Untersuchungsbericht über einen Korruptionsverdacht in der Parlamentarischen Versammlung des Europarats

| Nachricht, Politik, Aserbaidschan

Am 26. April ist ein über 200 Seiten umfassender Bericht einer unabhängigen Untersuchungskommission zum Korruptionsvorwurf gegen Aserbaidschan in der Parlamentarischen Versammlung des Europarats (PACE) in der Plenarsitzung von PACE angenommen worden. Wie die aserbaidschanische Nachrichtenagentur Turan berichtet, wurde der Bericht mit einer Mehrheit von 123 Abgeordneten angenommen – gegen lautstarken Protest aserbaidschanischen Delegation.

Die Untersuchungskommission hinter dem Bericht hatte sich am 29. Mai 2017  durch eine Abstimmung der Plenarversammlung konstituiert und bestand federführend aus Nicolas Bratza (UK), dem ehemaligen Präsidenten des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofes; Jean Bruguière (Frankreich), einem ehemaligen Richter und Experten für Anti-Terrorismus Angelegenheiten; sowie Elisabet Fura (Schweden), ehemalige Richterin am Europäischen Menschenrechtsgerichtshof und ehemalige parlamentarische Ombudsfrau Schwedens.

Der Bericht erhärtet den Verdacht der systematischen Korruption in Form von Kaviar, Prostitution, Teppichen und Geldzahlungen an 17 Abgeordnete und Offizielle. Durch die Zahlungen großer Geldmengen habe sich Aserbaidschan im Europarat ein positives Image erkaufen wollen. Der Bericht benennt unter anderem den 2015 verhafteten italienischen Abgeordneten Luca Volonte, der mehrere Millionen Euro Bestechungsgelder erhalten haben soll. Abgeordnete, die Bestechungsgelder angenommen haben, sollen im Gegenzug bei PACE-Sitzungen zugunsten des offiziellen Aserbaidschans abgestimmt haben, wohingegen sie sonst selten an Sitzungen teilgenommen hätten. Eine besonders häufige Form der Korruption habe in Geschenken von schwarzem Kaviar bestanden, wie laut Turan auch PACE Generalsekretär Wojciech Sawicki bestätigt habe. Selbst in der Versammlung sei es zu Kaviar-Frühstücken gekommen. Häufige andere Fälle haben in der Kostenübernahme von Zimmerreservierungen in 5-Sterne-Hotels bestanden, Business Class Tickets oder Konzertkarten. Die Schweizer Abgeordnete Doris Fiala berichtete von ihrer Rückgabe einer geschenkten Goldkette mit Perlen und Diamanten, die sie zurückgegeben habe (Ausführlicher bei Turan).

Das Mitglied Aserbaidschans im Europarat, Samad Seyidov, wies die Anschuldigungen zurück und warf dem Europarat „doppelte Standards“ vor, wie die regierungsnahe Nachrichtenagentur APA berichtet. Als Beispiel nannte er den ehemaligen armenischen Präsidenten Sersch Sargsjan, der seitens des Europarats in der Vergangenheit als Demokrat dargestellt worden sei, nun aber in Folge der Massenproteste in Armenien wegen Korruption abgesetzt worden sei. Darüber hinaus bemühte Seyidov das Thema des aserbaidschanisch-armenischen Konflikts. Ein Teil der aserbaidschanischen Gebiete werde durch Armenien besetzt gehalten. „Wir haben diese Organisation beigetreten, um Rechtstaatlichkeit zu sehen. Vor Jahren sagte ich, dass dies unser Europarat ist. Jetzt sage ich, dass dies ihr Europarat ist. Ich möchte in so einem Europarat nicht vertreten sein“, so Seyidov.

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