Polizei in Berlin und Brandenburg geht gegen tschetschenische Gruppierungen vor
In Berlin und Brandenburg ist die Polizei am Mittwoch mit einer größeren Aktion gegen tschetschenische Gruppierungen vorgegangen, berichtet Focus unter Berufung auf einen Polizeisprecher. Durchsuchungen gebe es an insgesamt 19 Orten in Berlin und Brandenburg. Spezialeinsatzkräfte (SEK) seien ebenfalls im Einsatz.
Nach ersten Informationen stehen die Dursuchungen im Zusammenhang mit gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen zwei tschetschenischen Gruppen. Dabei sollen Schusswaffen benutzt worden sein. Weitere Einzelheiten waren noch nicht bekannt. Ob die Durchsuchungen etwas mit einem Vorfall vor gut zwei Monaten bei einem tschetschenischen Kulturzentrum im Märkischen Viertel zu tun haben, war noch nicht klar. Damals waren zwei Männer durch Schüsse schwer verletzt worden.
Die Einwanderung von Menschen aus den nordkaukasischen Teilrepubliken der russischen Föderation, insbesondere Tschetschenien, wird in deutschen Medien im Zusammenhang mit organisierter Kriminalität verstärkt diskutiert. In Deutschland kursieren Spekulationen, der Kreml setze die Flüchtlinge aus Tschetschenien womöglich bewusst ein, um Deutschland zu destabilisieren. Ähnliche Vermutungen hatten deutsche Sicherheitsbehörden bereits früher geäußert. Im Frühjahr 2013 waren - ohne ersichtlichen Grund - die Flüchtlingszahlen aus Tschetschenien dramatisch in die Höhe geschnellt, berichtete SPIEGEL. Innerhalb weniger Monate machten sich damals Zehntausende Tschetschenen auf den Weg nach Deutschland, mehr als zu Kriegszeiten.
Das Vordringen tschetschenischer Banden habe nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden auch damit zu tun, dass die Gruppen konsequent auf Gewalteskalation setzten: „Haben sie aber einmal den Konkurrenzkampf aufgenommen, dann weichen sie nicht mehr zurück, sondern gehen auch mit hoher Gewaltbereitschaft vor“, zitierte die Frankfurter Allgemeine Zeitung den Kriminaldirektor Michael Nagel vom Bundeskriminalamt (BKA). Mit Sorge sähen die Behörden, dass Tschetschenen ihre Gewinne aus kriminellen Geschäften zunehmend in legale Unternehmen investieren. Tschetschenen seien vor allem in Sicherheits- und Wachschutzfirmen vertreten. Der Nachwuchs für kriminelle Gruppen werde in Kampfsportvereinen rekrutiert. Aus ihnen speiste sich auch die Türsteherszene, über die der Drogenhandel kontrolliert und Schutzgeld erpresst würde. Die Sicherheitsbehörden beobachten persönliche Kontakte und enge finanzielle Beziehungen zwischen tschetschenischen Kriminellen in Deutschland und dem Präsidenten der russischen Teilrepublik, Ramsan Kadyrow, in Grosnyj. „Die Gefahr, die von nordkaukasischen und vor allem tschetschenischen Tätergruppen ausgeht, darf nicht unterschätzt werden“, so Nagel. Man müsse frühzeitig einschreiten, „bevor sich kriminelle Vereinigungen dauerhaft in Deutschland etablieren können“.