Israels Verteidigungsminister in Baku: Besuch unter Freunden

| Nachricht, Aserbaidschan

Ein langer Besuch des israelischen Verteidigungsministers, Avigdor Lieberman, in Baku steht im Fokus der aserbaidschanischen Medien. Der israelische Minister verbrachte in der aserbaidschanischen Hauptstadt insgesamt fünf Tage und traf sich dabei mit vielen hochrangigen Offiziellen des Landes, darunter dem Staatspräsidenten, dem Premierminister, dem Verteidigungsminister, dem Außenminister und dem Leiter des Grenzschutzes. Offiziell heißt es, dass es bei den Gesprächen in Baku um die bilaterale Zusammenarbeit und die Lage in der Region gegangen sei. Das Gespräch mit Präsident Alijew soll mehrere Stunden gedauert haben.

Die enge Zusammenarbeit zwischen Israel und Aserbaidschan umfasst nicht nur wirtschaftspolitische Themen, sondern auch eine sehr enge - und für Israel wohl lukrative - milliardenschwere Militärkooperation. Der Erdöl- und gasreiche südkaukasische Staat, der einen ungelösten territorialen Streit mit seinem Nachbarland Armenien hat, deckt circa 40% der israelischen Erdölimporte ab, und ist ein kaufkräftiger Importeur von hochmodernen israelischen Waffen, darunter den Kriegsdrohnen „Harop“ und den Panzerabwehrsystemen „Spike-R“. Der aserbaidschanische Militär-Experte Ramaldanow geht davon aus, dass während des Besuchs des israelischen Verteidigungsministers weitere Waffendeals zwischen Baku und Jerusalem geschlossen wurden. Der israelische Politologe, Jurij Botscharow, glaubt jedoch nicht, dass man die wahren Ergebnisse des Besuchs offenlegen wird.

In der Tat passiert vieles in den israelisch-aserbaidschanischen Beziehungen im Geheimen. Laut einem Kabelbericht von WikiLeaks soll Aserbaidschans Staatsoberhaupt die israelisch-aserbaidschanische Kooperation einst mit einem Eisberg verglichen haben, der zu 90% im Verborgenen liegt.

Die israelisch-aserbaidschanische Allianz wird dadurch brisant, dass Aserbaidschan, dessen Bevölkerung überwiegend aus schiitischen Muslimen besteht, direkt an den Iran grenzt. Trotz einer gewissen religiösen Nähe zwischen den beiden Staaten ist das Verhältnis zwischen Baku und Teheran vom gegenseitigen Misstrauen geprägt. Denn das postsowjetische Aserbaidschan ist, anders als der Iran, ein säkularer Staat, in dem Religion aus dem politischen Leben verbannt ist. Die aserbaidschanischen Sicherheitsbehörden greifen außerdem regelmäßig gegen angeblich pro-iranische Islamisten und Organisationen durch. Aus dem Iran waren in der Vergangenheit Vorwürfe zu hören, israelische Geheimdienste hätten von Aserbaidschan aus ihre Operationen gegen den Iran durchgeführt. Als 2009 der israelische Präsident Peres zu einem offiziellen Besuch in Baku eintraf, kamen Drohungen direkt vom Leiter des iranischen Generalstabs, General Hasan Firusabadi. Derselbe General beschuldigte 2011 Aserbaidschans Regierung einer „anti-islamischen Politik“.

Erst nach der Wahl von Hasan Rouhani zum Präsidenten Irans und dem Inkrafttreten des internationalen Nukleardeals mit Teheran, hat die Spannung in den iranisch-aserbaidschanischen Beziehungen nachgelassen. Wie sich die Situation angesichts der Aufkündigung des Deals durch die USA und der neuen harten US-Sanktionen gegen die Islamische Republik in der Region entwickeln wird, ist zunächst unklar.

Sollte man der israelischen Zeitung Yediot Aharonot glauben, ging es in Baku um ein weiteres für Israel wichtiges Anliegen, das aber weit über die israelisch-aserbaidschanischen Beziehungen hinausgeht. Während Lieberman in Aserbaidschan war, kam auch der türkische Präsident Erdogan zu einem eintägigen Besuch nach Baku. Zwar war der offizielle Anlass des Erdogan-Besuchs in Aserbaidschan ein anderer. Doch die israelische Presse glaubt nicht an solche Zufälle und vermutet, dass die südkaukasische Republik ein Ort für geheime türkisch-israelische Gespräche gewesen sein könnte. Angesichts des wachsenden iranischen Einflusses in Syrien, arbeiten die Türkei und Israel nun daran, ihre einst engen Beziehungen zu normalisieren. Ankara hoffe außerdem, durch die Stärkung seiner Verbindungen mit Israel auch seine angeschlagenen Verhältnisse mit den USA zu verbessern.

 

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