonnen hat“, sagte sie.

Am 28. Oktober werden die Georgier ihren fünften Präsidenten wählen. Die Amtszeit wird sechs Jahre betragen. Dies wird das letzte Mal sein, dass ein Präsident oder eine Präsidentin direkt gewählt wird. Bis jetzt wurden 31 Präsidentschaftskandidaten aufgestellt, von denen 15 als überparteilich gelten.

 

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