Iwanischwili gesteht die Fehler seiner Partei für das Scheitern in der ersten Runde der Wahlen ein
Der Vorsitzende der Regierungspartei (Georgischer Traum-GD) Bidsina Iwanischwili nannte in einem Interview mit dem Fernsehsender „Imedi TV“ die Ergebnisse der ersten Wahlrunde eine „kalte Dusche“ für seine Partei. Seiner Meinung nach zeigen die Ergebnisse, wie wütend und enttäuscht die Bevölkerung gegenüber der Politik der Regierungspartei eingestellt sei. Ferner gibt er zu, dass zwischen der Partei und der Gesellschaft ein Riss enstanden sei und verurteilt das übermäßige Selbstbewusstsei seiner Partei, die alle Regierunszweige kontrolliere. Außerdem erinnert Iwanischwili an die „unprofessionelle“ Umfrage des durch seine Partei angestellten Meinungsforschungsunternehmens „Psycho Project“. Den Ergebnissen der Umfrage zufolge, welche diese Organisation drei Tage vor dem Wahltag eingeholt hat, sollte Surabischwili 52% und ihr engster Konkurrent Waschadse 28% der gesamten Stimmen erzielen. Nach der Ankündigung der Endergebnisse besiegte Surabischwili Waschadse in der ersten Runde mit einem Unterscheid von 1% (39% zu 38%), was etwas über 14.000 Stimmen ausmache.
Iwanischwili äußerte sich auch zur Arbeit der Opposition und bezeichnete ihre Kritik an der Regierung als destruktiv und unbegründet. Der Parteivorsitzende bestand während des Interviews darauf, dass die oppositionelle Partei „United National Movement“ (UNM) nicht in der Lage sei, mit legitimen Methoden an die Macht zurückzukehren, und versuche daher, das Land zu destabilisieren. Er beschuldigt die UNM, die Öffentlichkeit falsch informiert zu haben. Iwanischwili brachte forderte seine eigenen Parteimitglieder auf, das Wahlgesetz zu respektieren und von der Manipulation abzusehen.
NGOs über die Vorwahlsituation in Georgien
Die Nichtregierungsorganisation „Internationale Gesellschaft für faire Wahlen und Demokratie“ (ISFED) veröffentlichte am 22. November einen Zwischenbericht zum Wahlumfeld in Georgien vor der Stichwahl am 28. November. In dem Bericht wird der Zeitraum vom 29. Oktober bis zum 19. November analysiert und es wird darauf hingewiesen, dass das Wahlumfeld vor der zweiten Runde im Vergleich zur ersten Runde durch scharfe Polarisierung und negative Kampagnen gekennzeichnet sei. Konkret wird im Bericht auf die Aussage der Vertreter der Regierungspartei über die Gefahr eines Bürgerkrieges und auf die Morddrohugen gegen die Präsidentschaftskandidatin Salome Surabischwili eingegangen.
Dem Bericht zufolge werde Druck auf Beamte, sowie im Privatsektor beschäftige Personen ausgeübt, Surabischwili bei der zweiten Runde der Präsidentschaftswahlen zu unterstützen. In manchen Fällen solle Widerstand sogar zu Entlassungen geführt haben.
Die Regierung habe bislang den ISFED-Bericht über das Wahlumfeld nicht kommentiert. Jedoch sagte der Ministerpräsident Bakhtadse, dass die zweite Runde der Präsidentschafstwahlen in Übereinstimmung mit den „höchsten Standards“ durchgeführt werde. Bakhtadses Antwort folgte der Einschätzung des ehemaligen Präsidenten der Parlamentarischen Versammlung der NATO, Rasa Jukneviciene, der im Interview mit der georgischen Vertretung von „Voice of America“ sagte, Georgien hätte seit den Wahlen von 2012 keinen Schritt nach vorne, sondern einen Schritt zurück gemacht.
Am 23. November berichtete die UNM über vermehrte Gewalt gegen seine Aktivisten und Anhänger und kritisierte dem Umgang der Behörden mit den Vorfällen. Es handelt sich hierbei um einen Messerangriff auf einen Parteifunktionär und um das Werfen Molotow-Cocktails auf den Hof einer lokalen Oppositionskoordinatorin. Die Vereinigte Opposition weist darauf hin, dass beide Vorfälle politisch motiviert waren und darauf abzielten, ihre Aktivisten zu bedrohen.
Die Oppositionspolitiker betonen, dass alle früheren Fälle von Gewalt gegen ihre Aktivisten, an denen bekannte Anhänger der Regierungspartei beteiligt gewesen sein sollen, außer Acht gelassen worden seien. Sie behaupten, die Behörden hätten die Fälle nicht ordnungsgemäß untersucht und die Täter nicht bestraft.
Der Abgeordnete vom Georgischen Traum, Mamuka Mdinaradse, wies die Vorwürfe der Opposition zurück. Er warf der Opposition vor die Fälle zu politisieren und Lügen zu verbreiten. Auch das Innenministerium gab in seiner Erklärung bekannt, dass der UNM-Funktionär während eines Streits niedergestochen worden sei.
Die zweite Runde der Präsidentschaftswahlen in Georgien soll am 28. November dieses Jahres stattfinden. Mit der Wahl tritt auch eine Verfassungsreform in Kraft. Ab 2023 soll ein Wahlmännergremium den Präsidenten bestimmen. Damit wird mit dieser Wahl der Präsident das letzte Mal direkt vom Volk gewählt werden. Zudem soll das Staatsoberhaupt in Zukunft nur noch fünf statt sechs Jahre amtieren und überwiegend repräsentative Aufgaben erfüllen.