Ist das Tiefseehafenprojekt „Anaklia“ in Gefahr?
Die jüngsten Entwicklungen rund um die TBC-Bank Georgiens (Caucasus Watch berichtete) haben dafür gesorgt, dass das Schicksal des Tiefseehafenprojekts „Anaklia“ in Frage gestellt wird. Seit Anfang März wird von einigen hochrangigen georgischen Offiziellen der Umstand kritisiert, dass sich das „Anaklia Development Consortium“ nicht an den Zeitplan der Bauarbeiten des Hafens halte.
Daraufhin veröffentlichte das Konsortium am 18. März eine Erklärung mit detallierten Informationen zum Baufortschritt des Hafens. „Das Anaklia Development Consortium stellte erneut klar, dass sich der Bau des Hafens seit 2016, nachdem die Investitionsvereinbarung mit der Regierung unterzeichnet wurde, nicht verzögert hat. Darüber hinaus begannen die Aktionäre im Jahr 2018 mit dem Bau auf eigene Kosten. Bis heute hat das Konsortium 70 Millionen US-Dollar in das Projekt investiert“, heißt es in der Stellungnahme. Laut der Erklärung habe die Regierung für Aufregung im Umfeld des Projekts gesorgt und damit Hindernisse für seinen reibungslosen Ablauf geschaffen. „Die Generalstaatsanwaltschaft Georgiens hat öffentlich unberechtigte finanzielle Anschuldigungen gegen Geschäftsleute - Mamuka Khazaradze und Badri Japaridze - erhoben, die auch Gründer des „Anaklia Development Consortium“ sind. Dieser Schritt der Regierung warf logische Fragen unter den Institutionen auf, die das Projekt finanzierten... Die Regierung veröffentlichte auch Einzelheiten der Verhandlungen mit dem Konsortium. Die erfolgreiche Fortführung der Zusammenarbeit mit Finanzinstituten ist vor allem in unserem Interesse“, heißt es im Statement.
Die georgische Ministerin für regionale Entwicklung und Infrastruktur, Maia Tskitischwili, sagte in ihrem Interview mit dem georgischen Fernsehsender „Rustavi 2“, dass die Ermittlungen gegen Mamuka Khazaradze nichts mit der Umsetzung des Tiefseehafenprojekts zu tun habe. Sie erinnerte an die acht Anforderungen der internationalen Finanzinstitutionen, die Voraussetzungen für Investitionen in das Projekt seien. Nach Ansicht der Ministerin werde die öffentliche Meinung heute durch Fehlinformationen gebildet, da es so dargestellt wird, als ob der Staat mit den Banken verhandeln müsste und entsprechend im Fall der Nichteinigung mit den Finanzinstitutionen der Staat als „Killer“ des Projekts dargestellt werde. Laut Tskitischwili ist das ein Versuch dem Staat volle Verantwortung zuzuschieben.
Einer der Mitgründer der georgischen TBC-Bank und des „Anaklia Development Consortium“, Mamuka Khazaradze, erklärte in seinem Interview mit „Rustavi 2“, dass das Projekt bei weiterer Verzögerung der Verwirklichung am Ende abgebrochen werden könnte.
Die Opposition behauptete seit dem Beginn der Geldwäsche-Affäre um die TBC-Bank, dass der Gründer und Vorsitzende der Regierungspartei Georgiens, Bidsina Iwanischwili, eigene geschäftliche Interessen am Tiefseehafenprojekt „Anaklia“ habe und dies der wahre Grund für den „Angriff“ auf die TBC-Bank sei.
Der Tiefseehafen „Anaklia“ wird vom „Anaklia Development Consortium“ vorangetrieben, das der „TBC Holding“ angehört, einer Tochtergesellschaft der TBC Bank Group. Das Konsortium gewann im Jahr 2015 den Zuschlag für die Entwicklung von „Anaklia City“ zusammen mit der in den USA ansässigen „Conti Group LLC“. Das britische internationale Transport- und Logistikunternehmen „Wondernet Express“, der amerikanische Hafenbetreiber „SSA Marine“ und das bulgarische „G-Star“ sind ebenfalls an dem Projekt Anaklia beteiligt. Mehrere georgische Medien spekulieren, dass das Erhalten des Zuschlags durch das „Anaklia Development Consortium“ der Hauptgrund für den Konflikt zwischen dem ehemaligen Premierminister Georgiens, Giorgi Kvirikaschwili und dem Gründer der georgischen Regierungspartei (Georgischer Traum), Bidsina Iwanischwili, gewesen sei. Im Juni 2018 trat Kvirikaschwili zurück und begründete seine Entscheidung mit den Meinungsverschiedenheiten die er mit Iwanischwili in wirtschaftspolitischen Fragen hatte. Mehrere Monate später warf Iwanischwili der TBC-Bank und der Bank of Georgia vor, „das ganze Land aufgefressen“ zu haben. Iwanischwili beschuldigte den früheren Premierminister, Giorgi Kvirikaschwili, Lobbyarbeit für die Banken geleistet zu haben, anstatt sich mit Überschuldung und räuberischen Krediten zu befassen.
Die erste Bauphase des Tiefseehafens hat Ende 2017 begonnen. Die Investitionen für die erste Projektphase werden auf 586 Mio. US-Dollar veranschlagt. Nach Abschluss der ersten Bauphase Ende 2020 soll der neue Hafen über eine jährliche Umschlagkapazität von etwa 8 Mio. t Containerfracht verfügen, was 790.000 TEU entspricht. Dieser Durchsatz soll laut den Planungen der Verantwortlichen im Jahr 2028 erreicht werden. Der Hafen entsteht auf einer Gesamtfläche von 339 ha. Der Projektwert aller neun Ausbauphasen beträgt 2,5 Mrd. $. Die zweite Ausbauetappe soll etwa 2027 abgeschlossen werden. Sie sieht eine Ausweitung der jährlichen Kapazität für den Güterumschlag auf 14 Mio. t vor.