Neue Spannungen zwischen Armenien und Aserbaidschan

Am 28. Juli wurde der armenische Soldat Arman Bulghadarjan von einem aserbaidschanishen Scharfschützen erschossen. Zwei weitere armenische Soldaten wurden im nordöstlichen Teil der Kontaktlinie verwundet. Zehn Tage zuvor, am 18. Juli, wurde ein Soldat des aserbaidschanischen Grenzschutzdienstes im Gebiet Gazakh durch einen Schuss von der armenischen Seite verletzt. Die in den letzten Tagen zunehmende Zahl von Zwischenfällen, die sich trotz der zwischen den Militärs der beiden Kaukasusstaaten bestehenden „Hotline“ abspielen, weist womöglich auf das Ende der relativen Ruhe in der Konfliktzone hin. 

Das armenische Außenministerium gab eine Erklärung ab, in der es die letzte Aktion aserbaidschanischer Soldaten verurteilte und Aserbaidschan beschuldigte, den Waffenstillstand verletzt zu haben. „Die vorsätzlichen und provokativen Verstöße gegen den Waffenstillstand in Aserbaidschan stehen im Widerspruch zu den Verpflichtungen, den Waffenstillstand zu respektieren und zu verstärken. Sie missachten die Erklärung vom 20. Juni, die auf der Sitzung der Ko-Vorsitzenden der OSZE-Minsk-Gruppe in Washington verabschiedet wurde. Wir verurteilen diese Provokationen, welche zu menschlichen Verlusten führen, nachdrücklich, da Aserbaidschan die Aufrechterhaltung des Waffenstillstands und die Stärkung der vertrauensbildenden und sicherheitspolitischen Maßnahmen abgelehnt hat. Diese Aktionen bergen ein Eskalationsrisiko, für das Aserbaidschan die alleinige Verantwortung trägt“, sagte die Sprecherin des armenischen Außenministeriums Anna Naghdaljan.

Die aserbaidschanischen Beamten reagierten folgendermaßen auf diese Anschuldigungen: „Am 28. Juli ab 09:00 Uhr feuerten die feindlichen Scharfschützen in verschiedene Richtungen auf die Kampfpositionen und die Militärfahrzeuge der aserbaidschanischen Armee bewegten sich in die entgegengesetzte Richtung. Die Schießstände der feindlichen Scharfschützen wurden durch ein Antwortfeuer zum Schweigen gebracht“, heißt es in der offiziellen Erklärung des aserbaidschanischen Verteidigungsministeriums.

Die Sprecherin des aserbaidschanischen Außenministeriums, Leyla Abdullajewa, machte Armenien für die ständigen Spannungen verantwortlich. „Der einzige Grund für das Bestehen der heutigen Spannungen in der Region und einer Frontlinie zwischen Armenien und Aserbaidschan im Allgemeinen ist Armenien, das die international anerkannten Gebiete Aserbaidschans, namentlich Bergkarabach und die sieben umliegende Gebiete, militärisch besetzt hält. Solange die Streitkräfte der Republik Armenien in den international anerkannten Gebieten der Republik Aserbaidschan präsent sind, ist die Wahrscheinlichkeit, dass solche Vorfälle auftreten, leider hoch“, sagte sie. Während das armenische Außenministerium kürzlich in einer Erklärung behauptete, dass es nicht richtig sei, „Verhandlungen mit einer Hand zu führen und das Feuer mit der anderen zu eröffnen“. Die armenische Seite feuerte auf die Positionen der aserbaidschanischen Grenze in Richtung der Grenzkontrollposten im aserbaidschanischen Bezirk Gazakh und verletzte einen Soldaten des aserbaidschanischen Staatsgrenzdienstes.

Die armenische und die aserbaidschanische Armee haben eine „Hotline“ eingerichtet und die Situation an der Front war zuvor relativ ruhig. Trotzdem konnten die Konfliktparteien seit Monaten keine Fortschritte bei den eher schleppend laufenden Friedensverhandlungen erzielen. Die zunehmenden Spannungen könnte auch mit den Plänen Armeniens zusammenhängen, eine dritte Straße zu bauen, die nach Bergkarabach führt. Am 24. Juli gab der Sekretär des armenischen Sicherheitsrats, Armen Grigorjan, bekannt, dass die armenische Regierung plant, bis 2020 eine 150 Kilometer lange Straße zu bauen, die Kapan in Armenien mit Hadrut (Khojavend) in Bergkarabach verbinden soll. Diese Straße wäre die längste und territorial umfangreichste zwischen Armenien und Bergkarabach. Ein Schritt, der den Fortschritt in Richtung enger politisch akzeptablen Konfliktlösung aus Sicht Bakus bedrohen würde.

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