Würde das neue Verleumdungsgesetz in Georgien die Meinungsfreiheit in Gefahr bringen?
Mehrere georgische Medienvertretergruppen warnten davor, dass ein von der Präsidentin vorgeschlagenes Diffamierungsgesetz die Redefreiheit im Land gefährden könnte. Es gebe bereits rechtliche Mechanismen gegen die Verleumdung und neue Beschränkungen die demokratische Entwicklung Georgiens in Gefahr bringen könnten, kritisieren sie.
Der Vorschlag für ein neues Verleumdungsgesetz kam von der neuen georgischen Staatspräsidentin, Salome Surabischwili, nachdem der Leiter der orthodoxen Kirche sich gegen „Mißbrauch der Redefreiheit“ geäußert hat. Der Patriarch sagte, dass „freie Meinungsäußerung eines der wichtigsten Rechte sei, aber die Realität werde oft verzerrt und die Meinungsfreiheit missbraucht. Surabischwili verwies auf die Erfahrung eines anderen EU-Landes, nämlich Frankreichs. Laut ihr würde das Verleumdungsgesetz in Frankreich weder mit der Meinungsfreiheit, noch mit den grundlegenden Menschenrechten kollidieren.
Der Vorsitzende des georgischen Parlaments, Irakli Kobakhidse, unterstützte den Gesetzesvorschlag und sagte: „die Beleidigungen und Unanständigkeiten, die täglich im Fernsehen, in sozialen Netzwerken und anderswo zu sehen sind, passen nicht in die georgische Kultur.“
Am 18. Januar beschuldigte der Bürgermeister von Tiflis, Kakha Kaladse, den oppositionellen Fernsehsender „Rustavi 2“ der absichtlichen Verbreitung falscher Informationen, welche darauf hindeuteten, dass das Bürgermeisteramt für die Gasexplosion in Tiflis verantwortlich ist, wodurch am 16. Januar vier Menschen getötet und acht weitere verletzt worden sind. „Es ist keine Neuheit, dass die Redaktionspolitik von „Rustavi 2“ auf Lügen basiert. Wir haben sie schon viele Male beim Lügen erwischt“, sagte Kaladse.
Die Leiterin der lokalen Rechtegruppe „Media Development Foundation“, Tamar Kintsurashvili, die sich für Meinungsfreiheit einsetzt, sagte gegenüber OC Media, dass in Ländern mit Übergangsdemokratien jede Einschränkung riskant sei, da sie die freie Meinungsäußerung untergraben könnten.
Die Exekutivdirektorin des „Georgian Charter of Journalistic Ethics“, Nata Dzvelischwili, einer Gruppe, die den professionellen Standard im Journalismus überwacht, sagte, dass der Gesetzentwurf von der Regierung zur Bestrafung kritischer Medien missbraucht werden könnte. Sie sagte, dass jede Änderung der Gesetzgebung die derzeitigen Standards verschlechtern würde, die „in einem guten Gleichgewicht zwischen Meinungsfreiheit und dem Recht auf Ehre und Würde stehen.“ In Bezug auf gefälschte Nachrichten und französische Gesetze, die von georgischen Beamten zitiert wurden, sagte Dzvelischwili, dass das Gesetz in Frankreich aufgrund der unterschiedlichen Umstände verabschiedet wurde und nicht ohne Kritik durchgegangen sei. „Das französische Gesetz bietet die Möglichkeit, vor einer Rechtsinstanz Berufung einzulegen, wenn Fehlinformationen absichtlich verbreitet werden und darauf abzielen, Wahlergebnisse zu beeinflussen. Der Grund für die Verabschiedung dieses Gesetzes waren russische propagandistische Kanäle. Unsere Beamten haben die russische Propaganda nicht einmal erwähnt “, sagte Dzvelishvili.
Die amerikanische Rechtsorganisation Freedom House, die Forschungen zur Förderung von Demokratie, politischer Freiheit und Menschenrechte durchführt, hat Georgien in ihrem Bericht „Freedom in the World“ von 2018 als „teilweise frei“ eingestuft.