Georgien: Regierung und Opposition werben um die Unterstützung der Kirche
Die georgische Regierung wird den Gesetzentwurf über die Legalisierung des Cannabisanbaus zu Exportzwecken vom Parlament zurückziehen. Die Regierungsentscheidung wurde durch den Innenminister Giorgi Gakharia nach seinem Treffen mit dem Parlamentspräsidenten Irakli Kobachidse und dem Patriarchen Ilia II. bekannt gegeben. „Wir haben die Position der Kirche ebenso wie anderer religiöser Gruppen in Betracht gezogen. Und natürlich haben wir die Gefühle der Bevölkerung in Bezug auf dieses Gesetz berücksichtigt. Dies ist die endgültige Entscheidung“, sagte Kobachidse gegenüber den Medien. Er fügte hinzu, die von der Regierungspartei unterstützte Präsidentschaftskandidatin, Salome Surabischwili, habe die Behörden aufgefordert, den Rückzug des Gesetzentwurfs nicht zu verzögern, und bestätigte, dass der Schritt mit den Präsidentschaftswahlen zusammenhängt.
Auch Innenminister Giorgi Gakharia erklärte, die Regierungspartei „Georgischer Traum“ (GD) habe beschlossen, den umstrittenen Gesetzentwurf „wegen der Reaktion der Öffentlichkeit“ früher zurückzuziehen. „Diese Position wird auch vom Patriarchen und dem Patriarchat geteilt, daher haben wir versprochen, das Gesetz schnellstmöglich zurückzuziehen. Das bedeutet, dass dieses Thema abgeschlossen ist“, bestätigte Gakharia.
Die Kirche gab bereits eine Erklärung ab, in der sie ihre Zufriedenheit mit dem Rückzug des Gesetzentwurfs zum Ausdruck brachte.
Offenbar versuchen die Regierungspartei und die von ihr unterstütze Präsidentschaftskandidatin, Salome Surabischwili, sich mit der einflussreichen georgischen Kirche kurz vor der zweiten Runde der Präsidentschaftswahl in dieser umstrittenen Frage zu versöhnen. Auch die nationalistische Partei „Georgischer Marsch“ nannte den Rückzug des Gesetzentwurfs als Bedingung für die Unterstützung für Salome Surabischwili in der zweiten Wahlrunde.
Die Opposition unter Grigol Waschadse nutzte in ihrem Wahlkampf die Unzufriedenheit von Teilen der Bevölkerung mit dem Gesetzentwurf der Regierung. Die Opposition sammelt Unterschriften, um eventuelle Initiativen für den Drogenanbau in Georgien in der Zukunft auf der Verfassungsebene zu verbieten, weil man davon ausgeht, dass Iwanischwili früher oder später seine Idee doch zu verwirklichen versuchen werde. Das Thema wurde auch während des kürzlich stattgefundenen Treffens zwischen Waschadse und dem georgischen Patriarchen besprochen.
Das Gesetz zum Anbau und dem Export von Cannabis wurde vom Innenministerium ausgearbeitet. Einer der Initiatoren der Gesetzesvorlage war Georgiens Ex-Premierminister Bidsina Iwanischwili, der derzeit die regierende Partei „Georgischer Traum“ leitet. Auch die Präsidentschaftskandidatin, Salome Surabischwili, hatte diese Initiative ausdrücklich unterstützt und die Kirche für ihre ablehnende Position verurteilt. Nun vollzieht Surabischwili einen klaren Kurswechsel.
Die Pläne der georgischen Regierung zur Legalisierung des Cannabisanbaus zu Exportzwecken wurden in Georgien nach heftigen Protesten der georgischen orthodoxen Kirche vorerst aufgegeben. Der Leiter der georgischen orthodoxen Kirche, Patriarch Ilia II., sprach sich gegen den Anbau von Cannabis in Georgien aus und warnte davor, dass sich dadurch die Drogensucht im Land verbreiten würde. In einer Predigt in der Kathedrale der Heiligen Dreifaltigkeit in Tiflis am 16. September sagte der Patriarch, dass der Anbau von Cannabis nicht Teil der privaten Wirtschaft werden sollte. Sollte dies passieren, würde man über diesen Prozess die Kontrolle verlieren.
Bis Oktober 2015 sah die georgische Gesetzgebung für den Besitz von „großen Mengen“ von Marihuana eine Freiheitsstrafe von 7 bis 14 Jahre vor. Laut der damaligen Definition galt die Menge ab 50 Gramm Marihuana als „groß“. Im Oktober 2015 hob das Verfassungsgericht die zulässige Menge auf 70 Gramm an.
Das Verfassungsgericht Georgiens hatte im Jahr 2017 ein Urteil verkündet, das besagt, dass niemand für die Verwendung von Marihuana ins Gefängnis kommen würde. Drogenhandel in Georgien bleibt nach wie vor strafbar und fällt in die Kategorie der Schwerverbrechen.