PACE debattiert über den Wahlbeobachtungsbericht zu Georgien

| Nachricht, Politik, Georgien

Die Parlamentarische Versammlung des Europarates hat am 21. Januar Debatten über den Bericht zur letzten georgischen Präsidentschaftswahl abgehalten.

In dem PACE-Bericht hieß es, dass die georgischen Präsidentschaftswahlen wettbewerbsfähig waren und die Gesetzgebung des Landes eine angemessene Grundlage für die Durchführung demokratischer Wahlen ermöglichte. Der Autor des Berichts, Andrej Hunko, sagte, dass die Wahlbeobachtungskommission jedoch über einzelne Vorfälle, Unterbrechungen von Wahlkampfveranstaltungen und über erzwungene Teilnahme öffentlicher Angestellter an Wahlkampfveranstaltungen während der Arbeitszeit  informiert gewesen sei. „Was die Wahlkampffinanzierung angeht, so stellten wir fest, dass die Gesetzgebung zur Parteien- und Wahlkampffinanzierung in Georgien nicht einheitlich ist. In den letzten Gesetzesänderungen wurden die langjährigen Empfehlungen der Staatengruppe gegen Korruption (GRECO) nicht berücksichtigt. Ein erhebliches Ungleichgewicht bei Spenden und zu hohe Ausgabengrenzen haben nicht zu gleichen Wettbewerbsbedingungen beigetragen“, sagte der Berichterstatter. Seiner Meinung nach, hielte die Beobachtungsmission die Umgehung mit Staatsgeldern und privaten Spenden während der Wahlkampagne in einem Land mit einer großen Armutsrate für überraschend. Zum Schluss forderte der Autor des Berichts die georgischen Behörden auf, ihre enge Zusammenarbeit mit der Venedig-Kommission fortzusetzen, um die Qualität der Wahlen zu verbessern.

Positionen der georgischen Vertreter

Die stellvertretende Parlamentssprecherin der Regierungspartei Georgiens, Tamar Chugoshvili, sprach Probleme wie die Verwendung von Hassrede und die Polarisierung der öffentlichen Meinung an. Sie fügte hinzu, dass das Land bereit sei, alle Empfehlungen der PACE zu den Wahlen zu berücksichtigen.

Der Abgeordnete von der Oppositionspartei „European Georgia“, Giorgi Kandelaki, richtete die Aufmerksamkeit von PACE auf die vorläufige Erklärung der internationalen Beobachter (einschließlich der PACE-Delegation) nach den Wahlen. „Dem Wahlbeobachtungsbericht zufolge ist Georgien einem ernsthaften Risiko ausgesetzt. Dies ist bei weitem die kritischste Bewertung georgischer Wahlen seit den 1990er Jahre“. Der Abgeordnete verwies auf die Berichte über den Kauf von Stimmen, die körperliche Konfrontation, die unverhältnismäßige Zuweisung von Wahlkampfspenden an den Kandidaten der Regierungspartei und die von Beobachtern geäußerte Besorgnis „hinsichtlich der Fähigkeit der Wähler, frei von Angst vor Vergeltung zu wählen“.

Ein anderer Abgeordneter der Regierungspartei, Zviad Kvachantiradse, warf Kandelaki Lügenverbreitung und falsche Interpretation des Wahlbeobachtungsberichts vor. Er behauptete, dass der Präsidentschaftskandidat der Opposition  „Russlandnah“ sei.

Was sagen die PACE Vertreter?

Die PACE-Mitglieder aus den Mitgliedstaaten der Europäischen Union haben an der Debatte teilgenommen und ihre Positionen neben den Kräften der verschiedenen politischen Strömungen vertreten. Die Vertreter der europäischen Sozialdemokraten - die zur selben politischen Familie wie die Regierungspartei Georgiens „Georgischer Traum“ gehören - hoben den allgemeinen Fortschritt hervor und sprachen von den in dem Bericht dargestellten Defiziten. Die EVP und die Liberalen - Partner der georgischen Opposition - standen den Wahlen in der Vergangenheit kritischer gegenüber, insbesondere im Bezug auf die zweite Wahlrunde.

Die Abgeordnete aus Frankreich, Maryvonne Blondin, bezeichnete während der Debatten die Wahlen in Georgien als demokratisch, verwies jedoch auf Defizite wie „Missbrauch von Verwaltungsressourcen, Verdacht auf Wahlkäufe, Politisierung bestimmter Beamter und Mängel in der Gesetzgebung zur Finanzierung politischer Parteien und Wahlkampagnen.“

Die britische Abgeordnete, Angela Smith, wies auf die Hasskampagne, insbesondere in sozialen Medien und auf die Polarisierung der Politik während dieser Wahl hin.  Sie hob die Wichtigkeit der Transparenz und des Vertrauens für den Aufbau eines erfolgreichen demokratischen Prozesses hervor.

Der Abgeordnete aus Island, Birgir Thórarinsson, legte den Fokus auf die Finanzierung der Wahlkampagne. Er bezeichnete die Annullierung der Bankschulden von über 600.000 Georgiern als „Stimmenkauf“. Seinem Erachten nach stelle der Zeitpunkt des Schuldenerlasses einen schweren Verstoß gegen freie, faire und glaubwürdige Wahlen in einem demokratischen Staat dar.

Am 28. November fand die zweite Runde der Präsidentschaftswahlen in Georgien statt. Die von der Regierungspartei unterstützte Präsidentschaftskandidatin Salome Surabischwili gewann die Stichwahl mit einem klaren Vorsprung von 10 Prozent. Die Opposition erkennt das Ergebnis der Präsidentschaftswahl nicht an und spricht von Wahlfälschungen. Die Wahlbeobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) beklagten zwar den Missbrauch staatlicher Ressourcen durch die Regierungspartei im Wahlkampf, haben jedoch die Wahl generell als „frei und gut organisiert“ bezeichnet.

Es war das letzte Mal, dass die Georgier einen Präsidenten direkt wählen konnten. Mit der Abstimmung trat eine Verfassungsreform in Kraft, nach der künftig ein Wahlmännergremium die Wahl des Präsidenten übernehmen wird. Das Staatsoberhaupt soll zudem nur noch fünf statt sechs Jahre amtieren und überwiegend nur noch repräsentative Aufgaben übernehmen.

 

 

Siehe auch

"Caucasus Watch" sucht lokale Experten aus Georgien, Armenien, Aserbaidschan und der Nordkaukasus-Region. Wir bieten eine flexible Form der Zusammenarbeit, eine angemessene Vergütung und Zugang zu einer europaweiten Leserschaft. Senden Sie Ihren Lebenslauf, ein Bewerbungsschreiben und eine Arbeitsprobe an redaktion@caucasuswatch.de. Für Fragen: i.dostalik@caucasuswatch.de.

Wir verwenden Cookies, um unser Angebot für Sie zu verbessern. Mehr Informationen dazu finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.