Rasmussen über die zukünftige NATO-Mitgliedschaft der Ukraine und Georgiens
Anlässlich des 70. Jahrestages der NATO reflektierte der ehemalige NATO-Generalsekretär Anders Fog Rasmussen die Erfolge der Allianz in einem Artikel. Die NATO genieße den Status des erfolgreichsten Friedensprojekts und gebe den aufstrebenden Staaten durch ihre Politik der offenen Tür sowie Demokratisierungs- und Liberalisierungsprozesse Hoffnung, betont der ehemalige Generalsekretär.
Er empfiehlt der NATO eine aktivere Politik gegenüber der Ukraine und Georgien zu führen und erklärt, dass Russland nach jedem Zögern der NATO stets nachgezogen habe. Als Beispiel nannte er den vorgeschlagenen Membership Action Plan (MAP) für Georgien und die Ukraine von 2008, welcher auf Forderungen Frankreichs und Deutschlands auf das nächste Jahr verschoben wurde. Ein paar Monate nach der Verschiebung ordnete der russische Präsident Dmitri Medwedew die Invasion Georgiens und die Besetzung Abchasiens und Südossetiens an.
Der Membership Action Plan (MAP) ist ein NATO-Programm zur Beratung und praktischen Unterstützung, das auf die individuellen Bedürfnisse von Ländern zugeschnitten ist, die dem Bündnis beitreten möchten. Die Länder, die territoriale Streitigkeiten haben, erfüllen die Kriterien für die Zulassung zum MAP jedoch nicht. Der Kreml schöpft Kapital aus solchen Situationen, die zu „eingefrorenen Konflikten“ führen. Streitigkeiten über die Souveränität, die mit Gewalt beginnen und sich dann in einer festgefahrenen Pattsituation befinden sind ein wirksames Veto gegen eine weitere NATO-Erweiterung, warnt Rasmussen. Er betont, dass die Ereignisse in der Ukraine seit 2014 ein perfektes Beispiel für eine solche Strategie sind. Nachdem Janukowitsch aus dem Land geflohen war und die ukrainische Politik sich prowestlich entwickelte, schickte Putin Spezialeinheiten, um die Krim zu annektieren, wonach bald ein russischer Aufmarsch in die Donbas-Region der Ostukraine folgte.
Um solche Szenarien in der Zukunft zu verhindern, sollten die NATO-Mitgliedstaaten nicht nur warme Worte über den demokratischen Willen des georgischen und ukrainischen Volkes aussprechen, sondern die lähmende Rolle anerkennen, welche die Kreml-Paranoia im Beitrittsprozess spielt. Der Kreml habe das Ziel diese Länder zurückzuhalten bis ihre Reformfortschritte ins Wanken geraten, warnt Rasmussen.
Als wichtigen Meilenstein schlägt Rasmussen vor, der Ukraine eine „Enhanced Opportunities Partnership“ anzubieten, wie sie Schweden, Finnland und Georgien bereits haben. Dies würde die Beziehungen der Ukraine mit dem Bündnis formalisieren und eine Grundlage für ein MAP und den vollständigen Beitritt schaffen. Gleichzeitig muss die NATO ihre Sanktionen gegen Russland verstärken, um den Konflikt in der Donbass-Region zu beenden und die Territorien Abchasiens und Südossetiens an Georgien zurückführen. Als Beispiel, wie dies möglich wäre, schlägt Rasmussen das zypriotische Modell des Beitritts in die EU vor. Zypern ist Vollmitglied der EU und der Eurozone. In den Teilen der Insel, die von der zypriotischen Regierung nicht kontrolliert werden, wurde das EU-Recht ausgesetzt. Ebenso könnte die NATO Sicherheitsgarantien für das gesamte Gebiet bieten, das noch von den Regierungen Georgiens und der Ukraine kontrolliert wird, schlägt der ehemalige NATO-Generalsekretär vor.