Gewalttätige Zusammenstöße zwischen Polizei und Einheimischen in der Pankisi-Schlucht in Georgien

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Am 21. April kam es in der Pankisi-Schlucht zu massiven Zusammenstößen zwischen der georgischen Polizei und der lokalen Bevölkerung. Der Bau des Wasserkraftwerks „Khadori-3“ sorgte für Proteste der lokalen Bevölkerung, die in einer Gewalteskalation endeten. Die Pankisi-Schlucht liegt im nordöstlichen Georgien und gehört verwaltungstechnisch zum Bezirk Achmeta. Die Region ist die Heimat der muslimischen Kisten, einer Untergruppe der Tschetschenen.

Caucasian Knot berichtete, dass sich mehrere hundert Bewohner der Pankisi-Schlucht zu einer spontanen Kundgebung im Dorf Birkiani im Achmeta-Bezirk von Georgien versammelt haben, um den Baubeginn des Wasserkraftwerkes „Khadori-3“  am 21. April zu verhindern. Die georgischen Sicherheitsbehörden setzten Tränengas und Gummigeschosse gegen sie ein. Nach Angaben des Innenministeriums hätten die Demonstranten die Polizisten mit Steinen beworfen sowie Baumaschinen und Polizeiautos in Brand gesetzt.

Die einheimische Bevölkerung stellte sich gegen den Bau des Wasserkraftwerks „Khadori-3“ , weil es die Umwelt in der Bergregion beeinträchtigen würde. Die Einwohner befürchten außerdem den möglichen Verlust des Zugangs zum Trink- und Bewässerungswasser. Die Protestbewegung hat eine Vorgeschichte: Schon im Juni 2018 gelang es der lokalen Bevölkerung, den Bau des Kraftwerks „Khadori-3“  vorübergehend zu stoppen.

Mehrere Tage vor dem Ausbruch der jüngsten Proteste haben die Vertreter der georgischen Regierung die Pankisi-Schlucht besucht und versprochen, sich mit den Beschwerden zu befassen. Allerdings ist es dazu nicht gekommen. Laut der Nachrichtenagentur Reg.Info wurde die Entscheidung über die Wiederaufnahme der Bauarbeiten erst am 18. April von der Ministerin für Infrastruktur und regionale Entwicklung, Maia Zkitischwili, dem Minister für Umwelt und Landwirtschaft, Lewan Dawitaschwili, und der neu ernannten Wirtschaftsministerin, Natia Turnawa, öffentlich mitgeteilt.

Der stellvertretende Innenminister Kakha Sabanadze war vor Ort und versuchte die Spannungen abzubauen, indem er den Demonstranten anbot sich mit dem Innenminister Giorgi Gakaria in Telawi, dem regionalen Zentrum der Region Kaketi, zu treffen. Der Innenminister kam kurz nach dem Vorfall am Ort des Geschehens an. Die Lokalbevölkerung erklärte sich damit einverstanden die Demonstration zu beenden, nachdem die Gemeindeanführer mit dem Minister vereinbart hatten, dass die Truppen der Bereitschaftspolizei aus dem Gebiet zurückgezogen werden würden.

Nach den Gesprächen mit den Vertretern der Demonstranten sagte Gakaria, dass die Bauarbeiten vorerst eingestellt und die Verhandlungen mit den Anwohnern fortgesetzt würden. „Wir haben beschlossen, den Bau des Kraftwerks zu verschieben und haben uns auf Folgendes geeinigt: es wird nur gebaut, wenn 90% der Lokalbevölkerung das Vorhaben unterstützt“, sagte er. Gakaria sagte jedoch, dass die Polizei eine verstärkte Präsenz in der Region beibehalten werde. Er betonte auch, dass diejenigen, die sich des Angriffs auf die Polizei schuldig gemacht hätten, identifiziert und zur Verantwortung gezogen würden werden. „Wir müssen uns jetzt beruhigen und das tun, was der jahrhundertealten Geschichte unserer Bruderschaft und unserer gesellschaftlichen Beziehungen entspricht“, fügte der Minister hinzu.

Emsar Tokozaschwili, einer der Protestanführer, erklärte, dass es einen nahezu absoluten Konsens unter der lokalen Bevölkerung gibt, dass das Kraftwerk nicht gebaut werden soll. „Nur 2 bis 3% der Anwohner sind für den Bau, der Rest ist dagegen.... Die Regierung tut nichts, um das Gebiet zu entwickeln, sie schützt nur die Interessen der Investoren“, stellte er fest.

Am 22. April gab die georgische Regierung eine offizielle Erklärung zum Vorfall in der Pankisi-Schlucht ab. In der Erklärung wurde zunächst erwähnt, dass die Investition für das Kraftwerk bis zu 40 Millionen US-Dollar betrage und dass es sich um ein Projekt handele, das wesentlich zur Entwicklung der lokalen Wirtschaft beitragen würde. Darüber hinaus versuchte die Regierung über die Baupläne aufzuklären, um die gegenwärtigen Sorgen über mögliche Umweltschäden und Eigentumsverletzungen zu besänftigen. Die Regierung betonte auch, dass das für das Kraftwerk zuständige Unternehmen die Verantwortung für die Anwohner übernommen hat und versprach, eine Reihe von Projekten in diesem Zusammenhang durchzuführen. Schließlich wurde die Bevölkerung der Pankisi-Schlucht in der Erklärung aufgefordert, keinerlei Gewalt oder zerstörerischen Aktionen zu unternehmen. Es wurde die Bereitschaft der Regierung bekundet, mit den Einheimischen zu verhandeln, um einen Konsens zu erreichen.

Nach Angaben des Innenministeriums wurden bei den Zusammenstößen 55 Personen verletzt, unter den Verletzten waren 17 Zivilisten und 38 Polizisten. Nach den Protesten wurden 15 Demonstranten festgenommen, diese wurden später aber wieder freigelassen. Gemäß der Artikel 353 und 187 des Strafgesetzbuches von Georgien wurde eine Untersuchung wegen Angriffs auf Polizeibeamte und Beschädigung durch Brandstiftung eingeleitet.

 

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