Überlegt Aserbaidschan den Beitritt in die russische Militärallianz?

Der Abgeordnete der regierenden Partei „Neues Aserbaidschan“, Ali Huseynli, überraschte die aserbaidschanische Öffentlichkeit, indem er sich in einem Interview für die Nachrichtenseite „Haqqin.az“ positiv über eine mögliche Mitgliedschaft Aserbaidschans in der Organisation des Vertrags über Kollektive Sicherheit (OVKS) geäußert hat. Die OVKS ist ein russisch dominierter Militärblock, dem neben Russland auch Kasachstan, Kirgistan, Tadschikistan, Belarus und Armenien angehören. Laut Huseynli, der den Rechtsausschuss im Parlament leitet, wäre es jetzt „zweckgemäß“, über den Beitritt Aserbaidschans in diese Militärallianz nachzudenken. Unter den aktuellen geopolitischen Umständen solle Aserbaidschan, das in den letzten Jahren zu einem wichtigen Importeur von russischen Waffen geworden ist, den Beitritt in die Organisation in Erwägung ziehen. Huseynli teile dabei nicht die gängige Meinung, dass ein solcher Schritt die Souveränität Aserbaidschans in Gefahr bringen könnte. Dabei bezieht sich der Abgeordnete auf die Beispiele von Kasachstan oder Belarus, die zwar OVKS-Mitglieder sind, aber ihre Souveränität seit dem Beitritt in die Organisation nicht verloren, sondern angeblich gestärkt hätten.

Huseynli sprach in diesem Zusammenhang von einer engen strategischen Partnerschaft zwischen Aserbaidschan und Russland und den regionalen Infrastrukturprojekten wie beispielsweise dem Transportkorridor „Norden-Süden“, die Baku und Moskau gemeinsam verwirklichen. Das Parlamentsmitglied bezeichnete Aserbaidschan sogar als den „derzeit einzigen russischen Verbündeten“ im Südkaukasus. Bisher positionierte sich Baku stets als geopolitisch neutral. Um diesen neutralen Status zu bekräftigen, hatte sich die Kaukasusrepublik 2011 der Bewegung der Blockfreien Staaten angeschlossen.

Die jüngsten Äußerungen des regierungsnahen aserbaidschanischen Parlamentsabgeordneten erfolgten vor dem Hintergrund der kriselnden türkisch-amerikanischen Beziehungen. Die Türkei, die traditionell als der engste Verbündete Aserbaidschans gilt, droht angesichts der Sanktionen und Wirtschaftsmaßnahmen der USA, sich geopolitisch umzuorientieren und „nach neuen Freunden“ zu suchen. Dabei setzt Ankara auf verstärkte Kooperation mit Moskau. Zur Unzufriedenheit ihrer NATO-Partner kauft die Türkei die modernen russischen Raketenabwehrsysteme S-400. Aserbaidschan stellte sich bereits auf die Seite der Türkei und sicherte Ankara seine volle Unterstützung zu.

Eines der wichtigsten Argumente der Gegner einer Mitgliedschaft Aserbaidschans in der OVKS ist der Umstand, dass diesem Militärblock auch Armenien angehört, mit dem Aserbaidschan einen nicht gelösten territorialen Konflikt um die Enklave Bergkarabach führt. Huseynli sieht darin kein Problem. Denn eine Mitgliedschaft Aserbaidschans in der Organisation würde es dem Land ermöglichen, auch diese internationale Plattform zu nutzen, um gegen Jerewan diplomatisch vorzugehen.

Es ist außerdem nicht auszuschließen, dass Baku auf diese Weise abtastet, ob es die wachsende Unzufriedenheit mit Armenien innerhalb der OVKS zum eigenen Vorteil nutzen könnte. Denn die strafrechtliche Verfolgung des amtierenden OVKS-Generalsekretärs, Jurij Chatschaturow, durch die armenischen Behörden sorgte für viel Unmut in Moskau. Die Verhaftung von Chatschaturow soll die Position Armeniens in der OVKS geschwächt haben. Einem Medienbericht zufolge werde Jerewan den Posten des Generalsekretärs, der Armenien rechtlich bis 2020 zusteht, bereits in diesem Jahr an Belarus übergeben müssen, weil die OVKS-Mitgliedsstaaten nach dem Vorfall mit Chatschaturow keinen neuen armenischen Kandidaten für den Posten akzeptieren werden.

 

 

 

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