Jerewan und Baku drohen einander mit vernichtenden Militärschlägen

TASS
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Am 24. Juli haben armenische und aserbaidschanische Militärs Erklärungen abgegeben, die auf eine wachsende Spannung und immer schärfer werdende Militärrhetorik zwischen den beiden verfeindeten Kaukasusrepubliken hindeuten. So sagte der armenische Verteidigungsminister, David Tonojan, in einem Interview, dass Armenien sich nicht davor schrecken würde, das „gesamte verfügbare Militärarsenal“ in einem möglichen Krieg gegen Aserbaidschan einzusetzen.

Der Pressesprecher der separatistischen Streitkräfte der Bergkarabach-Armenier, Lewon Mnatsakanjan, bestärkte diese Äußerungen Tonojans, in dem er am 24. Juli Baku mit einem „sofortigen Militärschlag“, der sich gegen das Wasserkraftwerk in Mingatschawir richten würde, gedroht hat. Dieses am Fluss Kura gelegene Wasserkraftwerk gilt als das größte und leistungsstärkste Kraftwerk Aserbaidschans und ist daher von einer strategischen Bedeutung für das Land. Erst vor zwei Wochen kam es zu einer Störung des Kraftwerks, was zum mehrstündigen Stromausfall in ganz Aserbaidschan geführt hat.

Mnatsakanjan hat außerdem nicht ausgeschlossen, dass es im Herbst diesen Jahres zu einer Eskalation an der Frontlinie kommen könnte. Denn derzeit sei die Situation an der Front „ruhig wie nie zuvor“, was seiner Ansicht nach auf „irgendwelche Vorbereitungen des Gegners“ hindeuten könnte.

Daraufhin erklärte das Verteidigungsministerium Aserbaidschans, dass es auf dem Territorium Armeniens Objekte gebe, deren Vernichtung armenische Gebiete für Jahrhunderte unbewohnbar machen würde. Die armenischen Militärs hätten daran denken müssen, bevor sie „unverantwortliche Erklärungen“ abgeben, heißt es im Statement der aserbaidschanischen Armee. Offenbar wurde damit das alte armenische Atomkraftwerk Metsamor aus dem Jahr 1977 gemeint.

Seit der so genannten „samtenen Revolution“ in Armenien wurden die unter Vermittlung der Minsker Gruppe der OSZE laufenden Friedensverhandlungen zwischen Armenien und Aserbaidschan faktisch gestoppt. Zwar haben sich die Außenminister der beiden Länder am 11. Juli in Brüssel getroffen, jedoch sind keine Termine auf der Landesführungsebene geplant. 

Dadurch, dass der neue armenische Regierungschef die Teilnahme der international nicht anerkannten Bergkarabach-Republik an den Friedensverhandlungen forderte und seinen Sohn zum Militärdienst nach Bergkarabach entsenden ließ, fühlt sich Baku zunehmend provoziert. Auch der Sohn des neuen Verteidigungsministers Armeniens wird seinen Militärdienst in Bergkarabach leisten. Jerewan hingegen wirft Baku vor, dass die aserbaidschanischen Truppen entlang der Staatsgrenze und der Frontlinie zusammengezogen worden seien. 

Die Region Bergkarabach gehört völkerrechtlich zu Aserbaidschan, jedoch wird sie von Armenien, das sich als Schutzmacht für die Karabach-Armenier sieht, militärisch besetzt. Infolge des Krieges zwischen Armenien und Aserbaidschan in den 90-er Jahren des letzten Jahrhunderts wurde die aserbaidschanische Bevölkerung aus Bergkarabach und sieben weiteren Provinzen, die ebenso unter armenische Kontrolle gerieten, vertrieben. Aktuell werden diese Gebiete fast ausschließlich von Armeniern bewohnt. Die Minsker Gruppe der OSZE unter Ko-Vorsitz Russlands, Frankreichs und den USA vermittelt seit 1994 bei der Suche nach einer friedlichen Lösung des Konflikts, ein Erfolg bleibt bisher aus. 

 

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