Ist der Wahlsieg von Salome Surabischwili nicht mehr sicher?

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Salome Surabischwili und Bidsina Iwanischwili. Photo: Civil.ge
Salome Surabischwili und Bidsina Iwanischwili. Photo: Civil.ge

Zwei Wochen vor der Präsidentschaftswahl in Georgien wird der Wahlkampf im Land angespannter. Die Fronten sind inzwischen so verhärtet, dass der Parlamentspräsident Irakli Kobachidse („Georgischer Traum“) die Oppositionspartei „Einige Nationale Bewegung“ als „faschistisch“ beschimpft. Und die von der regierenden Partei unterstützte parteilose Präsidentschaftskandidatin, Salome Surabischwili, wird von der Opposition als „Landesverräterin“, die bestraft werden müsse, bezeichnet.

Surabischwili selbst sorgte erneut für Aufregung durch ihre Äußerungen bei einem Wahlkampftreffen mit Vertretern der armenischen Minderheit in Georgien: „Bislang wurde die [georgische] Staatsbürgerschaft alleine aufgrund der Entscheidung des Präsidenten verliehen. Einer der Präsidenten, dessen Vertreter mein Kontrahent ist, verlieh vielen türkischen Menschen die Staatsbürgerschaft, aber hat euch [den Armeniern in Georgien] keine gegeben.“ Auf diese Weise kritisierte Surabischwili die Politik des damaligen georgischen Präsidenten, Mikheil Saakaschwili und griff parallel ihren wichtigsten Gegner bei den bevorstehenden Präsidentschaftswahlen, Grigol Waschadse, an.

Der georgische Politologe, Gela Vasadse, ist der Meinung, dass Surabischwili durch ihre Aussage die unter den Armeniern verbreiteten „türkisch-feindlichen Stimmungen“ bediene. Laut Vasadse ist diese Äußerung generell gegen die Turkvölker, einschließlich der Aserbaidschaner, gerichtet, und diese Interpretation lässt ihn Surabischwilis Aussage als fremdenfeindlich einstufen. Vasadse erinnerte daran, dass viele Anwohner der überwiegend armenisch besiedelten georgischen Region Javakheti nur armenische und russische Pässe besitzen. Das hänge damit zusammen, dass sich viele Menschen in der Region aus finanziellen Gründen nach Russland begeben und daher den russischen Pass dem georgischen vorziehen, so der Politologe. Die Präsidentschaftskandidatin soll bald auch in einer anderen georgischen Region, die überwiegend von ethnischen Aserbaidschanern besiedelt ist, Marneuli, auftreten. Es wird nun mit Spannung erwartet, wie sich Surabischwili dort verhalten werde.  

Die umstrittene Äußerung von Surabischwili wurde von den zivilgesellschaftlichen Organisationen kritisiert. Insgesamt 15 georgische und internationale NGOs, darunter die Open Society Georgia Foundation, Georgian Young Lawyer’s Association (GYLA), Georgian Democracy Initiative (GDI) und das Institute for Democracy and Safe Development (IDSD), bezeichneten Surabischwilis Äußerungen als „alarmierend“ und „fremdenfeindlich“. Surabischwili widerspreche damit den Grundwerten der liberalen Demokratie und der Gleichheit. Statt versöhnend zu wirken, instrumentalisiere sie alte Konflikte zwischen den Volksgruppen, nur um ihren Gegenkandidaten bei der Präsidentschaftswahl zu diskreditieren.

Grundsätzlich haben sich in den letzten Wochen die Verhältnisse zwischen der Regierung und der Zivilgesellschaft in Georgien spürbar verschlechtert, berichtet Ekho Kavkaza. Der Generalsekretär der Regierungspartei, Kaha Kaladse, behauptet, dass die NGOs von der „Einigen Nationalen Bewegung“ gebildet worden seien und daher nun zugunsten dieser Partei agieren würden. Seit dem Aufruf von 10 NGOs an die Regierungspartei „Georgischer Traum“, sich vor dem Hintergrund des großen Skandals um das Unternehmen Omega-Group, mit der „elitären Korruption“ im Lande intensiv auseinanderzusetzen, beklagen die Aktivisten, dass der Staatsapparat gegen sie in den sozialen Netzwerken eine Hetzjagd betreibe. Denn dieser Skandal wird unmittelbar mit dem Parteivorsitzenden des „Georgischen Traums“, dem Oligarchen Bidsina Iwanischwili in Verbindung gebracht. Der Geschäftsmann Zaza Okuaschwili wirft Iwanischwili vor, ihn bedroht und erpresst zu haben. Iwanischwili soll über seine Vertreter von Okuaschwili ca. $2 Mio. gefordert zu haben, und die durch den Oppositionsfernsehsender Rustavi-2 ausgestrahlten Audiomittschnitte sollten dies belegen. Die Staatsanwaltschaft prüft die erhobenen Vorwürfe, während die Regierung diese bestreitet.    

Die schweren Vorwürfe gegen Bidsina Iwanischwili dürften auch „seine“ Präsidentschaftskandidatin belasten. Die ehemalige Außenministerin, Salome Surabischwili galt bisher, wegen der Unterstützung durch die regierende Partei „Georgischer Traum“, als aussichtsreiche Kandidatin im Rennen um das Amt des georgischen Staatspräsidenten. Beobachter sehen in ihr eine äußerst selbstbewusst auftretende Person, die allerdings, aufgrund der Tatsache, dass sie in Frankreich geboren wurde und dort aufgewachsen ist, nicht unerhebliche Schwierigkeiten mit der georgischen Sprache habe.

Grigol Waschadse, ebenso ein ehemaliger georgischer Außenminister (2008-2012), vertritt die Einige Nationale Bewegung (die Partei des ehemaligen Präsidenten Saakaschwili) und gilt als der wichtigste Herausforderer von Salome Surabischwili.

Der georgische Journalist, Gia Nodia, hält den Wahlsieg von Surabischwili bei der bevorstehenden Wahl für nicht sicher. Die angeblich geringen Popularitätswerten Surabischwilis seien leicht zu erklären, so der Journalist. Laut einer NDI-Umfrage vom Juni 2018 glauben nur 18% der Georgier, dass sich das Land in eine richtige Richtung entwickelt: Dies sei der geringste Wert seit der Amtszeit von Präsident Eduard Schewarnadse. Darüber hinaus schaffe Surabischwili sehr oft Probleme für sich selbst, und zwar dort, wo diese hätten leicht vermieden werden können. So hatten ihre Äußerungen, die Georgien den Kriegsausbruch im August 2008 zur Last legen, für viel Unmut gesorgt – auch unter vielen Bürgern, die wohl kaum als Saakaschwili-Anhänger bezeichnet werden können. Sie habe sich außerdem mit der georgischen orthodoxen Kirche zerstritten, welche als am höchsten angesehene Institution im Lande gelte. Das könnte einem Politiker schnell zum Verhängnis werden. Als Migrantentochter habe es Surabischwili auch nicht geschafft, die georgische Sprache einwandfrei zu erlernen, und ihre ungeschickten Ausdrücke würden oft zu Anekdoten im Lande werden. So habe sie auf Georgisch sogar nicht richtig ausdrücken können, dass sie christlich-orthodoxen Glaubens sei, was gerade in Georgien ganz schlecht angekommen sein dürfte. Der Gesetzentwurf der Regierung über den Cannabis-Anbau, für den sich Surabischwili stark gemacht hat, wurde nach der negativen Reaktion der Kirche von der Regierung inzwischen zurückgezogen. Allerdings klebe an Surabischwili seitdem der Rufname „Cannabis-Prinzessin“. Solle sich Surabischwili bei der kommenden Wahl doch durchsetzen, dann würden viele anzweifeln, ob unter Bidsina Iwanischwili ein Machtwechsel durch die Wahlen überhaupt noch möglich sei, so Nodia.

Eine andere bekannte georgische Politikerin, Nino Burdschanadse, vertritt eine ähnliche Meinung. Sie kündigte am 8. September an, dass ihre Partei, die „Demokratische Bewegung Georgien“, an den Präsidentschaftswahlen 2018 nicht teilnehmen werde. Sie begründete ihre Entscheidung damit, dass die Wahlen eine Farce seien und das neugewählte Staatsoberhaupt ein „Sklave des Chefs der Regierungspartei, Bidsina Iwanischwili“ sein würde. Sie plädiert für die Abschaffung des Amtes des Präsidenten, da dieses ihrer Meinung nach lediglich dazu diene, die Macht der Oligarchen zu stärken.

Am 28. Oktober werden die Georgier ihren fünften Präsidenten wählen. Die Amtszeit wird sechs Jahre betragen. Dies wird das letzte Mal sein, dass ein Präsident oder eine Präsidentin direkt gewählt wird. Bis jetzt wurden 31 Präsidentschaftskandidaten aufgestellt, von denen 15 als überparteilich gelten.

 

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