IS-Frauen nach der Rückkehr im Nordkaukasus: unklares Schicksal

Die Nachrichtenseite Caucasian Knot berichtet über die widersprüchliche Haltung Dagestans und Tschetscheniens hinsichtlich des Umgangs mit ehemaligen IS-Frauen (die Seite zitiert als Quelle das russische Medium “Dozhd”). Im Herbst 2017 waren sieben Frauen nach ihren Aufenthalten in Syrien und im Irak in die Russische Föderation zurückgekehrt (Caucasus Watch berichtete).

Laut Caucasian Knot hatte am 14. Dezember 2017 Ziyad Sabsabi, Vertreter des tschetschenischen Parlaments im Föderalen Rat Russlands, erklärt, dass insgesamt 93 russische Staatsbürger aus dem Nahen Osten nach Russland zurückgebracht worden seien, und in naher Zukunft weitere 150 Menschen zurückkehren sollten. Am 5. Februar 2018 hatten Vertreter der tschetschenischen Zivilgesellschaft, die anonym bleiben wollten, ihre Besorgnis darüber geäußert, dass der Prozess der Rückkehr ins Stocken geraten sei (Caucasian Knot).

Bisher sei das Schicksal einer Gruppe von zirka 100 Frauen und Kindern, die russische Behörden aus dem Irak und Syrien zurückholen wollten, nicht geklärt. “Keiner weiß, wie viele Frauen und Kinder aus Tschetschenien und anderen Regionen in Gefängnissen und Lagern in Syrien und Irak festgehalten werden. Die Behörden der Republik (Tschetschenien) beschäftigen sich tatsächlich mit diesem Problem, allerdings haben wir den Eindruck, dass dieser Prozess seit Ende letzten Jahres festgefahren ist. Regelmäßig wird darüber berichtet, dass in diesem oder jenem Ort weitere Gruppen von Frauen und Kindern gefunden worden seien, aber darauf ist nie eine massenhafte Rückkehr erfolgt. Das ist ein besorgniserregendes Signal”, zitiert Caucasian Knot eine Vertreterin der tschetschenischen Zivilgesellschaft namens Zarema.  

Laut den Quellen von “Dozhd”, die den tschetschenischen Regierungsbehörden nahe stehen sollen, hätten russische Nachrichtendienste, die den Prozess der Rückkehr von Frauen aus Syrien zuvor “ruhig” zur Kenntnis nahmen, den Prozess plötzlich gestoppt: “Dabei reagiert die Gesellschaft sehr unterschiedlich auf die Frauen, die aus dem “Islamischen Staat” zurückgekehrt sind: Für die einen sind sie Opfer, die Fehler begangen haben, für die anderen Terroristinnen”, zitiert “Caucasian Knot” “Dozhd”.

Dagestan und Tschetschenien nehmen eine vollkommen unterschiedliche Haltung gegenüber (potentiellen) RückkehrerInnen aus dem IS ein. Dies habe bereits zu Spannungen zwischen Dagestan und Tschetschenien geführt. In der tschetschenischen Hauptstadt Grosny sei man überzeugt, mit der Erlaubnis der Rückkehr etwas gutes zu tun, während man in Machatschkala moniert, dass sich Tschetschenien mit den dagestanischen Behörden überhaupt nicht abgesprochen habe, ob die Leute zurückgeholt werden sollten und was mit ihnen danach zu tun sei.

In Tschetschenien dächten die Behörden offenbar über die Einrichtung von Rehabilitationszentren für Menschen nach, die aus Syrien und Irak zurückgekehrt sind. Sie schimpften dabei auf die Nachbarrepubliken, berichte “Dozhd” mit Verweis auf das Mitglied des Menschenrechtsrates beim Haupt Tschetscheniens, Cheda Saratova (Quelle: Caucasian Knot). Laut Saratova würden Frauen, die aus Syrien nach Russland zurückkehrten, des illegalen Grenzübertritts beschuldigt. Die Strafgelder dafür sowie für die Charterflüge würden von der “Ahmat Kadyrov Stiftung” getragen (Ahmat Kadyrov war der Vater des tschetschenischen “Haupts” Ramzan Kadyrov und wurde am 9. März 2004 in Folge eines Terroranschlags getötet. Eine Selbstdarstellung über die Tätigkeiten der Stiftung, die seinen Namen trägt, können auf der offiziellen Webseite der Einrichtung nachgelesen werden - Anm. d. Redaktion).  

Die IS-Frauen würden nicht freiwillig nach Russland zurückkehren wollen, falls die Sicherheitsdienste weiterhin Ermittlungen gegen sie einleiten würden, warnen Menschenrechtler. Im Fall von Tschetschenien, wo man sich für die Rückkehr der Frauen einsetze, spiele die persönliche Entscheidung Ramzan Kadyrovs die ausschlaggebende Rolle, teilte Oleg Orlov vom Rat der Menschenrechtsorganisation “Memorial” mit (Caucasian Knot).

Dabei gebe es keine einheitliche Herangehensweise an IS-RückkehrerInnen, so der Minister für Extremismusprävention von Kabardino-Balkarien, Zalim Kaschirokov. “Ich würde nicht kommentieren, ob diese Leute verurteilt oder strafrechtlicher Verfolgung entgehen werden, da jede Person individuell behandelt werden wird, und erst danach darüber entsprechende Entscheidungen getroffen werden können”, so Kashirokov.

In Inguschetien habe es bisher keine Fälle von IS-RückkehrerInnen gegeben. Das “Haupt” (Glava) von Inguschetien, Junus-Bek Jewkurow, zweifelte den Hilfebedarf von IS-Rückkehrerinnen an: “Alleine, weil diese Frauen ihre Ehemänner nicht davon überzeugt haben, nicht in den Krieg zu ziehen, nicht fremde Männer, Kinder, die ja auch Mütter haben, zu töten - alleine deswegen würde ich nicht sagen, dass wir ihre Rückkehr überhaupt brauchen. Zudem haben sie dieses Land, diese Republik, dieses Volk, ihre eigenen Familien und Verwandten bespuckt und uns verlassen”, so Jewkurow.

In Dagestan gestaltet sich der Umgang mit RückkehrerInnen viel härter als in anderen Regionen. Am 15. Februar erklärte ein Gericht in Machatschkala Zagidat Abakarova für schuldig wegen der Mitgliedschaft in einer illegalen Militärformation und verurteilte sie zu acht Jahren Haft. Die Frau konnte das Gericht davon überzeugen, den Haftantritt um 13 Jahre zu verschieben, bis ihr jüngstes Kind das 14. Lebensjahr vollendet haben wird. Im Januar hatte ein Gericht in Hasawjurt (Dagestan) eine weitere Frau, Naida Scheich-Ahmadova, zu 12 Jahren Freiheitsentzug verurteilt. Sie war im Herbst 2017 in die Russische Föderation zurückgekehrt. Mindestens eine weitere IS-Frau, Muslimat Kurbanova, befindet sich laut Caucasian Knot derzeit unter Arrest.

 

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