EU-Vermittlung zwischen Armenien und Aserbaidschan: Aussichten und Herausforderungen

Die Europäische Union, die in der Bergkarabach-Krise zunächst nur eine Nebenrolle spielte, hatte eine kurze, aber intensive Zeit als Vermittler. Es ist unklar, ob und wie diese Rolle weiter verlaufen wird. Vor Ort gibt es nach wie vor eine EU-Mission und gezielte Unterstützungsmaßnahmen für den Post-Konflikt-Kontext. Darüber hinaus signalisieren der europäische Sonderbeauftragte und verschiedene Programme und Projekte die europäische Präsenz. 

Die EU im Prozess

Als der Erste Bergkarabach-Krieg ausbrach, war die Europäische Union noch die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft. Der Grad der europäischen politischen Integration war sehr begrenzt, und wenn man sich mit Kriegen und Instabilität östlich der Gemeinschaft beschäftigte, so lag der Schwerpunkt auf dem Balkan, mit der Auflösung Jugoslawiens und der direkten Bedrohung der Grenzen der damaligen Mitgliedsstaaten. In den dreißig Jahren, die seither vergangen sind, haben sich sowohl Ost- als auch Westeuropa verändert. 

Ungeachtet dieser Veränderungen blieb die Rolle der Europäischen Union im Bergkarabach-Konflikt bis 2022 unbedeutend und folgenlos. Die Minsk-Gruppe war federführend, und für die EU war das Engagement in der Region aufgrund des heiklen Charakters der laufenden Prozesse kompliziert, und die Empfindlichkeiten der Parteien und Vermittler erforderten ein vorsichtiges Vorgehen. Die Region bietet der Union nur wenige Anknüpfungspunkte, und die Beziehungen der EU zu den lokalen Akteuren abgesehen von Armenien und Aserbaidschan sind kompliziert. Russland, der Iran und - in den letzten zwei Jahrzehnten - die Türkei unter Recep Erdoğan haben externen Akteuren nicht viel Raum gelassen und im Gegenteil gemeinsam darauf gedrängt, nicht-regionale Mächte aus den lokalen Prozessen herauszuhalten.

Zwischen 2022 und 2023 ist jedoch eine gewisse Zersplitterung in Bezug auf das Post-Konflikt-Management in Bergkarabach zu beobachten. Das Vermittlungssystem der Minsk-Gruppe brach zusammen, und es war nicht möglich, zu einer diplomatischen trilateralen Lösung zwischen Armenien, Russland und Aserbaidschan zurückzukehren, welche die letzte Phase des Ersten Bergkarabach-Krieges prägte.  Vor allem Armenien wurde zu einem sehr flexiblen Faktor. Armenien ist unsicher, was den Schutz seiner Sicherheit angeht, und ist starken Spannungen mit Russland, seinem traditionellen Verbündeten, ausgesetzt, so dass das Land bereit ist, sich Drittstaaten zu öffnen. Aserbaidschan drängt darauf, dass die Türkei ein wichtiger Faktor in den Kaukasus-Vereinbarungen wird. Allerdings ist sich Baku auch realistisch bewusst, dass Ankara und Eriwan nicht immer an einem Tisch sitzen können. Und in der Tat sitzen sie nur selten zusammen.

Aufgrund der unterschiedlichen Bedürfnisse suchten die beiden Konfliktparteien daher nach einem ehrlichen externen Vermittler: jemandem, der die Treffen erleichtern könnte und der gleichzeitig keine direkten Interessen in der Region hat, die er in seiner Agenda verfolgen könnte. Sie suchten nach dem Schlüssel, um die zahlreichen ungelösten Probleme so anzugehen, dass beide Seiten ihre Positionen optimieren konnten. Die Europäische Union erfüllte als marginaler Akteur in diesem Konflikt, insbesondere im Hinblick auf politische und militärische Aktivitäten, diese Voraussetzungen. 

Für die Union ist die Befriedung eines neuen Krisenherds in ihrer erweiterten Nachbarschaft eine Priorität. Darüber hinaus hat der Konflikt in der Ukraine den Kaukasus zu einer noch wichtigeren Priorität gemacht, um die langfristige Isolierung und das Sanktionsregime gegen Russland zu gewährleisten, ohne dass es zu Engpässen bei den Versorgungswegen aus dem Osten kommt. Daher wird die Lebensfähigkeit des so genannten Mittleren Korridors immer wichtiger, ebenso wie der Frieden im Südkaukasus und die Wiedereröffnung aller Kommunikations-, Handels- und Transportwege.

In den Jahren 2022-2023 konnte die Europäische Union unter direkter Beteiligung des Präsidenten des Europäischen Rates, Charles Michel, eine Vermittlerrolle übernehmen. Für die Kriegsparteien war die Zwischenkriegszeit von 2022-2023 eine Art Sondierungsjahr, in dem sie verschiedene Formate ausprobierten. Dieser Sondierungsprozess erfuhr mit dem eintägigen Krieg im September 2023 einen plötzlichen Rückschlag. Die Kapitulation von Bergkarabach beendete die Diskussion über die Kernfrage der territorialen Integrität Aserbaidschans und das Recht auf Selbstbestimmung und Unabhängigkeit der Armenier in Bergkarabach. Die Armenier flohen und überließen Aserbaidschan den vollen Besitz des gesamten Territoriums, das international als aserbaidschanisch anerkannt wird. 

Aus einer Position der Stärke heraus drängt Baku auf ein bilaterales Verhandlungsformat, bei dem Armenien ohne einen externen Vermittler, der entweder ein Anhänger Eriwans ist oder ein faires, d.h. nicht zu sehr auf dem derzeitigen Kräfteverhältnis basierendes Abkommen, favorisiert, unterlegen ist. Es ist daher nicht überraschend, dass Eriwan vor rein bilateralen politischen Verhandlungen zurückschreckt. Es ist offen für bilaterale technische Kommissionen, wenn dieser Ansatz für die Lösung konkreter Fragen wie Grenzverfahren oder den Austausch von Kriegsgefangenen als zweckmäßig erachtet wird.

Baku hat die Oberhand, um die Vermittler auszuschließen, und einen nach dem anderen in die Enge zu treiben. Von Aserbaidschan als parteiisch empfundene Äußerungen werden zum Anlass oder Vorwand, um Verhandlungsformate zu stoppen. Aserbaidschan beklagt systematisch, dass die internationale Gemeinschaft einen strengen Schutz für Armenier und armenisches Eigentum fordert, während auf Armenien nicht der gleiche Druck ausgeübt wurde, Aseris, aserbaidschanisches Eigentum und historisches aserbaidschanisches Erbe zu schützen und die territoriale Integrität Aserbaidschans während der Besetzung zu respektieren. Diese Einwände sind nicht unbegründet, aber sie sind auch nicht sehr konstruktiv. Wenn sie an die EU gerichtet sind, fehlen darin einige strukturierte Überlegungen. Als der Waffenstillstand zur Beendigung des Ersten Bergkarabach-Krieges vereinbart wurde, existierte die EU als Union erst seit einem Jahr, und sie wäre schlichtweg nicht in der Lage gewesen, eine wirksame Außenpolitik in einem Gebiet zu formulieren, das noch strikt als postsowjetisch und russisch dominiert wahrgenommen wurde. 

Die heutigen außenpolitischen Kapazitäten der EU sind nicht mit denen der frühen 1990er Jahre vergleichbar. Darüber hinaus war die Gegenseite in Bergkarabach dreißig Jahre lang eine nicht anerkannte Behörde, welche die Verwaltung und Souveränität innehatte. Dieser Faktor hat sowohl für die Europäische Union als auch für andere internationale Organisationen die Handlungsfähigkeit stark eingeschränkt. Jede Form der Interaktion mit den De-Facto-Behörden hätte eine politische Anerkennung implizieren können und erforderte äußerste Vorsicht. So ist es nicht verwunderlich, dass von 1994 bis 2023 nur das Rote Kreuz, der Sonderbeauftragte der OSZE, der Halo Trust für Minenräumung und einige andere Organisationen und Einrichtungen, alle mit äußerst begrenzten Mandaten, in Bergkarabach tätig waren. Jetzt ist die Situation eine ganz andere: Im Rahmen der legitimen, international anerkannten Kontrolle Aserbaidschans über Bergkarabach werden Anfragen und Einwände an Offizielle in Baku gerichtet.

Die offizielle Position Bakus ist, dass voreingenommene Erklärungen zugunsten Armeniens oder - wie Aserbaidschan betont - freiwillig vertriebener Armenier ein Beweis für die Unzuverlässigkeit der Vermittler sind, sei es die Europäische Union oder die Vereinigten Staaten. Und deshalb werden ihre Dienste nicht akzeptiert. Unmittelbar nach Ausbruch des Konflikts verurteilte der Hohe Vertreter/Vizepräsident Josep Borrell die Militäroperation und erläuterte die Leitlinien der Union: humanitärer Zugang zur Konfliktzone, Umsetzung der Entscheidungen des Internationalen Gerichtshofs, Wiederaufnahme des Dialogs, absolute und nicht verhandelbare Anerkennung der territorialen Integrität Armeniens und die Verantwortung Aserbaidschans für die Sicherheit der armenischen Gemeinschaft. Die Beziehungen zu Brüssel haben sich auch verschlechtert, nachdem Frankreich versucht hat, Aserbaidschan in der Erklärung des Europäischen Parlaments vom Oktober 2023, und der Rede von Josep Borrell auf dem 25. EU-NGO Forum der Menschenrechte, scharf zu verurteilen. Baku erscheint seitdem nicht mehr zu dem von der EU vermittelten Treffen. Zurzeit ist die europäische deswegen stillgelegt. 

Spezielle Instrumente     

Die Union hat noch einige Möglichkeiten offen. Baku ist nicht gewillt, die Brücken abzubrechen; es besteht die Möglichkeit, den Dialog aufrechtzuerhalten, und Brüssel unternimmt Schritte, um alle Türen offen zu halten. Neben den regulären bilateralen Beziehungen zu den beiden Staaten, in denen die Konfliktlösung mehr oder weniger vorrangig bleibt, stehen der Union im Wesentlichen zwei gezielte Instrumente zur Verfügung: der Sonderbeauftragte und die Mission in Armenien.

Der EU-Sonderbeauftragte für den Südkaukasus (EUSR) und die Krise in Georgien ist seit 2017 Toivo Klaar, ein Diplomat mit regionaler Erfahrung in den kaukasischen Konflikten. Zuvor war er Missionsleiter der Überwachungsmission der Europäischen Union (EUMM), die seit dem Krieg 2008 in Georgien tätig ist. Klaar besuchte den Südkaukasus am 22. September inmitten der noch andauernden Gefechte und begab sich nach Eriwan, wo er sich mit dem Premierminister, dem Verteidigungsminister und dem Vorsitzenden des Sicherheitsrates traf. Bei den Gesprächen ging es um die Grenzsituation und einen detaillierten Bericht über die jüngsten Ereignisse. Unter Zeitdruck reiste Klaar anschließend nach Baku. Bei seinem Treffen in der aserbaidschanischen Hauptstadt im Oktober erhielt er vom aserbaidschanischen Außenministerium eine positive Rückmeldung über einen europäischen Beitrag zur Konfliktlösung.

In den letzten Monaten war Klaar ständig in der Region unterwegs, und Ende November besuchte er Ankara, um die Lage im Kaukasus zu erörtern und wahrscheinlich Druck auf Aserbaidschans strategischen Partner auszuüben. In einem Interview im Vorfeld der Türkei-Reise brachte Klaar seine Unterstützung für die armenische Initiative "Kreuzung des Friedens" zum Ausdruck, die kürzlich von Paschinjan formuliert wurde. Er erklärte, er hoffe auf eine Veränderung des Gesamtzusammenhangs und betonte, wie wichtig es sei, der Bevölkerung in Armenien und Aserbaidschan das Gefühl zu vermitteln, dass sie sich jetzt in einer anderen Welt befinden, in einer Situation, in der der Südkaukasus seine Rolle als Kreuzung des Friedens sowohl in der Nord-Süd- als auch in der Ost-West-Richtung wirklich nutzen könne. Dies sei ebenso wichtig wie die Unterzeichnung eines Friedensvertrags, und er betonte, dass sich die zwischenmenschlichen Gefühle und das Vertrauen wirklich ändern müssten. In der Tat wird der Unterzeichnung des Friedensvertrags große Aufmerksamkeit gewidmet, was durch Spekulationen über den Text genährt wird, der zwischen den Parteien hin- und hergeschoben wird, aber nicht veröffentlicht und den Interessengruppen und Vertretern der Zivilgesellschaft zur Diskussion gestellt wird. Es besteht jedoch die Gefahr, dass der Vertrag ein totes Dokument bleibt, wenn sich die seit dreißig Jahren gewachsene gegenseitige Verbitterung nicht ändert. Dies gilt umso mehr, wenn der Text Kompromisse enthält, die von der Zivilgesellschaft als unannehmbar angesehen werden. Der EU-Sonderbeauftragte und andere Institutionen rufen ständig zur Mäßigung auf und darauf, die lokale Bevölkerung auf den Frieden vorzubereiten, was jedoch nicht geschieht. 

Das andere Instrument der EU ist die EU-Mission in Armenien (EUMA). Das Mandat der EUMA umfasst die Beobachtung der Lage vor Ort und die Berichterstattung darüber. Außerdem soll sie zur humanitären Sicherheit in dem Gebiet, in dem sie tätig ist, beitragen. Die Mission, die am 20. Februar 2023 mit einem zweijährigen Mandat eingesetzt wurde, besteht aus Personal aus verschiedenen EU-Mitgliedstaaten, darunter Experten und Beobachter. Kürzlich erklärte die Mission ihre volle Einsatzfähigkeit, und im Dezember 2023 stimmte der Rat für Auswärtige Angelegenheiten der EU zu, ihre Präsenz vor Ort von 138 auf 209 Mitarbeiter zu erhöhen. Die Mission hat ihr Hauptquartier in Jeghegnadsor und operiert von sechs vorgeschobenen Operationsbasen in Kapan, Goris, Jermuk, Jeghegnadsor, Martuni und Ijevan aus. Zusätzlich ist ein Verbindungs- und Unterstützungsbüro in Eriwan geplant. Im November wurden bereits über 1000 Patrouillen vollzogen. Wie bei Missionen dieser Art üblich, wird das Personal vor Ort zu einer wichtigen und direkten Informationsquelle bei Besuchen des europäischen diplomatischen Korps, sowohl von Unionsorganen als auch von Mitgliedstaaten, die regelmäßig das Hauptquartier oder die Außenstellen besuchen und die Beobachter oft auf Patrouille begleiten. Zusätzlich zu den EU-Mitgliedstaaten hat die Mission auch ihre Mitarbeiter Stellen für Kanada geöffnet. Ottawa hat vor kurzem eine Botschaft in Eriwan eröffnet und ist im Allgemeinen recht aktiv, wie seine Beteiligung an der EUMA beweist. 

Das Mitte November zwischen der armenischen Regierung und der Delegation der Europäischen Union unterzeichnete Abkommen hat den Status der EUMA in dem Gebiet bestätigt, und es ist klar, dass Armenien daran interessiert ist, die Präsenz der Mission zu erweitern und ihre Kapazitäten auszubauen. Die EU scheint auf die armenischen Erwartungen einzugehen, während die Option, den Zuständigkeitsbereich der Mission auf die aserbaidschanische Seite der Grenze auszuweiten, derzeit nicht in Frage kommt. 

EU-Unterstützungsinitiativen für die Nachkriegszeit

Die Europäische Union beteiligt sich aktiv an der humanitären Nachkriegshilfe für die betroffene Bevölkerung. Nach dem Krieg im September 2023 stellte Brüssel sofort 500.000 Euro für die betroffene Bevölkerung bereit, um die ursprünglich vorgesehenen 1,17 Millionen Euro zu ergänzen, die sich seit 2020, als der Konflikt wieder aufflammte, auf insgesamt 21 Millionen Euro erhöhten. Darüber hinaus stellte die Generaldirektion Europäischer Katastrophenschutz und Zivilhilfe (ECHO) weitere 5 Millionen Euro für die Bedürfnisse der Flüchtlinge zur Verfügung.

In Granada traf der armenische Premierminister Nikol Paschinjan mit der Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen und der Präsidentin des Europäischen Parlaments Roberta Metsola zusammen. Ursula von der Leyen bekundete die Solidarität der EU mit Armenien. Sie sicherte sofortige Unterstützung zu. Roberta Metsola betonte, dass Armenien Unterstützung bei der Bewältigung der humanitären Krise benötigt, die durch die Abwanderung von Menschen aus Bergkarabach entstanden ist. Die Kommission kündigte zusätzliche Sofort- und Langzeitmaßnahmen zur Unterstützung Armeniens an, darunter eine Vielzahl von Hilfsprogrammen und -projekten. Die Kommission verpflichtete sich, ihre humanitäre Hilfe mehr als zu verdoppeln und zusätzlich zu den bereits angekündigten 5,2 Millionen US Dollar weitere 5,25 Millionen US Dollar an Soforthilfe bereitzustellen. Weitere 800.000 Euro sollen für das Programm EU4Peace bereitgestellt werden, mit dem Nothilfe, vertrauensbildende Maßnahmen und eine ausgewogene Berichterstattung der Medien unterstützt werden. Im Rahmen der Jahresprogramme sollten 15 Millionen Euro für Haushaltshilfe zur Deckung des sozioökonomischen Bedarfs und für den Kauf von Nahrungsmitteln und Brennstoffen bereitgestellt werden. 

Es wurden Gespräche mit den armenischen Behörden aufgenommen, um die Möglichkeit dringender technischer Hilfe zu prüfen und dabei auf bestehende Programme zurückzugreifen, die sich mit Fragen wie der Flugsicherheit und der nuklearen Sicherheit befassen. Die Kommission arbeitet an weiterer Unterstützung durch den Wirtschafts- und Investitionsplan (EIP), einschließlich Infrastrukturhilfe, mit einem Potenzial von bis zu 2,6 Milliarden Euro an Investitionen. Im Rahmen des EIP wurden bereits 413 Millionen EUR bereitgestellt, um die Region Syunik bei der sozialen Absicherung und nachhaltigen Energielösungen zu unterstützen. Brüssel unterstützt die Beteiligung Armeniens an regionalen Projekten, darunter das Schwarzmeer-Stromkabelprojekt mit Aserbaidschan, Georgien, Ungarn und Rumänien. Da Armenien seine Bereitschaft bekundet hatte, Hilfe in Form von konkreten Gütern zu erhalten, stellte die EU 75 Fahrzeuge zur Verstärkung der Patrouillentätigkeit zur Verfügung. Die Generaldirektion Europäischer Katastrophenschutz und humanitäre Hilfe der Europäischen Kommission (DG ECHO) stellte auch Mittel für Vertriebene zur Verfügung. Mitte November begrüßte Eriwan den Besuch des Leiters der strategischen Planung für Krisenmanagement in der EAD-Direktion für Frieden, Partnerschaften und Krisenmanagement, Gil Rostain. Am selben Tag beschloss der EU-Rat für Auswärtige Angelegenheiten, die Möglichkeit zu prüfen, Armenien über die Europäische Friedensfazilität nicht-tödliche Hilfe anzubieten und die Fähigkeiten der EU-Mission in Armenien zu verbessern.

Diese Maßnahmen sind für die Bewältigung der Post-Konflikt-Situation von Bedeutung, aber sie haben auch darüber hinaus Bedeutung. Sie sind der Beweis für eine Intensivierung der Beziehungen zwischen Eriwan und Brüssel. Eriwan lotet weiterhin alle Möglichkeiten aus, und es ist klar, dass Armenien Ressourcen und Erwartungen an die EU knüpft. Die Aussicht auf eine georgische Kandidatur würde die EU zu einem weit engeren Partner machen, und Eriwan ist mehr als bereit, diese Chance zu nutzen. Am 11. Dezember nahm der armenische Außenminister Ararat Mirsojan in Brüssel an der Ministertagung zur Östlichen Partnerschaft teil und erklärte: "Meine Regierung begrüßt die Entscheidung der Europäischen Kommission, dem Europäischen Rat die Aufnahme von Beitrittsgesprächen mit der Republik Moldau und der Ukraine zu empfehlen und Georgien den Kandidatenstatus zu verleihen, sehr. Diese Entscheidung wird nicht nur von der armenischen Regierung begrüßt, sondern auch von der armenischen Bevölkerung, die ebenfalls europäische Bestrebungen hegt." 

Baku hat ähnliche Bestrebungen, aber nur bis zu einem gewissen Grad. Der aserbaidschanische Präsident Ilham Alijew nahm am 6. Dezember 2023 an einer Konferenz mit dem Titel ‘Bergkarabach: Zurück in die Heimat nach 30 Jahren. Errungenschaften und Herausforderungen’ teil, wo er sehr deutlich erklärte: "Wenn Georgien Mitglied der EU wird, wird sich an unseren Beziehungen sicher nichts ändern, auch nicht an der Zusammenarbeit im Energiebereich, [...] Aserbaidschan hat in seinem außenpolitischen Konzept aus ganz pragmatischen Gründen nicht das Ziel, Mitglied der EU zu werden, weil man uns einfach nicht reinlassen wird. Und der Grund ist auch ganz klar, und wir verstehen ihn." Positiv bewertete er die Beziehungen Aserbaidschans zur EU-Kommission, weit weniger positiv die Beziehungen zum EU-Parlament und dessen Präsidentin Roberta Metsola. Auch Charles Michel wurde von den aserbaidschanischen Medien und der öffentlichen Meinung wegen seiner angeblich pro-armenischen Haltung scharf kritisiert. Für Aserbaidschan ist die EU ein wirtschaftlich wünschenswerter Partner, und das Potenzial zum Ausbau der bilateralen Zusammenarbeit ist enorm. Dennoch verfolgt Baku eine eher selektive Haltung gegenüber der EU und ihren Aktivitäten in den Regionen und äußert deutliche und lauter werdende Vorbehalte gegenüber ihrer Rolle im Bergkarabach-Konflikt. 

Beitrag von Dr. Marilisa Lorusso

Siehe auch

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